Kapitel 137

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Jess:

So trainierten wir etwa eine Stunde lang an verschiedenen Dingen und am Ende schaffte Johannes sogar drei perfekte Einerwechsel am Stück.

Weiter ging es dann mit den anderen Pferden und schließlich auch Alex mit Trouble, bevor Johannes und ich dann zusammen aus ritten und schließlich ich in die Klinik fuhr.

Dort angekommen ging ich direkt zu Ty und fragte: "Hallo! Alles gut bei dir?"

Von ihm kam ein Nicken, doch er sah nicht gerade gut aus.

"Wirklich? Wenn irgendwas ist kannst du das ruhig sagen. Jetzt bin ich noch hier.", harkte ich daher nochmal nach.

"Alles gut.", versicherte er jedoch und so unterhielt ich mich noch ein wenig mit ihm, bevor ich nach Hause fuhr.

Dort angekommen machte ich mich nur schnell fertig, bevor wir auch schon zu der Kneipe im Nachbarort fuhren, wo die Band den Nachmittag über auftreten sollte. Das klappte auch an diesem Tag reibungslos und wir hatten unheimlich viel Spaß mit nicht wenig Alkohol. Und vor allen Dingen hatte ich mein Zeil erreicht, denn am Abend saßen Kasey und Shark zwar sehr betrunken, aber gefühlvoll knutschend in der Ecke.

Wir fuhren also schließlich mehr als zufrieden nach Hause, wo plötzlich mein Handy klingelte.

"Ja?", meldete ich mich.

"Hallo Jess. Bist du zuhause?", fragte meine Kollegin.

"Ja. Was hat er angestellt? Wie schnell muss ich kommen?"

"So schnell wie möglich. Der hat aus dem Nichts plötzlich angefangen im Schlaf schreiend um sich zu schlagen. Jetzt ist er wach und ich kann nicht wirklich einschätzen, ob er vor Wut kocht oder kurz davor ist in Tränen aus zu brechen."

"Vermutlich beides. Pass auf, dass er nicht sich selbst oder irgendwem anders was antut. Ich bin sofort da."

"Okay."

So legte ich auf und rief nur in die Runde: "Ich muss noch-mal zur Klinik. Ich weiß nicht wann ich wieder komme."

Und bevor irgendwer noch etwas sagen konnte saß ich auch schon im Auto und fuhr sehr rasant zur Klinik, wo ich direkt zu Ty eilte. Dieser saß auf seinem Bett und war offensicht-lich vollkommen durch mit den Nerven, während meine Kollegin überfordert daneben stand.

"Ich übernehme jetzt.", sagte ich und so ging sie, während ich mich zu ihm setzte.

"Willst du reden?", fragte ich.

"Ich will nur meine Ruhe!", sagte er in einem Ton, der deut-lich zeigte, welch Aggressionen sich in ihm angestaut hat-ten.

"Komm. Es ist an der Zeit, dass wir mal wieder eine Runde joggen gehen.", beschloss ich und packte ihn am Arm, um die Klinik zu verlassen und eine ausgiebige Runde durch den Wald zu drehen. Widerstandslos folgte er mir, doch dieses Mal hörte ich eher auf und ging mit ihm langsam zurück zu der Klinik. Mittlerweile war er schon deutlich ruhiger und ich fragte: "Willst du jetzt mit mir reden?"

"Du warst nicht im Krieg. Du kannst das nicht verstehen.", meinte er.

"Aber du kannst es mir erklären und vor allen Dingen hilft es dir, wenn du darüber sprichst. Sprich einfach. Ich sitze hier, hör dir zu und versuch dir zu helfen, okay?"

"Okay."

"Dann leg mal los."

Er schwieg jedoch und hatte offensichtlich keine Ahnung, wie er anfangen sollte.

"Machst du dir Vorwürfe, weil du diese Menschen umgebracht hast?", fragte ich nun.

"Nein. Ich mach mir Vorwürfe, weil ich einen Teil von ihnen nicht umgebracht habe. Nur, weil ich nicht geschossen habe, mussten meine Kollegen sterben. Hätte ich diesen Jungen ein-fach erschossen und nicht so lange nachgedacht, wären sie noch am Leben. Dann hätte er keine Chance gehabt diese ver-dammte Granate zu werfen. Ich hab meine Kollegen umgebracht. Dafür mache ich mir Vorwürfe.", sagte er und ich konnte Trä-nen in seinen Augen erkennen. Tröstend legte ich einen Arm um ihn und sagte: "Es ist rein menschlich, dass man bei ei-nem Kind länger überlegt, bevor man schießt. Ich weiß genau wie hart es ist ein Leben nicht retten zu können. Ich kenne diese Vorwürfe ganz genau, aber du kannst nichts dafür. Je-der andere Mensch hätte genauso gehandelt."

Angel behind the AppearanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt