Kapitel 35

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Johannes:

Wo blieb denn nur Jess? Sie hatte doch versprochen sofort zu kommen. Verdammt, diese Schmerzen waren schon wieder unerträglich! Und wir hatten gerade mal den zweiten Tag. Wie sollte ich das zwei Wochen lang überleben? Das war beim letzten Entzug schon schwer, aber da ging es mir definitiv um Länge besser. Ich hätte dieses Zeug nicht nehmen sollen! Ich hätte gar nicht mit Kyle mit gehen sollen. Ich wusste doch, dass das nicht gut enden würde. Warum hatte ich das verdammt nochmal getan? Warum war ich so dumm und machte den gleichen Fehler noch einmal? Scheiße, ich bereute das so sehr! Hätte ich das nicht getan, hätte ich jetzt eine ganze Woche entspannt mit Jess verbringen können und jetzt? Jetzt saß ich hier mit den schlimmsten Schmerzen, die ich jemals hatte und wusste nicht, wie ich das überleben sollte. Und wo blieb nur Jess? Verdammt, ich brauchte sie jetzt! Ich brauchte sie mehr als alles andere auf der Welt. Und ausgerechnet jetzt war sie nicht da! Aber ich konnte ihr nicht die Schuld geben. Das alles war allein meine Schuld. Ich hatte das Zeug genommen.

In dem Moment hörte ich, wie sich die Haustür öffnete und wenige Sekunden später stand Jess auch schon vor mir.

"Scheiße! Ich hätte heute Mittag reiten sollen!", fluchte sie und ich konnte ihr die Reue ansehen.

"Alles gut. Du warst ja schnell da.", sagte ich und setzte mich auf. Und schon drehte sich alles um mich herum. Scheiße! Diese Nebenwirkung hätte ich fast vergessen. Die Schmerzen und das Zittern allein, reichte ja nicht. Nein. Dazu musste auch mein Kreislauf abkacken, sodass ich schon im Sitzen beachtlich schwankte.

"Mach langsam! Dein Kreislauf ist auch nicht gerade stabil.", warnte Jess und packte mich am Arm. Hätte sie das nicht getan, wäre ich wahrscheinlich einfach umgekippt.

Als sich mein Kreislauf dann einigermaßen regeneriert hatte, ließ sie mich vorsichtig wieder los und legte stattdessen stützend einen Arm um mich.

"Und jetzt ganz langsam hoch. Ich stütze dich so gut ich kann.", wies sie an und half mir mich langsam hin zu stellen. Um mich herum begann sich wieder alles zu drehen und ich schwankte, doch Jess hatte ihren Arm fest um mich gelegt und stützte mich, sodass ich langsam mein Gleichgewicht wieder fand.

"Sehr gut. Und jetzt gehen wir ganz langsam zu unserem Schlafzimmer. Ganz in Ruhe und wenn es nicht mehr geht dann sag bescheid.", wies sie und so wankte ich langsam mit ihr als Stütze zu unserem Schlafzimmer, wo sie mir half mich in das Bett zu legen, bevor sie sich neben mich setzte. Wirklich besser machte es das jetzt allerdings auch nicht. Ich brauchte sie jetzt einfach bei mir.

"Kannst du zu mir kommen?", fragte ich daher.

"Ich bin noch in Reitsachen. Dann haben wir lauter Pferdehaare im Bett.", erwiderte sie. Als ob mich das störte. Durch Pirat hatten wir sowieso überall Haare.

"Das ist mir gerade völlig egal. Komm her!", sagte ich daher und so überlegte sie nicht mehr lang und legte sich neben mich. Ich schloss sie direkt in meine Arme und zog sie zu mir. Ich brauchte das jetzt einfach.

"Dir geht es schon wieder komplett beschissen, oder?", fragte sie. Ja. Damit hatte sie es ziemlich genau getroffen.

"Hätte ich dich sonst angerufen?", fragte ich jedoch nur. Sie kannte mich mittlerweile lang genug, um zu wissen, dass ich sie nur anrief, wenn wirklich etwas wichtiges war.

"Wo liegt denn das Problem? Wenn ich dich so angucke, würde ich behaupten Schüttelfrost, Rückenschmerzen, ordentliche Probleme mit dem Kreislauf und heftigste Margenkrämpfe.", vermutete sie, bevor ich ihre Frage irgendwie beantworten konnte. Also darin war sie mittlerweile geübt. Sie schaute mich nur an und wusste sofort, was los war.

"Das trifft es.", antwortete ich, als mich ein stechender Schmerz durchfuhr und ich mich krümmte.

"Soll ich dir Medikamente holen? Sue hat da so einiges organisiert.", fragte sie besorgt. Ich konnte ihr ansehen, dass sie mir diese Schmerzen einfach irgendwie abnehmen wollte, aber ich würde sie jetzt garantiert nicht mehr los lassen. Ich brauchte keine Medikamente. Ich brauchte sie.

"Bleib bitte einfach bei mir.", sagte ich.

"Okay. Ich geh nicht mehr.", versprach sie und ich konnte spüren, wie sie vorsichtig unter mein Shirt fuhr und ihre warme Hand auf meinen Bauch legte. Ganz sanft fuhr sie in kreisenden Bewegungen darüber und das tat einfach nur so unglaublich gut! Doch die Schmerzen konnte sie mir nicht nehmen. Trotzdem schaffte sie es so, dass ich mich langsam etwas entspannen konnte und ich wäre fast eingeschlafen, als mich plötzlich eine extreme Übelkeit überkam. Ruckartig setzte ich mich auf, doch bevor ich noch irgendwas tun konnte, begann sich alles um mich herum zu drehen. Scheiße! Warum musste das jetzt auch noch sein? Gerade so bekam Jess mich noch am Arm zu fassen und hielt mich fest, bevor sie besorgt fragte: "Was ist los?"

Ich schaffte es jedoch nicht ihr zu antworten. Stattdessen überkam mich ein Würgereiz. Jess schien mir nun an zu sehen, was los war, denn sie sprang auf und reichte mir im letzten Moment die Wasserschale von Pirat, bevor ich mich übergab.

"Du tust mir so leid!", sagte sie und setzte sich wieder zu mir, um mir tröstend immer wieder über den Rücken zu streichen. Dabei stützte sie mich so gut sie konnte und gab mir den Halt, den ich in diesem Moment einfach brauchte.

Nach einer Weile stellte ich die Schale zur Seite und schaute zu ihr rüber.

"Du bleibst jetzt mal ganz still hier sitzen. Ich komm sofort wieder.", beschloss sie und verschwand mit der Schale in ihrer Hand. Ich blieb brav sitzen und hoffte eigentlich, dass zumindest meine Magenschmerzen nun besser werden würden, doch leider lag ich falsch. Stattdessen fühlte es sich eher an als würden sie immer schlimmer werden. Hoffentlich fand Jess da noch irgend ein Wundermittel. Das würde ich definitiv nicht zwei Wochen lang durch halten.

Kurz darauf kam sie auch schon mit einem Eimer, einem Glas Wasser und einigen Medikamenten wieder. Von den Medikamenten drückte sie mir einiges in die Hand und ich nahm sie brav, während sie den Eimer neben das Bett stellte.

"Okay. Jetzt langsam wieder hin legen.", wies sie an und wenig später lag ich auch schon wieder in dem Bett, doch anstatt sich zu mir zu legen, stand Jess wieder auf.

"Wo willst du hin?", fragte ich sofort. Sie sollte mich nicht allein lassen! Ich braucht sie!

"Ich komm sofort wieder. Ich hol dir nur eine dickere Decke. Du bist eiskalt.", versprach sie und ging los, um wenig später mit einer Decke wieder zu kommen, die sie fürsorglich über mich legte, bevor sie sich zu mir in das Bett legte. Sofort schloss ich sie in meine Arme und zog sie eng zu mir.

"Bald wirken die Medikamente. Dann geht es dir besser.", redete sie auf mich ein und und legte wieder ihre Hand auf meinen Bauch. Sanft strich sie immer wieder darüber und schaffte es so schließlich, dass ich ein schlief.

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