Johannes:
Die nächsten beiden Tage hatte Jess dann frei und auch ich half nur schnell morgens bei der Fütterung, bevor ich mit Jess zusammen alles zusammen packte und wir mit Summer zum Lehrgang in einen Stall im Nachbarort fuhren. Dort luden wir den Hengst wieder ab und putzten ihn gründlich, bevor Jess endlich das Outfit enthüllte mit dem sie reiten würde. Und als ich die Bandagen sah, wusste ich, warum sie darum so ein Geheimnis gemacht hatte.
"Das ist ein Hengst! Den kannst du doch nicht in pink rei-ten!", schimpfte ich.
"Natürlich kann ich das. Pink steht ihm voll gut!"
"Das arme Pferd! Der wird doch von allen anderen gemobbt!"
"Wenn ihm pink so gut steht, ist er selber schuld.", meinte sie und kurz darauf war der Hengst komplett in pink ausge-stattet. Und auch wenn ich zugeben musste, dass die Farbe auf dem hellen Fell des Palominos wirklich verdammt gut aus-sah, tat mir dieses Pferd einfach nur leid.
"Das arme Pferd!", schimpfte ich daher weiter.
"Ich weiß gar nicht, was du hast. Das steht ihm voll gut!", meinte sie.
"Er ist ein Hengst! Dem kannst du doch nichts mit pink, Glitzer und Einhörnern anziehen!"
"Du siehst doch, dass ich das kann. Irgendwo muss ich meinen Febel für Einhörner doch ausleben."
"Dann mach das an einer Stute!"
"Ich hab nur Hengste. Außerdem musst du zugeben, dass Summer sehr weibliche Züge hat.", meinte sie. Gut. Da hatte sie Recht. Er verhielt sich manchmal schon wie eine Stute. Aber deshalb musste sie ihn nicht auch noch so an ziehen!
"Du Armer! Du tust mir echt leid! Was zieht die dir nur an?", sagte ich zu dem Hengst.
"Ja. Unter mir muss der schon leiden. Ich bin echt ein kras-ser Tierquäler.", meinte Jess.
"Echt! Guck dich mal an! Reitest mit Kandarre und Sporen und dann hast du auch noch eine Gerte! Du hast ja nichtmal einen Halsring!", schimpfte ich sarkastisch.
"Und wie ich den hab! Den pack ich aber nur aus, wenn nie-mand zu guckt. Es sollen ja alle denken, dass ich nur in Rollkur reite und meine Pferde quäle. Ich reite ja schließ-lich Dressur und Dressurreiter sind alle Tierquäler!"
"Echt mal!"
"So. Jetzt muss ich mich aber mal los.", meinte sie und stieg auf, bevor sie mir ihr Handy in die Hand drückte.
"Was soll ich jetzt damit?", fragte ich leicht verwirrt.
"Könntest du ein paar Fotos machen?", fragte sie. Ich nickte nur und machte ein paar Fotos, bevor wir in die Halle gin-gen. Und jetzt war ich wirklich gespannt auf die Reaktion von dem Trainer.
Dieser schaute sie jedoch nur aus großen Augen an, bevor er sagte: "Ich hab ja schon viel gesehen, aber so ist bisher noch keiner zum Lehrgang gekommen! Sehr cool! Steht ihm echt gut! Auch, wenn es gewagt ist einen Hengst so zu reiten."
"Ich bin halt ein richtig krasser Tierquäler und reite meine Hengst nicht nur mit Kandarre und Sporen, sondern auch noch in pink.", sagte Jess sarkastisch.
"Ich merk schon. Da seh ich nur Rollkur und gespritzt hast du den doch bestimmt auch.", ging der Mann auf sie ein.
"Klar. Den pump ich mit allem voll, was geht, damit ich ihn überhaupt reiten kann. Er ist ja immerhin unreitbar."
"Ja? Also so sieht der jetzt nicht unbedingt aus."
"Der kann auch anders.", meinte sie und so unterhielten sie sich noch kurz, bevor Jess los ritt. Und schon zeigte Sum-mer, was in ihm steckte, doch Jess hatte ihn schon bald wie-der im Griff und so vergingen zwei Stunden Training, die dann doch mehr als nur gut verliefen, sodass sie schließlich mit einem zufriedenen Lächeln wieder ab stieg.
In aller Ruhe versorgten wir Summer nun und ließen ihn am Wegrand noch etwas grasen, bevor wir ihn verluden und nach Hause fuhren. Dort trainierte Jess noch mit Dancer, bevor wir mit Halim aus ritten und es schließlich ins Bett ging.
Am nächsten Morgen fuhr Jess allein zum Lehrgang, während ich in der Zeit arbeitete.
Als sie dann wieder kam, half ich ihr noch bei Dancer, bevor wir wieder gemeinsam ausritten. An diesem Tag allerdings auf Lucifer und Lord, denn Halim hatte frei.
Nach den beiden entspannten Tagen ging es dann allerdings mit dem Alltag weiter. Ich stand also wie gewohnt pünktlich um fünf Uhr auf und drückte Jess, die noch schlief, sanft einen Kuss auf die Stirn, bevor ich mich fertig machte und pünktlich um halb sechs im Stall war. Dort begann die all-tägliche Arbeit, bis ich dann am Nachmittag alle Pferde von Jess in den Stall holte und Summer fertig machte. Da von Jess noch jede Spur fehlte, führte ich ihn in der Halle noch eine Weile im Schritt, doch Jess kam noch immer nicht her-bei. So longierte ich den Hengst also schon einmal locker, doch auch als dies getan war fehlte noch jede Spur von Jess. Wo war sie nur? Hoffentlich war da nichts passiert!
Der Hengst war jetzt allerdings fertig, also ging ich mit ihm wieder zurück zum Stall und hatte ihn gerade angebunden, als mein Handy klingelte. Jess. Gott sei Dank!
"Hey! Wo bleibst du?", fragte ich.
"Hey! Wir haben hier jede Menge Notfälle. Könntest du die Drei vielleicht locker longieren?", fragte sie. Es war also nichts dramatisches. Sie musste nur noch arbeiten.
"Ja klar. Wie spät wird's denn?", fragte ich erleichtert.
"Keine Ahnung. Noch ist kein Ende in Sicht. Das könnte eine lange Nacht werden.", antwortete sie.
"Soll ich den Anderen auch bescheid sagen?", fragte ich.
"Das wäre nett. Was...", begann sie, doch hörte dann apprupt auf, bevor sie sagte: "Entschuldigung, aber ich muss los. Wenn ich es schaffe, rufe ich später nochmal an."
Und schon hatte sie wieder aufgelegt. Das klang wirklich nach Stress. Naja. Dann machte ich die Pferde eben allein.
So longierte ich auch die anderen Beiden noch, bevor wir die Pferde fütterten und ich nach Hause ging, wo Thomas am Kochen war.
"Jess kommt später.", berichtete ich.
"Ich weiß. Hat Sue eben schon gesagt.", antwortete er.
"Achso. Na dann.", meinte ich und sprang schnell unter die Dusche, bevor es Essen gab und wir uns schließlich vor den Fernseher setzten. Sue fuhr allerdings schon bald wieder nach Hause und die Anderen gingen kurz darauf zu Bett, wäh-rend ich allein sitzen blieb und wartete.
Dabei musste ich wohl eingeschlafen sein, denn als ich aufwachte, stand Jess vor mir und fragte: "Willst du viel-leicht mit ins Bett kommen?"
"Wo warst du so lange?", fragte ich mit einem Blick auf die Uhr, denn mittlerweile war es zwölf Uhr nachts.
"Arbeiten. Wir haben jede Menge neue Notfälle rein gekriegt und drei Kollegen sind krank.", antwortete sie.
"Du siehst ganz schön fertig aus.", bemerkte ich, denn unter ihren Augen befanden sich tiefe Ringe.
"Ich hab jetzt auch 16 Stunden ohne Pause durch gearbeitet."
"Du hattest nicht mal eine Pause?"
"Nur die Minute in der ich mit dir telefoniert hab. Und da hat sich einer meiner Patienten eine Überdosis gespritzt."
"Scheint als hattest du einen absolut stressfreien Tag."
"Ja. Deswegen geh ich jetzt auch ins Bett. Kommst du auch?", fragte sie. Ich nickte nur und so gingen wir zu Bett.
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Angel behind the Appearance
Teen Fiction!Achtung! In diesem Buch werden Themen wie Gewalt, Drogen, selbstverletzendes Verhalten und verschiedene psychische Krankheiten behandelt. Wenn diese Themen dich triggern, solltest du dir gut überlegen, ob du dieses Buch wirklich lesen möchtest. "En...