Jess:
Gut. Das war es dann wohl mit meinem Geheimnis. Jetzt musste ich ihr wohl oder übel alles erzählen.
"Wie jetzt? Warst du etwa... Was?", fragte Sue entsetzt.
"Kann ich dir das irgendwann mal in Ruhe erklären? Ich will das jetzt nicht hier. Das muss nicht unbedingt jeder wissen.", versuchte ich sie zu vertrösten.
"Nicht irgendwann. Jetzt! Wir können gerne wo hin gehen, wo wir ungestört sind, aber wir müssen jetzt sofort mal reden!", ließ Sue allerdings nicht locker.
"Ich passe hier auf. Geht ihr mal.", sagte die Frau mit sichtlich schlechtem Gewissen und so gingen wir raus und setzten uns auf die Wiese gegenüber von der Klinik. Dort schwiegen wir uns erst einmal eine Weile an, bis Sue fragte: "Warst du hier in Behandlung?"
Ich nickte. Es ab zu streiten hatte sowieso keinen Sinn.
"Von was warst du süchtig?", fragte sie weiter und als Antwort schob ich meine Ärmel hoch.
"Ach du scheiße! Warum weiß ich davon nichts?", fragte Sue entsetzt.
"Ich wollte nicht, dass es irgendwer weiß.", antwortete ich.
"Warum?"
"Das ist eine schwierige Geschichte."
"Leg los."
So erzählte ich ihr also in Kurzfassung meine Geschichte und sie starrte mich nur völlig fassungslos an.
"Ach du Scheiße!", kam es schließlich von ihr, als ich meine Erzählung beendete.
"Ich denke du kannst jetzt vielleicht auch verstehen, warum ich Kyle gerne helfen möchte."
"Ja. Klar."
"Okay."
"Wie schaffst du es denen das Zeug ab zu nehmen, ohne selber in Versuchung zu kommen?"
"Diese Scheiße hat mir alles genommen, was ich hatte und ich will nicht, dass das nochmal passiert. Ich bin glücklich mit meinem Leben, wie es jetzt ist. Ich fang nicht nochmal damit an alles kaputt zu machen. Ich bin jetzt erwachsen und ich weiß, was ich tue. Außerdem ist ein Heroin Entzug verdammt unangenehm. Das tu ich mir nicht nochmal an."
"Ich kann's mir vorstellen."
"Nein. Du kannst dir nicht vorstellen, was das für Schmerzen sind und was das Zeug mit deiner Psyche macht. Das weiß man nur, wenn man so einen Entzug selber einmal gemacht hat und ich hoffe, dass du das niemals musst."
"Wie fühlt sich das an?"
"Das kann man nicht beschreiben. Du liegst da und hast den Wunsch einfach nur noch zu sterben, damit diese Schmerzen endlich aufhören. Und das zwei Wochen lang. Und die Ärzte sagen dir alle, dass sie dich verstehen, aber das tun sie nicht. Das können sie gar nicht, wenn sie das nicht selber durch haben. Da können sie noch so ein gutes Einfühlungsvermögen haben. Das kann man nicht verstehen."
"Wie lange warst du abhängig?"
"Etwa 10 Jahre."
"Oh Gott! Wer weiß alles davon?"
"In meinem Umkries nur du, Johannes und Kyle."
"Stephanie auch nicht?"
"Nein. Im Stall weiß es niemand außer Johannes."
"Warum sagst du es niemanden?"
"Ich rede nicht gerne über meine Vergangenheit. Die Zeit ist vorbei und damit war es das. Ich binde nicht jedem auf die Nase, dass ich zehn Jahre lang Heroin genommen und so einige kriminelle Dinge getan hab und ich fänd es ganz nett, wenn du das auch nicht tun würdest."
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Angel behind the Appearance
Teen Fiction!Achtung! In diesem Buch werden Themen wie Gewalt, Drogen, selbstverletzendes Verhalten und verschiedene psychische Krankheiten behandelt. Wenn diese Themen dich triggern, solltest du dir gut überlegen, ob du dieses Buch wirklich lesen möchtest. "En...