Jess:
Den gesamten Tag verbrachte ich damit neben Johannes zu sitzen und zu lernen, bis er gegen Abend die Augen auf schlug und mich groß anschaute.
"Wie geht's dir?", fragte ich und legte mein Zeug zur Seite.
"Nicht wirklich gut.", antwortete er.
"Die Wirkung von den Medikamenten lässt jetzt nach. Nimm von denen nochmal was.", erklärte ich und stand auf, um die Wärmflasche wieder auf zu wärmen und ihm zurück zu bringen. Auf dem Weg machte ich ihm noch einen Tee, den ich ihm gab.
"Was möchtest du Essen?", fragte ich nun.
"Nichts.", antwortete er.
"Du musst was essen. Und wenn es nur eine Banane oder so ist!", widersprach ich ihm.
"Wenn's sein muss. Dann halt irgendwie so etwas.", gab er nach, weshalb ich los ging, um ihm eine Banane zu bringen, während ich mir selbst einen Apfel schnappte und mich wieder an meinen Kram zum Lernen machte. Zwischendurch warf ich immer wieder einen Blick auf Johannes, der die Banane brav gegessen hatte und wieder schlief. Die Medikamente wirkten also, denn diese wirkten beruhigend. Wenn mein Plan aufging, würde er die nächsten Tag durch schlafen, bis es ihm besser ging. Das Problem war nur, dass ich ihn trotzdem für einige Stunden allein lassen musste und so wirklich wohl war mir bei diesem Gedanken nicht. Am liebsten würde ich einfach den ganzen Tag neben ihm sitzen und auf ihn aufpassen, doch das ging nicht. Ich musste arbeiten und er war erwachsen und sollte ein paar Stunden allein klar kommen. Und solange er friedlich schlief war ja alles in Ordnung.
Kaum hatte ich diesen Gedanken ausgedacht, hörte ich allerdings ein klägliches Rufen meines Namens.
"Was ist los?", fragte ich besorgt und stand auf, um mich wieder zu ihm an die Bettkante zu setzen. Er antwortete jedoch nicht. Stattdessen konnte ich sehen, wie er sich vor Bauchschmerzen krümmte.
"So schlimm?", fragte ich besorgt. Er nickte nur. Sanft strich ich ihm über das Haar. Er tat mir in diesem Moment einfach so schrecklich leid! Ich wusste, wie schlecht es ihm ging und ich konnte voll und ganz mit fühlen.
"Kann ich dir irgendwie helfen?", fragte ich mitleidig. Ich wollte in diesem Moment einfach irgendwas tun, damit es ihm besser ging. Es tat mir im Herzen weh ihn so zu sehen. Es tat mir weh zu sehen, wie der sonst so starke Johannes hilflos vor mir lag und sich vor Schmerzen krümmte. Ich wollte ihm helfen. Ich wollte es in diesem Moment mehr, als alles andere auf der Welt, aber ich wusste, dass ich das nicht konnte.
Vorsichtig tastete er nach meiner Hand. Ich erleichterte ihm die Suche und nahm seine Hand. Sanft strich ich über seinen Handrücken und fragte erneut: "Kann ich dir irgendwie helfen?"
"Bitte bleib bei mir!", flehte er in einer Tonlage, die mein Herz in tausend Teile zerspringen ließ.
"Versprochen! Ich lass dich in diesem Zustand garantiert nicht alleine!", versprach ich und beschloss die Uni am nächsten Tag sausen zu lassen. Ich konnte ihn so einfach nicht alleine lassen und das, was wir im Unterricht machten, konnte Sue auch für mich mit schreiben.
"Ich muss nur kurz meine Freundin anrufen.", sagte ich und kramte mein Handy hervor, um Sue an zu rufen.
"Jess, ich hab dich ja wirklich gern, aber warum musst du mich nachts um drei anrufen? Normale Leute schlafen um diese Zeit!", schimpfte diese kurz darauf schläfrig.
"Sorry. Ich hab nicht auf die Uhr geguckt. Ich dachte nicht, dass es schon so spät ist.", sagte ich entschuldigend.
"Was willst du?"
"Ich komm morgen nicht. Ich muss Krankenpflege machen."
"Welches von deinen Pferdchen ist jetzt schon wieder krank?"
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Angel behind the Appearance
Teen Fiction!Achtung! In diesem Buch werden Themen wie Gewalt, Drogen, selbstverletzendes Verhalten und verschiedene psychische Krankheiten behandelt. Wenn diese Themen dich triggern, solltest du dir gut überlegen, ob du dieses Buch wirklich lesen möchtest. "En...