Kapitel 179

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Jess:

Lange unterhielten wir uns an diesem Abend noch, bevor wir schließlich nach Hause gingen. Auch hier unterhielt ich mich noch ein wenig mit Johannes, doch nach diesem anstrengenden Wochenende war ich einfach nur völlig fertig, weshalb ich mich schließlich dazu entschied zu Bett zu gehen. Vorher schaute ich allerdings nochmal nach den Pferden, die fried-lich in der Abendsonne vor der Villa grasten. Und als ich meine drei Schätze da gemeinsam stehen sah, fasste ich einen schweren Entschluss. Schon die gesamten letzten Tage dachte ich darüber nach und nun stand meine Entscheidung fest.

Tief atmete ich durch, bevor ich die kleine Treppe runter ging. Nun bemerkten mich auch die Pferde und Halim kam direkt zu mir.

"Na mein Großer?", flüsterte ich und strich ihm über den Kopf. Daraufhin kamen nun auch die anderen Beiden und ich steckte jedem ein Leckerlie zu, bevor ich mit Windy begann.

"Mach weiter so und verlier niemals deinen Ehrgeiz und deine tollpatschige Art. Du kannst mal ganz groß rauskommen. Da bin ich mir sehr sicher. Höhr schön auf Johannes und mach es ihm nicht all zu schwer. Du bist ein tolles Pferd, also zeig dich auch als solches.", flüsterte ich und strich ihm dabei immer wieder über den Kopf, bevor ich mich Summer zu wand.

"Du hast das toll gemacht mein Kleiner. Ich wusste, dass du mal ein Champion wirst und ich weiß, dass du es noch viel weiter bringen kannst. Gib niemals auf und kämpfe auch wei-terhin für Johannes. Ihr seid ein großartiges Team und ich glaube ganz fest daran, dass du ihn noch zu einer Medallie bei Olympia tragen wirst. Ihr Beiden könnt das. Ihr könnt der ganzen Welt beweisen, dass ihr keine Nichtsnutze seid. Ihr seid Champions und das soll jeder erfahren.", flüsterte ich ihm zu und auch ihn streichelte ich sanft dabei. Und zum Schluss war Halim an der Reihe.

"Mein Kleiner. Du bist so groß geworden und ich bin so un-glaublich stolz darauf, was du alles erreicht hast. Du hast allen gezeigt wie großartig du bist und jetzt hast du dir deine Rente mehr als nur verdient. Aber dafür braucht Johan-nes dich jetzt. Für ihn wird das eine unglaublich schwere Zeit. Genauso wie für dich auch. Bitte lass ihn an dich ran. Ihr braucht euch gegenseitig. Pass gut auf ihn auf und sorge dafür, dass er wieder in den Sattel steigt. Und vergiss nie-mals das ich dich liebe. Du bist mein bester Freund und ir-gendwann werden wir uns wieder sehen. Das verspreche ich dir.", flüsterte ich und strich ihm dabei sanft über die hübsche Blesse die sich über seinen Kopf zog. Und das war der Moment in dem mir die Tränen kamen. Als die Drei nun völlig ruhig vor mir standen und aufmerksam jede Bewegung von mir beobachteten, konnte ich das einfach nicht unter-drücken. Und sofort war Halim an meiner Seite und legte sanft seinen Kopf über meine Schulter. Ich schlang meine Ar-me um seinen Hals und vergrub das letzte Mal mein Gesicht in der Mähne meines geliebten Hengstes.

"Pass gut auf dich auf! Johannes braucht dich!", schluchzte ich und ließ ihn wieder los.

"Tschüss ihr Drei! Ich werde euch niemals vergessen und ir-gendwann sehen wir uns alle wieder. So lange müsst ihr auf Johannes aufpassen. Er braucht euch jetzt. Seid für ihn da und passt auf, dass er keine Scheiße baut!", schniefte ich und umarmte jedes der Pferde noch einmal, bevor ich jedem noch ein Leckerlie zu steckte und schweren Herzens zurück zur Haustür ging. Ein aller letztes Mal drehte ich mich noch herum und schaute noch ein letztes Mal in die Augen meiner drei Pferde, bevor ich die Tür öffnete und rein ging.

Dort saß Johannes unverändert auf der Couch vor dem Fernseher, allerdings mit dem Unterschied, dass Pirat mittlerweile dicht neben ihm lag und sich von ihm kraulen ließ.

"Alles okay?", fragte er, als er mich sah. Natürlich sah er mir an, dass ich geweint hatte, doch das hatte ich in den letzten Wochen oft. Es war nicht so einfach. Auch für mich.

"Ja. Alles gut.", log ich daher und beugte mich zu ihm run-ter, um ihm einen sehr langen, innigen Kuss zu geben.

"Ich liebe dich!", sagte ich und musste mich schwer zusam-menreißen, um nicht wieder in Tränen aus zu brechen.

Johannes war zwar etwas überrascht, doch er schien nicht zu verstehen, was los war. Und das war auch besser so. Spätes-tens am nächsten Tag würde er diese Geste verstehen. Die Geste, die den Abschied symbolisierte.

"Ich liebe dich auch. Vom ganzen Herzen.", antwortete er und das tat so unglaublich weh. Genau dieses Herz würde ich ihm jetzt brechen. Auch wenn ich es eigentlich gar nicht wollte.

"Gute Nacht!", sagte ich nun und richtete mich wieder auf.

"Ja. Schlaf schön! Ich komme später auch dazu.", sagte er und verstand dabei gar nicht was für eine Bedeutung diese beiden letzten Sätze noch haben würden. Schnell wand ich mich von ihm ab, um nicht doch noch in Tränen aus zu brechen und ging zu dem Flur auf dem sich unser Zimmer befand. Al-lerdings ging ich nicht dort hinein, sondern eine Tür weiter in das Büro. Dort schnappte ich mir einen Block, einen Stift und einen Stapel Briefumschläge und begann zu schreiben.

Insgesamt waren es 16 Briefe die ich schrieb und dabei wein-te ich so ziemlich die gesamte Zeit durch. Es tat einfach so unglaublich weh zu wissen, dass das jetzt der Abschied für immer sein würde und dass ich all die Menschen, die ich so sehr liebte, nie wieder sehen würde. Und all diese Menschen würden in den nächsten Wochen so sehr leiden. Scheiße, ich wollte das nicht, aber ich musste. Das hier musste ein Ende finden und ich wusste, dass jetzt der richtige Zeitpunkt da-für war. Man sollte aufhören, wenn es am schönsten ist und das war es jetzt. Jetzt war ich sicher, dass Johannes bereit war in meine Fußstapfen zu treten und dass auch die Anderen so stabil waren, dass sie ohne mich klarkommen konnten.

Ein letztes Mal atmete ich noch tief durch und räumte alles wieder ordentlich weg, bevor ich das Testament und den Plan für meine Beerdigung, was ich beides bereits vor mehreren Wochen geschrieben hatte, ordentlich auf dem Schreibtisch positionierte, sodass die Anderen es auch finden würden. Und dann kam der wohl härteste Moment in meinem Leben.

Schweren Herzens verließ ich das Büro mit den Briefen in der Hand und ging in das Bad, wo ich die Spritze und das Mittel hervor kramte, was sich ebenfalls schon seit mehreren Wochen hier befand. Mit der Spritze zog ich genau so viel auf, dass es mich sicher töten würde, jedoch ohne Nebenwirkungen zu zeigen. Den Rest des Mittels kippte ich weg und ging mit der leeren Flasche und der Spritze in unser Schlafzimmer. Dort stellte ich die Flasche neben mich auf das Nachtschränkchen, damit sofort ersichtlich war, woran ich gestorben war und die Polizei nicht noch lange ermitteln musste. Dazu legte ich auch die Briefe und atmete noch ein aller letztes Mal tief durch, bevor ich mich in das Bett legte und mir die tödliche Dosis spritzte.

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