Kapitel 77

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Jess:

Irgendwann spürte ich dann, wie mir jemand sanft die Haare aus dem Gesicht strich. Müde schlug ich die Augen auf und erwartete Johannes, doch ich erkannte stattdessen Thomas.

"Hallo, Schwesterherz!", sagte er mit einem Lächeln und setzte sich zu mir an die Bettkante.

"Musst du nicht arbeiten?", fragte ich mit einem Blick auf die Uhr.

"Nein. Mein Chef hat mir die drei Tage frei gegeben."

"Wow. Wie hast du das angestellt?"

"Seit ich gedroht hab zu kündigen klappt das alles."

"Klar. Ohne dich, bricht der Laden zusammen. Du solltest wirklich kündigen und dir einen besseren Job suchen."

"Aber wer nimmt schon einen ehemaligen Drogendealer, der bis vor ein paar Jahren noch im Gefängnis war?"

"Du vergisst, dass deine kleine Schwester andauernd Leute wie dich in große Firmen einschleust. Ich hatte schon deut-lich härtere Fälle."

"Geht es noch schlimmer?"

"Oh ja! Ich hatte schon einen der war 45, hat die Schule mit 14 geschmissen und saß 25 Jahre wegen Vergewaltigung und versuchtem Mord. An sich ein echt netter Typ, der auf die ganz schiefe Bahn geraten ist. Der hat in einem Jahr sein Abi gemacht hat und arbeitet jetzt im Büro."

"Wie hast du das geschafft?"

"Die richtigen Kontakte und alles so schreiben, dass es bes-ser kling. Es reicht schon, wenn du Heroin durch Drogen er-setzt. Drogen können auch Sachen wie Cannabis sein. Du darfst nur nicht lügen. Sag mir welchen Job du gerne hättest und ich schreib dir was. Jetzt hab ich ja Zeit."

"Daran hängt's ja schon."

"Okay. Dann fangen wir ganz von vorne an. Du magst Tiere, du bist ein Technik Freak, du hast es mit Musik, Mathe ist voll dein Ding, du hast ein extrem gutes räumliches Vorstellungs-vermögen, du bist sehr gut im Umgang mir Kunden, du kannst gut mir Kindern und du bist ein Meister im Verhandeln. Da würden mir spontan Architekt, Tiermedizinischer Fachange-stellter, Tierpfleger, Erzieher, Industriekaufman und Techniker einfallen."

"Und das zauberst du einfach so aus deinem Gedächtnis?"

"Ja. Ich hab da Routine drin. Was von den Jobs würde dich denn am Meisten interessieren?"

"Architekt fand ich schon immer ganz cool. Das war früher immer mein Traumjob."

"Okay. Dafür müsstest du aber studieren. Abi hast du, oder?"

"Ja. Aber meinst du nicht, dass ich dafür zu alt bin?"

"Man ist nie zu alt, um seinen Traum zu leben."

"Und wie soll ich so ein Studium finanzieren? Und nebenbei verdiene ich in der Zeit auch kein Geld."

"Du wohnst bei uns für umsonst und hast eine Schwester, die als Ärztin mehr als genug Geld verdient."

"Es kann aber nicht sein, dass ich für umsonst bei euch wohne und du mir auch noch ein Studium bezahlst!"

"Dann gibt es sowas wie Nebenjobs."

"Ich bleib bei meinem Job und dann ist gut."

"Und damit bist du glücklich?"

"Ein Job ist dafür da, um Geld zu verdienen."

"Träumst du nicht davon irgendwann Spaß bei der Arbeit zu haben und nicht nur da hin zu gehen, um Geld zu verdienen?"

"Es erfüllt sich eben nicht jeder Traum. Und jetzt hätte ich gerne ein anderes Thema. Wie geht's dir?"

Angel behind the AppearanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt