Jess:
Vor den letzten Worten ging er in die Knie und holte einen Ring aus seiner Tasche. Jetzt war es endgültig vorbei mit der Kontrolle und ich fiel ihm unter Tränen um den Hals.
"Ja!", schluchzte ich in das Mikro und das Publikum jubelte. Und von da an war ich mir sicher, dass das nur ein Traum sein konnte. Für die Realität war das alles viel zu perfekt! Das war doch wie aus einem kitschigen Roman entsprungen! Das konnte nicht wirklich passieren!
Als ich mich dann wieder etwas beruhigt hatte, half Johannes mir wieder auf den Rücken des Hengstes und Charlotte über-nahm noch einmal das Mikrofon.
"Und jetzt bitte einen riesigen Applaus für eine letzte Eh-renrunde!", rief sie und schon brach erneut lautes Jubeln in dem Stadium aus, während ich angaloppierte. Kraftvoll und verdammt schnell galoppierte Halim um das Viereck und holte alles aus sich heraus, was an Geschwindigkeit noch drin war. Ich hatte es längst aufgegeben ihn in irgend einer Art und Weise zu kontrollieren. Ich hatte einfach nur meine Arme um seinen Hals geschlungen und versuchte nur halbwegs ordent-lich oben zu bleiben. Der Hengst trug mich allerdings sicher wieder aus dem Viereck zu den Anderen. Dort rutschte ich von seinem Rücken und Stephanie umarmte mich kurz, bevor sie den Hengst dann übernahm und sich um ihn kümmerte.
"Ihr macht mich fertig!", schluchzte ich. Ich war einfach nur total am Ende. Johannes legte nur einen Arm um mich und fragte: "Ein bisschen Champagner?"
"Ne. Ich brauch was Stärkeres. Hattest du nicht irgendwas eingepackt?", fragte ich.
"Ja. Wir haben noch was im Spint.", sagte er.
"Was denn, wenn ich fragen darf?", fragte Charlotte.
"Keine Ahnung. Ich hab einfach alles eingepackt, was gepasst hat.", erklärte Johannes.
"Und wie habt ihr das bitteschön in den Flieger gekriegt?"
"Keine Ahnung. Wir müssen das nur leer kriegen, weil zurück riskieren ich das nicht nochmal."
"Ihr habt doch gerade erst gefeiert ohne Ende! Ich dachte das reicht erstmal eine Weile!", schimpfte Thomas.
"Das glaubst aber auch nur du! Die Aftershow Partys sind das beste an den Turnieren! Die großen Reiter können alle gut feiern.", sagte Carol und Charlotte nickte zustimmend.
"Ihr seid auch nur am feiern, oder?", fragte Thomas.
"Ich bin Ärztin. Ohne eine ordentliche Portion Verrücktheit und Alkohol drehst du da durch. Außerdem haben wir doch Grund genug, um mal so richtig zu feiern!", meinte ich.
Nun kam auch Stephanie mit Halim wieder bei uns an und wir versorgten den Hengst, bevor Johannes eine Flasche nach der anderen aus dem Spint hervor kramte, bis er eine halbe Bar vor sich stehen hatte.
"Mehr hätte nicht rein gepasst, oder?", fragte Charlotte.
"Ne. Mehr ging echt nicht.", stimmte Johannes ihr zu.
Kurz darauf standen wir draußen und feierten, was das Zeug hielt. Und diesmal musste auch Thomas mit trinken.
So hatten wir unendlich viel Spaß und es war einfach nur ein perfektes Ende für einen unglaublichen Tag!
Als am nächsten Morgen der Wecker klingelte, schaute ich nur gequält zu Johannes rüber. Dieser zog mich sanft in seine Arme und flüsterte: "Guten Morgen!"
"Morgen.", sagte ich und kuschelte mich müde an ihn.
So lagen wir noch eine Weile, bis er fragte: "Was soll ich Halim zu fressen geben? Einfach wie immer?"
"Ne. Das mach ich schon.", sagte ich und stand auf, um noch etwas wackelig, zu der Kaffeemaschine zu gehen.
"Koch du mal Kaffee. Ich mach das schon. Ich bin immerhin sein Pfleger. Was soll ich ihm geben?"
"Wie immer, aber reduzier den Hafer so um die Hälfte."
"Okay. Ich kümmer mich um ihn und du bleibst hier."
Ich nickte nur und begann damit einiges an Kaffee zu kochen. Hier hatte ich vorgesorgt und, nachdem ich die Flaschen ge-sehen hatte, die Johannes eingepackt hatte, einige Thermos-kannen eingepackt.
Diese füllte ich nun nach für nach mit starkem Kaffee, wäh-rend ich eine beachtliche Menge auch selber trank.
Als ich gerade die letzte Kanne füllte, kam Johannes zu mir. Sanft legte er einen Arm um mich und ich kuschelte mich an ihn.
"Hast du das gestern wirklich ernst gemeint?", fragte ich.
"Was meinst du?", fragte er.
"Willst du mich wirklich heiraten?"
"Hätte ich dir sonst vor tausenden von Menschen einen Antrag gemacht? Die Frage ist, ob du das auch wirklich willst."
"Natürlich! Ich kann das alles nur noch nicht glauben."
"Das ist verständlich. Aber wie schaffst du es vor diesem Publikum perfekt zu reiten, ohne komplett durch zu drehen?"
"Durchdrehen tu ich vorher. Sobald ich in der Mitte stehe und Grüße, hab ich die Scheuklappen auf."
"Wie machst du das? Ich bin gestern halb gestorben!"
"Nach über 15 Jahren Turnier kann man das. Wenn ich los rei-te, sehe ich nichts außer das Pferd und das Viereck."
"Ich glaube ich würde vor jedem Turnier halb sterben."
"Na dann weiß ich schonmal, wie ich dich quälen kann, wenn du mir doof kommst."
"Na danke auch. Hätte ich mal nichts gesagt."
"Ja. Selber schuld."
"Jetzt sollten wir aber mal raus gehen. Charlotte muss gleich reiten. Ich glaube die braucht dringend Kaffee."
"Hast du die schon gesehen?"
"Ja. Die sieht ungefähr genauso gequält aus, wie du, aber nach der Nacht ist das auch kein Wunder."
"Wie kann es dir eigentlich so gut gehen?"
"Ich hab nicht so viel getrunken. Irgendwer muss ja auf die ganzen Mädels aufpassen und nachdem ihr Thomas gezwungen habt mit zu trinken und Kyle sich komplett abgeschossen hat, um mit Sue rum zu machen, blieb nur noch ich übrig.
"Kyle hat was?"
"Der hat sich komplett abgeschossen und dann die ganze Zeit mit Sue geflirtet, bis die dann auch genug getrunken hatte und die Beiden plötzlich verschwunden sind."
"Jetzt ernsthaft?"
"Ja. Du hast ihnen sogar noch viel Spaß gewünscht."
"Echt?"
"Du kannst dich echt an nichts mehr erinnern, oder?"
"Ne. Von da an, wo wir bei Halim waren, ist alles weg."
"Willst du jetzt alle Details wissen, die noch so passiert sind oder lassen wir es lieber dabei, dass außer mir wahr-scheinlich keiner mehr weiß, was passiert ist?"
"Ich glaub es ist besser, wenn nur du das weißt. Ich will nicht wissen, was ich alles für Scheiße gemacht hab."
"Im Gegensatz zu Sue und Kyle kommst du da noch glimpflich davon. Also wenn Jonathan davon erfährt, ist sie den los."
"Von mir aus gerne. Ich konnte den Typen noch nie leiden."
"Das merkt man schon ziemlich deutlich."
"Echt?"
"Wenn du betrunken bist, wirst du noch ehrlicher. Und das mit einem wirklich sehr tief schwarzen Humor."
"Bist du sicher, dass sich niemand an den Abend erinnert?"
"Die Flaschen sind alle leer und wir waren nur zu siebt."
"Okay. Dann können wir raus gehen."
DU LIEST GERADE
Angel behind the Appearance
Teen Fiction!Achtung! In diesem Buch werden Themen wie Gewalt, Drogen, selbstverletzendes Verhalten und verschiedene psychische Krankheiten behandelt. Wenn diese Themen dich triggern, solltest du dir gut überlegen, ob du dieses Buch wirklich lesen möchtest. "En...