Kapitel 93

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Johannes:

Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit in der wir in diesem Feld hinter dem Bahnhof standen und warteten, bis Thomas zu uns kam. Bei allen war die Erleichterung groß, doch ich kon-nte mich nicht freuen.

"Wo ist Jess?", war meine erste Frage.

"Alleine nochmal zum Quartier.", berichtete Thomas und schon war die Spannung wieder groß. Was, wenn ihr jetzt noch etwas passierte? Das würde ich mir nie verzeihen! Und Thomas sich erst recht nicht.

Doch uns blieb nichts anderes übrig als zu warten, bis Spi-der endlich einen Anruf bekam und erleichtert aufatmete.

"Ihr geht's gut. Wir sollen ins Quartier kommen und das Pferd mit bringen.", berichtete er und so gingen wir wieder zurück zu dem Quartier. Auf dem Weg fanden wir auch noch das zweite Pferd und wenig später stand ich Jess endlich wieder gegenüber.

"Thomas und Johannes zu mir. Alle Anderen gehen los und be-sorgen mir den Verbandskasten, eine Schale sauberes Wasser und ein sauberes Messer!", wies sie an und schon verschwan-den die Drei, während ich ihr nur noch um den Hals fiel. Doch sie löste sich direkt wieder von mir und sagte:

"Einen Moment. Ich muss Thomas jetzt erst mal die Kugel aus der Schulter holen."

"Was?", fragte ich geschockt.

"Thomas wurde angeschossen und ich hol ihm jetzt die Kugel aus der Schulter.", erklärte sie und wand sich Thomas zu.

"Packst du das ohne Betäubung oder soll ich dir irgendwas spritzen?", fragte sie.

"Ich denke das geht so.", antwortete er.

"Dann leg du dich mal da auf den Tisch. Ihr macht mir für alle Fälle eine Dosis Heroin zum Spritzen fertig.", sagte sie zu den Anderen, die ihr mittlerweile alles gebracht hat-ten, was sie wollte. Gründlich säuberte sie das Messer und desinfizierte es mit Alkohol, während sie beschloss: "Johan-nes, du assistierst mir hier ein bisschen. Ich sag dir, was ich brauche und du gibst es mir. Wenn dir schlecht wird, dann sag Bescheid."

Ich nickte nur und schon lag ihre Konzentration voll und ganz bei Thomas. Vorsichtig wickelte sie das Stück Stoff ab, was Thomas um seine Schulter trug und es kam eine tiefe Wun-de zum Vorschein. So sah also eine Schusswunde aus und ich musste zugeben, dass mich das doch etwas schockierte. Jess schien das jedoch nicht zu interessieren, denn sie säuberte die Wunde vorsichtig, bevor sie mit dem Messer darin rum zu schneiden begann. Thomas lag währenddessen ganz ruhig da und versuchte angestrengt irgendwie mit den Schmerzen klar zu kommen, die das verursachte. Das merkte auch Jess und fragte schließlich: "Doch Betäubung? Ich muss da noch ein bisschen schneiden."

Er nickte nur, weshalb sie ihm schließlich etwas von dem He-roin spritzte, das die Anderen mittlerweile gebracht hatten. Thomas war nun an zu sehen, wie er sich langsam entspannte und so schnitt sie weiter, bis sie schließlich ein blutiges Projektil in ihren ebenfalls blutigen Händen hielt. Und das war der Moment in dem mich die Übelkeit überkam. Dieses Ding war in der Schulter von Thomas. Und das auch wirklich tief, denn in dieser Wunde konnte man schon den Knochen sehen. Er musste schreckliche Schmerzen haben.

Bevor ich noch weiter darüber nachdenken konnte, riss Jess mich allerdings aus meinen Gedanken.

"Nadel und Faden.", wies sie an.

Ich reichte ihr beides und kurz darauf war alles ordentlich zu genähnt. Auch wenn ich stark davon ausging, dass man so-was nicht mit einem Bindfaden und einer Nähnadel nähte. Aber Jess war die Ärztin. Sie würde schon wissen, was sie da tat.

Sie tunkte nun ihre Hände in das Wasser, welches sich sofort komplett rot färbte, doch auch das schien Jess nicht wirk-lich zu interessieren. Kurz trocknete sie die Hände an einem Tuch ab, bevor sie die Wunde ordentlich verband.

Angel behind the AppearanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt