Jess:
In unserem Zimmer angekommen begann ich direkt wieder zu lernen, während Johannes sich schlafen legte.
"Jess?", fragte er jedoch schon nach kurzer Zeit.
"Was denn?", fragte ich, doch meine Aufmerksamkeit war eher auf die Blätter vor mir gerichtet.
"Kannst du zu mir kommen?"
"Ich muss lernen. Tut mir leid."
Daraufhin herrschte wieder Schweigen und ich wand mich wieder voll und ganz meinen Blättern zu. Im Nachhinein hätte ich mich dafür köpfen können. Wie konnte man nur so doof sein und all die Zeichen einfach ignorieren? Gerade ich hätte es besser wissen müssen! Ich lernte all das und gleichzeitig schaffte ich es nicht es bei dem Menschen an zu wenden, der mir am nächsten stand!
Doch ich wurde erst hellhörig, als ich hörte, wie er scharf die Luft ein zog.
"Johannes?", fragte ich, doch von ihm kam keine Antwort. Alarmiert drehte ich mich zu ihm um und was ich dort sah, ließ mich sofort zu ihm eilen. Aus seinem Arm sickerte langsam Blut und in der anderen Hand hielt er eine Klinge.
"Ach du Scheiße! Johannes!", sagte ich erschrocken und nahm ihm die Klinge aus der Hand, um mit der anderen Hand die Wunde an seinem Arm abdrückte. Schnell schnappte ich mir ein Taschentuch und wischte vorsichtig das Blut von seinem Arm, bevor ich mir die Wunde genauer an sah. Zum Glück nur ein kleiner Schnitt, der nicht all zu tief war. Da reichte ein Pflaster, das er sofort bekam, bevor ich mich zu ihm setzte.
"Was machst du denn für Sachen?", fragte ich.
"Entschuldigung.", sagte er und schaute beschämt zu Boden.
"Warum?", fragte ich, doch seine Antwort war nur: "Es tut mir leid."
"Das weiß ich jetzt. Du musst dich nicht noch tausend mal entschuldigen und dich auch garantiert für nichts schämen. Ich will dir nur helfen, aber dazu musst du mir sagen, warum du das gemacht hast. Hab ich irgendwas falsch gemacht?", fragte ich. Ich hatte in diesem Moment ein tierisch schlechtes Gewissen und das auch zu Recht. Ich wusste, dass es ihm nicht gut ging, aber trotzdem war mir das Lernen wichtiger. Ich hätte für ihn da sein müssen.
"Nein.", sagte er jedoch mit zittriger Stimme.
"Guck mich bitte an.", sagte ich und wartete, bis er seinen Blick hob. Seine Augen waren glasig und er war einfach nur völlig fertig. Sanft platzierte ich meine Hand an seiner Wange und fragte: "Was ist los? Warum machst du sowas? Sprich bitte mit mir! Ich will dir nur helfen!"
"Ich weiß es nicht.", schluchzte er und brach endgültig in Tränen aus. Ich schloss ihn direkt in meine Arme und strich ihm immer wieder tröstend über den Rücken.
"Alles ist gut. Ich will dir nur helfen und ich mach dir garantiert keine Vorwürfe dafür.", flüsterte ich beruhigend.
"Ich kann einfach nicht mehr.", schluchzte er verzweifelt.
"Ich weiß genau, wie es dir gerade geht und ich weiß auch, dass du das schaffst! Es sind doch nur noch wenige Tage. Ich helfe dir gerne, aber dafür musst du mit mir reden. Gedankenlesen hab ich in der Ausbildung leider nicht gelernt.", redete ich beruhigend auf ihn ein und strich ihm immer wieder tröstend über den Rücken.
"Bitte bleib bei mir!", schluchzte er, dass es mir fast das Herz zerriss.
"Ich lass dich so schnell nicht mehr alleine.", versprach ich und zog ihn noch etwas näher zu mir, bis er sich langsam wieder beruhigte. Ich ließ ihn nun wieder los und reichte ihm ein Taschentuch, das er dankend entgegen nahm.
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Angel behind the Appearance
Teen Fiction!Achtung! In diesem Buch werden Themen wie Gewalt, Drogen, selbstverletzendes Verhalten und verschiedene psychische Krankheiten behandelt. Wenn diese Themen dich triggern, solltest du dir gut überlegen, ob du dieses Buch wirklich lesen möchtest. "En...