Kapitel 61

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Johannes:

Am nächsten morgen kehrte dann Alltag ein. Sue zog wieder aus und ich ging schon früh mit Jess raus, um die Pferde zu füttern. Auf dem Weg mistete ich auch gleich die Box von Ha-lim, während sie den Hengst schon putzte und sattelte. Dabei half ich ihr dann noch, bevor wir dann zum Stall gingen.

Dort machten wir ganz entspannt alle drei Pferde fertig und Jess trainierte schließlich auch noch mit Lucifer, bevor es dann spannend wurde. Ich bekam meine erste Reitstunde von Jess und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht nervös war.

Ich konnte zwar reiten, aber auf Isländern und nicht auf teuren Dressurpferden und vor allen Dingen war das 15 Jahre her. Dass Jess dann auch noch Lord als Schulpferd aussuchte, machte das nicht besser. Er war zwar tot brav, aber mit sei-nen 1,85 wirklich riesig.

Gemeinsam machten wir ihn allerdings erst einmal fertig, doch als Jess dann mit einem Pad und einem Longiergurt aus der Sattelkammer kam, machte mir das noch mehr Angst.

"Was wird das?", fragte ich unsicher.

"Du musst als erstes ein Gefühl für seine Bewegungen bekom-men und das geht so am Besten. Am liebsten würd ich dich da ohne alles drauf setzen, aber dann liegst du ruck zuck wie-der unten.", erklärte sie. So viel Vertrauen legte sie also in meine Künste.

"Das ist jetzt nicht gerade ermutigend.", merkte ich an.

"Der hat nun mal einen ganz anderen Bewegungsablauf, als ein Isländer. So hast du wenigstens noch was zum festhalten."

"Aha.", meinte ich nur. Das half meiner Nervosität nicht ge-rade. Doch Jess ignorierte das und trenste den Wallach auf, um dann die Zügel zu entfernen und ihn stattdessen locker aus zu binden und die Longe an der Trense zu befestigen. Ich bekam noch einen Helm, bevor wir in die kleinere der beiden Halle gingen, wo zum Glück gerade niemand anderes war. So konnte mich wenigstens keiner auslachen.

Und ehe ich mich versah, saß ich auch schon auf dem Rücken des riesigen Pferdes.

"Und? Ein anderes Gefühl als auf einem Isländer, oder?", fragte Jess mit einem Lächeln.

"Oh ja! Der ist gefühlt drei Meter größer und auch vom Rü-cken her viel breiter.", bemerkte ich. Das konnte man defi-nitiv nicht mit meinen Ponys vergleichen.

"Ja. Der hat ganz andere Muskeln, als ein Pony, das nur Freizeit geritten wird. Und größer ist er sowieso, aber der ist ganz brav.", meinte sie ruhig.

"Ich will es hoffen.", sagte ich. Ich war mir da noch nicht so sicher.

"Ist er. Können wir anfangen?", fragte Jess dafür um so sicherer. Ich nickte nur.

"Gut. Dann fangen wir jetzt erstmal ganz entspannt im Schritt an. Du bleibst einfach oben sitzen und versuchst dich in seine Bewegungen rein zu fummeln.", wies sie an und kurz darauf ging der Wallach unter mir auch schon seine er-sten Schritte.

Okay. Das war definitiv kein Isländer! Er schritt viel raum-greifender vorwärts, aber der Bewegungsablauf war an sich gleich und so hatte ich mich doch relativ schnell in die Be-wegungen hinein gefunden, weshalb wir schließlich auch einen Trab versuchten. Durch den vielen Schwung, den der Wallach hatte, war das nicht ganz so einfach, doch auch das schaffte ich so einigermaßen, weshalb wir zum Schluss auch einen Ga-lopp wagten. Und das war einfach nur ein Traum! So hätte ich stundenlang meine Runden drehen können, doch Jess parierte ihn schon bald wieder durch und sagte: "Das reicht erstmal für heute."

"Dann will ich dich jetzt aber auch mal auf ihm sehen.", forderte ich.

"Wenn du die Zügel holst.", meinte sie und so stieg ich ab und holte die Zügel, die Jess wieder an die Trense montier-te. Longe und Ausbinder hatte sie ihm bereits abgenommen und so schwang sie sich nun auf den Rücken des Wallachs. Wie sie das schaffte, war mir ein Rätsel, aber sie saß oben. Und kurz darauf ritt sie auch schon die großartigsten Lektionen, bevor sie wieder vor mir an hielt.

Angel behind the AppearanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt