Kapitel 20

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 Jess:

Kurz darauf hatte ich alle meine Sachen in meinem Auto verstaut, sodass die Wohnung wieder so aussah, wie ich sie vor acht Jahren das erste Mal betreten hatte. Nach acht Jahren hier würde ich nun aus ziehen und ich war keines Wegs traurig darüber. Ich hatte nur hier gewohnt, weil ich mir nichts anderes leisten konnte. Um so glücklicher war ich, als ich nun bei meiner Vermieter klingelte und ihm die Schlüssel zu der Wohnung in die Hand drückte.

"Was soll das werden?", fragte er verwirrt.

"Das heißt ich ziehe aus.", erklärte ich dem alten Mann.

"Jetzt?"

"Ja. Die Wohnung ist genau so, wie ich sie vor acht Jahren betreten habe."

"Und wo willst du stattdessen hin?"

"Ich ziehe zu meinem Freund.", berichtete ich. Meinem Freund. Wie gut sich das anhörte.

"Na dann.", meinte der Mann und schloss die Tür wieder. Er war nie ein freundlicher Mann gewesen und ich hatte ihn nie gemocht.

Glücklich stieg ich in mein Auto und fuhr zu meinem neuen Zuhause. Der Villa mitten im Wald. Oh man! Ich konnte das noch immer nicht glauben! Wie konnte sich mein Leben an einem einzigen Tag so sehr verändern? Noch an diesem Morgen dachte ich Johannes würde aus ziehen und der Alltag würde wieder einkehren und jetzt? Jetzt war ich mit Johannes zusammen und zog aus meiner 20 Quadratmeter Wohnung in eine gigantische Villa. Einfach nur unglaublich! An diesem Tag war ich glücklicher als je zuvor. Da war ich mir sicher!

An der Villa angekommen, fuhr Johannes ebenfalls gerade vor und so brachten wir unsere Sachen rein, bevor wir gemeinsam kochten.

"Wo hast du eigentlich so unglaublich gut kochen gelernt?", fragte Johannes, als wir gemeinsam an dem Esstisch saßen.

"Bei meiner Mutter und meinem Bruder. Mein Opa war Koch und daher konnte meine Mutter immer unglaublich gut kochen. Das hat sie uns weiter gegeben.", erklärte ich.

"Hast du eigentlich nochmal was von deinem Bruder gehört?"

"Nein. Der wird noch im Gefängnis sitzen."

"Immer noch?"

"Ja. Zumindest wenn er noch lebt."

"Wie lange denn noch?"

"Er hat 25 Jahre bekommen, also noch 15, aber wenn er sich gut anstellt, kann er in fünf Jahren auf Bewährung raus."

"Was hat der denn angestellt, dass er so lange sitzen muss?"

"Angeklagt ist er wegen schwerer Körperverletzung und Drogenbesitz in großen Mengen. Aus eigener Dummheit."

"Wieso?"

"Wer am helligsten Tag mit einem halben Kilo Heroin in den Taschen einen Mann Krankenhaus reif schlägt, während die Polizei drei Häuser weiter steht, ist einfach nur dumm. Er war zu gut und das hat ihn leichtsinnig gemacht."

"Vermisst du ihn?"

"Natürlich. Seit zehn Jahren. Aber ich muss realistisch denken. Wahrscheinlich werde ich ihn nie wieder sehen."

"Das muss unglaublich hart sein."

"Nach so vielen Jahren muss man irgendwann damit abschließen und das hab ich getan. Und jetzt bitte Schluss mit dem Thema. Es ist schon alles gut so, wie es ist."

"Bist du denn glücklich?"

"Und wie! Glücklicher könnte ich gar nicht sein."

"Das ist schön."

Angel behind the AppearanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt