Kapitel 132

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Johannes:

Als gerade alle Pferde draußen waren, kam Jess und fragte: "Wo ist Collin?"

"Mit Thomas drinnen zur Toilette.", berichtete ich.

"Okay."

"Was ist denn passiert?"

"Seine Mutter hat sich erschossen."

"Scheiße!"

"Genau. Ich muss ihm das irgendwie schonend erklären."

"Kann man das schonend?"

"Nicht wirklich. Aber ich muss es ihm sagen und dann müssen wir schauen und zu den ganzen Ämtern."

"Also adoptieren wir ihn jetzt?"

"Ja. Zumindest wenn du das immernoch willst."

"Natürlich!"

"Dann machen wir das. Aber als erstes müssen wir das mit ihm abklären. Wenn er das nicht will, mach ich das auch nicht."

"Und wie willst du ihm das sagen?"

"Ich weiß es nicht. Wirklich nicht. Wie erklärt man denn einem Kind, dass seine Mutter sich umgebracht hat?"

"Ich weiß das erst recht nicht."

Doch bevor wir noch weiter darüber reden konnten, kamen auch schon Collin und Thomas wieder. Jetzt war es soweit. Wir mussten diesem kleinen, sehsjährigen Jungen erklären, dass seine Mutter tot war. Und das, obwohl Jess gesagt hatte, dass es gut aussah. Sie hätte es schaffen können und jetzt hatte sie sich umgebracht. Auch wenn ich sagen musste, dass ich schon irgendwie ein wenig glücklich war. Jetzt hatten wir das Kind, was wir uns immer gewünscht hatten. Wenn auch unter anderen Umständen. Trotzdem herrschte gedrückte Stim-mung und keiner wusste so recht, was er sagen sollte, bis Jess dann begann: "Collin, ich muss dir was sagen."

"Was denn?", fragte der Junge und schaute sie verwirrt an.

"Deine Mama hat sich heute Nacht ganz doll weh getan.", er-klärte sie. Besser hätte ich es nicht ausdrücken können.

"Mit der Pistole?", fragte der Junge und das verwirrte mich etwas. Woher wusste er das.

"Ja. Wie kommst du darauf?", fragte Jess genauso verwundert.

"Sie hat gesagt, dass sie die irgendwann nimmt und stirbt. Das hat der Opa auch gemacht.", berichtete der Junge.

"Ja. Das hat deine Mama jetzt auch gemacht."

"Warum?", fragte der Junge und seine Augen füllten sich mit Tränen. Er tat mir so unglaublich leid! Er war viel zu jung, um sowas erleben zu müssen!

"Das kann ich dir leider nicht sagen.", sagte Jess und nahm ihn auf den Arm. Er vergrub sein Gesicht in ihrer Schulter und schluchzte, dass es mir fast das Herz zerriss. Das war so grausam! Am liebsten hätte ich einfach mit geweint und ich konnte Jess deutlich an sehen, dass es ihr da nicht an-ders ging. Sie hatte genau das selbst schon einmal erlebt und wusste genau, wie es ihm ging. Für sie war das noch viel schlimmer. Das konnte ich ihr deutlich an sehen.

"Geh hin und sei für sie da. Ich sprech mit Carol.", flüs-terte Thomas, bevor er verschwand. So ging ich nun die letz-ten Meter zu den Beiden, um sie sanft in meine Arme zu ziehen.

In dieser Position verharrten wir einige Minuten, bis Collin schniefte: "Muss ich jetzt ins Heim?"

"Nein. Wenn das okay für dich ist, kannst du bei uns blei-ben.", antwortete ich. Jetzt musste er nur noch ja sagen. Dann hätten wir tatsächlich ein Kind.

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