Johannes:
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war Jess erneut nicht an meiner Seite, doch ich fand wieder einen Zettel mit einer Nachricht, dass sie zum Stall gefahren war. Der große Unterschied zu dem gestrigen Tag war allerdings, dass es mir tatsächlich etwas besser ging. Im Vergleich dazu waren die Schmerzen an diesem Tag schon fast erträglich. Nein. Das waren sie nicht. Erträglich waren sie nur, wenn Jess neben mir lag und mit ihren sanften Berührungen ein leichtes Kribbeln in mir verursachte. Sie schaffte es mit diesen Berührungen Gefühle aus zu lösen, die keine Droge der Welt hätte auslösen können. Ja, ich konnte es endgültig nicht mehr abstreiten. Ich hatte mich Hals über Kopf in diese unglaubliche Frau verliebt und ich musste irgendwas tun, bevor der Alltag wieder ein kehrte. Doch was sollte ich tun? Ihr einfach sagen, was ich für sie empfand? Nein. Das war zu einfach. Bei solch einer besonderen Frau wie Jess musste ich schon ein bisschen mehr auffahren. Aber was sollte ich tun? Ich kannte sie doch kaum. Woher sollte ich wissen, wie ich sie beeindrucken konnte? Und noch viel wichtiger: Was, wenn sie nicht so empfand? Was wenn sie mich danach nie wieder sehen wollte? Ich musste mit irgendwem darüber reden. Doch mit wem? Außer Kyle hatte ich niemanden mehr und bei ihm würde die Verlockung zu groß sein mir doch wieder einen Schuss zu setzen. Und das wollte ich auf jeden Fall vermeiden. Ich musste mit jemandem reden, der mich verstehen konnte und der Jess gut kannte.
Sue! Wenn jemand Jess gut kannte, dann sie. Und sie würde an diesem Abend wieder vorbei kommen, um bei uns zu essen. Vielleicht fand sich da ja eine Gelegenheit kurz mir ihr reden zu können. Und vielleicht konnte sie mir sogar helfen. Jess war immerhin ihre beste Freundin. Jetzt brauchte ich allerdings erst einmal irgendwas gegen diese Schmerzen. So nahm ich brav die ganzen Medikamente, doch als ich gerade aufstand, um mir einen Tee zu machen, öffnete sich auch schon die Tür und Jess kam rein.
"Hey! Wie geht's dir?", fragte sie und kam zu mir.
"So langsam ein bisschen besser.", antwortete ich.
"Großartig! Dann haben wir es hoffentlich bald geschafft."
"Wieso? Willst du mich los werden?", scherzte ich. Auch wenn das gerade tatsächlich etwas weh tat.
"Nein, aber ich würde mich freuen dich mal glücklich anstatt mit Schmerzen zu sehen. Und es freut mich, dass du wieder deutlich besser aussiehst, als gestern Abend."
"Da war ich auch wirklich ganz schön am Ende."
"Das hab ich gemerkt. Um so besser, dass es dir jetzt so gut geht. Und ich geh jetzt erstmal duschen. Melody hat mich heute ganz schön fertig gemacht."
"Wieso? Was hat sie angestellt?"
"Die hat sich erstmal komplett quer gestellt und nur gebockt. Das ist der Grund warum ich nicht gerne Stuten reite. Die sind unglaublich launisch!"
"Und Hengste nicht?"
"Nein. Die sind wenn dann kontinuierlich scheiße. Bei Stuten wechselt das jeden Tag wenn nicht sogar jede Minute. Und vor allen Dingen gehst du bei einem Hengst einmal richtig ran und dann ist gut. Stuten werden dann erst richtig ekelig und zicken nur rum. Ich hasse das!"
"Warum reitest du dann zwei Stuten?"
"Weil es mein Job ist. Ich bin für die Pflegefälle zuständig und reite die Pferde mit denen sonst niemand klar kommt. Und das waren nun mal zwei Stuten hintereinander. Außerdem mag ich die Beiden ja eigentlich. Aus denen kann mal richtig was werden. Gerade Magic hat unheimlich viel Potential. Wenn das richtig gefördert wird, wird die kleine Prinzessin noch zu einem richtigen Champion. Und nach Melody kommt ein Hengst."
"Wieso?"
"In dem Jahrgang ist ein hübscher Hengst drin, der genau mein Ding ist."
"Darfst du dir das eigentlich selber aussuchen?"
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Angel behind the Appearance
Teen Fiction!Achtung! In diesem Buch werden Themen wie Gewalt, Drogen, selbstverletzendes Verhalten und verschiedene psychische Krankheiten behandelt. Wenn diese Themen dich triggern, solltest du dir gut überlegen, ob du dieses Buch wirklich lesen möchtest. "En...