Kapitel 80: Naturgewalt

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Als er die Tür öffnete verschlug es ihm den Atem und die Sprache. Das war nicht einfach nur ihr Schlafzimmer mehr, er fühlte sich in eine andere Welt versetzt.

Das Bett stand inmitten einer kleinen Lichtung, ähnlich wie damals im Raum der Wünsche. Dort wo die Wände des Raumes sein sollten reihte sich Baum an Baum, er hatte diese Art von Bäumen noch nie gesehen.
Der Stamm weiß und rein, wie silber-weißes Glas, geschmeidig und makellos, als wären sie in Einhornblut getränkt.
Die Blätter und Baumkronen erstrahlten in rot-orange-gelb, wie im tiefsten schönsten Herbst, sie schienen zu leuchten. Hier und da sah er pechschwarze Blätter, die merkwürdig schimmerten, als wären sie mit Diamantenstaub bedeckt.
Er sah sich um und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Er setzte sich auf das Bett, fühlte die milchigen seidigen Laken unter sich. Er sah nach oben zur Decke des Raumes, welche durch einen dunklen Himmel ersetzt wurde, hell-leuchtende Sterne, heller als gewöhnlich, erhellten den Raum oder die Lichtung, wie auch immer man es sehen wollte.

Severus schüttelte bedächtig den Kopf, wie könnte ich das alles hier je vergessen, fragte er sich. Er legte sich nach hinten und sah hinauf zu den Sternen, im Augenwinkel bemerkte er helle Punkte die sich zu bewegen schienen, kleine Glühwürmchen schwirrten durch die Bäume und spendeten ihr Licht.

Hermine sah noch einmal an sich herunter, sie lächelte, sprühte noch ein bisschen Parfum auf ihren Hals und ging dann langsam ebenfalls in Richtung Schlafzimmer.
Severus hatte die Tür offen gelassen und sie konnte sehen, dass er auf dem Bett lag und in den Himmel starrte.

Sie strich noch einmal leicht über ihr Handgelenk und ging dann durch die Tür, schloss sie und blieb kurz stehen. Er setzte sich auf und erneut blieb ihm der Atem weg.
Hermine stand in einem silber-weißem-milchigem Negligé mit zarter Spitze, welches bis oberhalb ihres Knies reichte, vor der Tür, die sich, jetzt da sie geschlossen war, in das Bild der Bäume einreihte.
Der seidige Stoff umschmeichelte ihren Körper und spielte mit der Farbe und der Beschaffenheit der Haut. Sie war etwas dunkler als der Stoff.
Die Haare waren glatt und seidig, gingen ihr bis zur Mitte des Bauches. Ihr Gesicht wurde links und rechts von den schönen Haaren umrahmt.
Ihre Augen strahlten einen Glanz aus, ganz ohne das Glühen des Ambers.

Sie war eine Naturgewalt, schön wie die Morgenröte, kraftvoll wie die raue See, geheimnisvoll wie die Dunkelheit, die vor den Sternen existierte.
Er stand langsam auf und ging zögerlich zu ihr, sie kam ihm entgegen.
Als sie voreinander standen, versank Severus in die Tiefen ihrer Augen, es war, als würden sie ihn in einen Strudel ziehen und wäre das sein Ende gewesen, wäre er gerne in ihnen ertrunken.
Er strich vorsichtig durch ihre Haare, sie lächelte ihn an. Er fasst sanft an ihre Wange und beugte sich zu ihr herunter, um seine Lippen auf ihre zu legen. Hermine schloss die Augen, sie fühlte sich befreit und sicher. Er roch das Parfüm an ihr und zog sie noch näher zu sich. Der Duft gepaart mit ihrem Aussehen war fast zu viel für ihn. Ihm schwirrte der Kopf.

Hermine hielt ihn fest, als sich ihre Lippen lösten. Unbewusst hielt sie seine linke Hand mit ihrer Linken und als sich die Narben der Sternzeichen berührten, durchflutete eine leichte Druckwelle den Raum.
Hermine und Severus sahen wie gefühlt Millionen kleiner Glühwürmchen aus den Bäumen aufstiegen und sich in einem Kreis um sie versammelten. Immer mehr Würmchen schwirrten zu ihnen, das Licht der Bäume huschte von den Blättern zu der Lichtung und bald standen sie in einer Atmosphäre aus tanzenden Glühwürmchen. Ratlos standen sie einfach nur da und beobachteten.

„Was passiert hier?", fragte Hermine leise.
„Ich weiß es nicht...", sagte Severus ebenso leise. Ihre Hände lagen immer noch aneinander und als er auf die Verbindung sah, erkannte er rot-orange seichte nebelige Fäden, die sich um ihre Hände legten. Hermine und er sahen sich an, sie nickte und langsam lösten sie die Verbindung ihrer Hände.
Die Fäden verschwanden langsam und auch die Glühwürmchen lösten sich nach und nach auf.
Die Bäume wichen langsam wieder den normalen Wänden und die Magie war vorbei.

„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glatt behaupten, das Universum hätte uns seinen Segen gegeben", meinte Severus mit einem ungläubigen Lachen.
„Sowas ist möglich?", fragte Hermine verwirrt.
Severus gab ihr einen „keine-ahnung" Blick und setzte sich wieder auf das Bett.
Das große Fenster im Raum spendete genug Licht. Hermine setzte sich zu ihm und sah ihn an.
„Seit ich zurück in Hogwarts bin, passieren fast jeden Tag irgendwelche merkwürdigen Dinge, von denen ich niemals gedacht hätte, dass es sie in der Form gibt. Liegt es an mir oder an dir?", fragte sie nachdenklich.
„Dieselbe Frage stelle ich mir auch seit Monaten...", gab er ebenso nachdenklich zurück.
Sie sah ihn an und fing an zu lachen. Sie legte sich auf das Bett und breitete ihre Arme aus, sie sah zur Seite zum Fenster. Sie erkannte zwei Sternschnuppen, die nebeneinander flogen, sie verglühten nicht, sondern zogen lange Schweife hinter sich her.
„Severus...", sagte sie perplex und zeigte auf das Fenster, als er zu ihr sah.
Severus stand langsam auf und ging zum Fenster, hob die Augenbrauen und war zum wiederholten Male an diesem Abend sprachlos.

„Ich glaube... Professor Sinistra hat gerade einen sehr interessanten Unterricht.", sagte sie. Er drehte sich langsam zu ihr um, er konnte sich denken, was Hermine vor hatte und überlegte.
„Denkst du, das ist eine gute Idee?", fragte er, als er sich wieder auf das Bett setzte und sich schließlich ebenfalls hinlegte.
„Gibt es einen anderen, der irgendetwas darüber weiß?", fragte sie.
„Ich könnte Albus fragen", sagte er.
Hermine zögerte, Dumbledores Veränderung waren ihr auf irgendeine Weise unheimlich, sie wusste nicht, inwieweit sich seine Kraft noch ausbreitete.
„Hermine?", er bemerkte ihre Zurückhaltung, konnte aber nicht wirklich verstehen warum.
„Ich glaube Dumbledore hat sich... verändert.", sagte sie zögerlich.
„Was meinst du?"
„Spürst du das nicht, wenn du in seiner Nähe bist? Selbst sein Phönix hat sich verändert..."
„Albus war immer schon außergewöhnlich."
„Aber nicht so, Severus. Ich vertraue ihm... aber... bitte lass uns vorsichtig sein.", sagte sie. Sie hatte komischerweise ein sehr unangenehmes Bauchgefühl. Sie konnte ihn nicht einschätzen.
Er nickte langsam, „in Ordnung. Wir gehen morgen zurück."
Hermine legte sich richtig auf ihre Seite, nahm die Decke und kuschelte sich ein.
Severus sah sie noch einmal an, „ich finde deine Haare wirklich schön so."
Hermine lächelte und lachte leicht auf, „Danke."
„Ich konnte dir gar nicht sagen, wie schön du aussiehst...", sagte er entschuldigend.
Hermine kuschelte sich an ihn und legte ihre Hand auf seinen Oberkörper und eine plötzliche Müdigkeit zog sie in seinen Bann.
Mit letzter Kraft nuschelte sie, „danke Severus" und er schmunzelte. Zog sie noch etwas zu sich und schlief mit ihr im Arm ein.

Am nächsten Morgen aßen beide schweigend ihr Frühstück und hingen ihren Gedanken nach, Hermine sah auf ihr Handgelenk und lächelte leicht, strich über die kleine Narbe.
„Bereust du es schon?", fragte Severus besorgt.
Hermine sah auf, „auf keinen Fall. Und du?", sie sah auf sein Handgelenk, Severus strich nun seinerseits darüber, „nein. Das ist die beste und wichtigste Narbe an meinem Körper.", er lächelte.

„Wie willst du es machen?", fragte er, als Hermine wieder ihren Gedanken nachhing.
„Ich werde zu ihr gehen und sie fragen ob sie mir etwas darüber sagen kann.", meinte Hermine.
„Denkst du, dass es so einfach wird?", fragte er skeptisch.
„Sie wird ihrer ehemaligen besten Schülerin bestimmt keine Antwort verwehren", sagte sie lachend.
„Du solltest Lazarus mitnehmen.", sagte er.
„Lazarus? Warum?", fragte sie verwirrt.
„Falls sie nichts sagen wird, kann Lazarus ihre Gedanken hören...", er zuckte mit den Schultern. Hermine sah perplex zu ihm.
„Glaubst du wirklich, dass ich nicht weiß, welche Fähigkeiten Lazarus hat?", er schmunzelte.
Hermine schüttelte den Kopf, „hättest du mir das nicht vielleicht eher sagen können?"
„Wo bliebe denn dann der Spaß für mich?", fragte er süffisant.
„Ich glaube Sie haben genug Spaß Professor", meinte sie selbstsicher. Er sah gequält zu ihr, „Sie gönnen Ihrem Professor aber auch wirklich nichts, Miss Granger..."
„Ich gönne ihm mehr, als den meisten anderen Professoren", sagte sie verführerisch.

Er zog eine Augenbraue hoch, „bleiben Sie beim Thema Miss Granger.... sie spürt Dinge... ähnlich wie Albus. Du solltest bei ihr etwas zurückhaltender sein, emotional gesehen.", sagte er warnend.
„Vertraust du ihr?", fragte Hermine.
„Ja, sie loyal...", Severus nickte langsam.
„Gut. Dann lass uns gehen.", sagte Hermine und stand auf.
Sie zogen sich an, traten aus der Haustür und apparierten nach Hogwarts.

Schlimmstenfalls wird alles GutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt