Kapitel 157: Petrichor

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Die Sonne war nicht ganz verschwunden, da legten sich dunkelblaue fast schwarze Wolken über die aufziehende Dunkelheit und begossen die Erde mit dem angenehm warmen Nass.

Sie schloss die Augen und ließ sich vom rasch erstarkenden Regen umhüllen.
Dicke Tropfen fielen durch die Äste und Zweige des Baums auf Hermine herab.
Es war ein schönes Gefühl, ein Gefühl von Reinheit und Echtheit. Sie konfus wie ihr ganzer Kopf in den letzten Tagen war, so bewusst war ihr nun ihr Körper, denn sie spürte jeden Tropfen auf jedem Zentimeter ihrer Haut.

Der Regen wurde immer heftiger, sie hörte das Rauschen der Tropfen, die vom Himmel auf die Erde fielen.
Sie spürte das Prasseln auf der Erde, sie wusste nicht warum aber sie zog ihre Schuhe und Socken aus und stellte sich auf barfuß auf den Boden. Sie spürte das Vibrieren sehr viel besser, viele kleine Eruptionen, die auf der Erde aufkamen.
Sie atmete durch, spürte in sich, fühlte die Natur um sie herum. Sie war nach kurzer Zeit bereits komplett durchnässt, merkte, wie der Regen ihren Rücken herunter lief, ein Tropfen nach dem anderen, langsam krochen sie über ihre warme Haut, hinterließen eine Gänsehaut.

Sie nahm tiefe Atemzüge, der Regen trug einen ganz eigenen Geruch und erfüllte die Luft.
Hermine hörte plötzlich ein Knacken hinter sich und drehte sich um. Sie sah nicht viel, denn die Regenwolken hatten die letzten Strahlen der Sonne umhüllt.

„Hallo?", fragte sie leise, ihre Stimme wurde vom Prasseln des Regens unterdrückt.
Ein heller Blitz erleuchtete die Dunkelheit und sie konnte eine Figur in den Schatten ausmachen.
„Hallo...", sagte sie noch einmal, ging einen Schritt nach vorne. Sie spürte einen Hauch von Kälte und fing leicht an zu frieren, hielt sich die Arme vor den Körper.
Der Regen ebbte langsam ab, die Luft war noch feucht und wirkte gereinigt.

Dieser unverkennbare Geruch von Regen auf trockener Erde. Hermine lächelte für sich, es beruhigte sie. Es hatte etwas göttliches an sich, Petrichor.
Sie hatte mal gelesen, dass sich dieses Wort aus dem griechischen ableitet, petra was so viel wie Stein heißt und Ichor; die Flüssigkeit, die nach jener Mythologie in den Adern der griechischen Götter fließt und sie damit unsterblich macht.
Es war eine schöne Vorstellung, dass das ‚Blut' der Götter auf die Erde floss und sie damit ebenfalls unsterblich machte.
Ein ewiger Kreis.

Sie hörte wieder ein Knacken und wurde aus ihren Gedanken gerissen. Sie nahm ihre Zauberstab und erhellte die unmittelbare Umgebung vor sich.
Sie sah einen Mann, in Tweet gekleidet, mit einem lila Hemd unter der Weste.
Seine Haare waren durchtränkt vom Regen. Seine Augen lagen ruhig auf ihr, ein Dunkelgelb mit einer feinen lila Linie um die Iris, dunkle Schatten um die Augen, auch das schien ihr merkwürdig vertraut vorzukommen.

„Kann ich Ihnen helfen?", fragte sie vorsichtig und näherte sich dem Mann.
Seine Haut wirkte in dem kühlen Licht aus ihrem Zauberstab ebenso kühl und sehr blass, fast schon grau wenn sie es nicht besser wüsste.
Sie musterte ihn, ein leichtes Lächeln legte sich auf seine blutroten Lippen. Er hatte hohe Wangenknochen, die ihn sehr edel aussehen ließen. Hermine roch neben dem Regen noch einen weiteren Duft. Er war süßlich und verführerisch, er schien von dem Mann zu kommen, der sich immer noch nicht bewegte.

Langsam hob er seine Hand und streckte sie Hermine entgegen. Sie konnte nicht anders und lief zu ihm, als wäre sie von einer unsichtbaren Macht gesteuert. Als sie seine Hand berührte erschrak sie leicht, er war eiskalt, seine Haut so zart wie Marmor.
Er grinste, als sie ihn ansah und Hermine konnte nicht anders, als ebenfalls zu Lächeln.

„Was hast du nur mit ihm angestellt, Adamantia?", fragte er in einer engelsgleichen Stimme die Hermines Knie weich werden ließen. Sie sah ihn verdutzt an und legte den Kopf schief.
„Deine Kraft... wo ist sie?", fragte er leise, Hermine hatte Probleme ihn zu verstehen und verlor sich in seinen Augen.
Diese dunkelgelben Augen, wie ein Meer aus Sand, Treibsand aus dem es kein Entrinnen mehr gab.
Hermine zitterte immer mehr, sie war komplett durchgenässt und seine Kälte kroch langsam aber sicher in ihre Knochen.
„Komm, wir bringen dich ins Schloss.", sagte er und zog sie mit sich. Sie konnte noch weniger klare Gedanken fassen als vorhin und folgte ihm einfach.

Sie liefen durch die Ländereien, den Innenhof in die Eingangshalle. Lazarus wollte den Weg in die Kerker einschlagen, als Hermine wieder zu Besinnung kam.
„Nicht in die Kerker", sagte sie leise und blieb ruckartig stehen.
„Warum nicht?", wollte Lazarus schmunzelnd wissen. „Hast du Angst vor der Fledermaus?"
Hermine sah ihn böse an, „nenn ihn nicht so.", sagte sie und riss sich los von ihm.
„Ah Lazarus, früher als erwartet", sagte Dumbledore, der plötzlich neben ihnen aufgetaucht war.

Lazarus verbeugte sich vor seinem alten Freund und dem Schulleiter von Hogwarts.
„Sie kennen ihn?", fragte Hermine an Dumbledore gewandt.
„Lazarus ist ein sehr alter Freund von mir..", sagte er und lugte über seine Brille zu dem Unbekannten.
„Lazarus...", sagte Hermine leise und sah zu ihm, „der Name kommt mir irgendwie bekannt vor."
Dumbledores Augen blitzten auf, er hatte die Hoffnung, dass sich Hermine wieder an etwas erinnern würde.
„Ich bin sehr bekannt...", sagte Lazarus. Hermine sah ihn an, in der Wärme der Halle waren seine Haare schnell getrocknet, er hatte dunkelbraune Locken, die ihm bis zum Kinn gingen und mit einer grauen Strähne durchzogen waren.

Schlimmstenfalls wird alles GutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt