Kapitel 176

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Johannes:

Als ich die Kür schließlich beendete und ein letztes Mal vor den Richtern grüßte, öffnete ich die Augen. Und was ich in diesem Moment sah, trieb mir die Tränen in die Augen. Dort stand Jess und klatschte mit leuchtenden Augen, während ihr eine Träne nach der Anderen die Wange entlang lief. Und in diesem Moment wurde mir klar, dass ich es geschafft hatte. Ich hatte es nicht nur in zwei Jahren von L bis Grand Prix geschafft, ich hatte es auch geschafft in die Fußstapfen der meiner Meinung nach großartigsten Reiterin der Welt zu tre-ten. Und vor allen Dingen hatte ich es geschafft sie stolz zu machen, denn ich war mir mehr als nur sicher, dass ich Jess noch nie zuvor so glücklich und stolz gesehen hatte. Nichtmal als sie damals auf diesem Platz genau diese Prüfung gewonnen hatte. Ich hatte es ihr nachmachen können und das auf dem Pferd, was sie eingeritten hatte. Dem Pferd, das al-le für unreitbar hielten.

Überglücklich fiel ich dem Hengst um den Hals und flüsterte: "Jetzt haben wir es geschafft. Wir haben die Frau mit den wohl höchsten Ansprüchen stolz gemacht."

Wieder bei den Anderen angekommen stieg ich ab und Jess fiel mir weinend um den Hals.

"Das war einfach nur ganz große Klasse! Ich hätte das nicht besser gekonnt.", lobte Liam begeistert.

"Ich auch nicht.", stimmte Charlotte ihm zu, und auch Carol nickte.

"Ich auch nicht.", schluchzte Jess und das war der Satz, der mir so unglaublich viel bedeutete. Ich hatte mein größtes Ziel der letzten zwei Jahre erreicht.

"Wenn dir die besten Reiter der Welt mit den wohl höchsten Ansprüchen sagen, dass sie es nicht hätten besser machen können, bist du wirklich verdammt gut geritten!", lobte Dia-na, während sie ein Foto nach dem Anderen machte.

Kurz darauf ging es dann auch schon zur Siegerehrung und ich durfte mit Scherpe, Blumenstrauß und goldener Schleife die Ehrenrunde anführen. Auf dem Pferd von dem alle gesagt hat-ten, dass es unreitbar war. Und als ich daran dachte, wurde mir eine Sache klar. Dieser Hengst war ganz genau wie ich. Auch ihm wurde immer gesagt, dass er niemals was erreichen würde, doch Jess hatte an ihn geglaubt. Genau so, wie sie all die Jahre immer an mich geglaubt hatte. Sie hatte ihn nicht aufgegeben und ihn damit zu einem Champion gemacht. Genau wie mich. Und das zeigte mir mal wieder was für eine wundervolle Frau ich geheiratet hatte.

Doch mir blieb nicht viel Zeit darüber nach zu denken, denn kurz nach der Ehrenrunde wurde mir das goldene Reitabzeichen überreicht und ehe ich mich versah hatte ich plötzlich das Mirko in der Hand und war gezwungen vor tausenden Menschen und live Übertragung in die gesamte Welt zu reden. Genau wie ich es bereits von sechs Jahren getan hatte. Jedoch mit dem wesentlichen Unterschied, dass ich mich hierauf nicht vorbe-reitet hatte. Schon nach wenigen Sekunden war mir allerdings klar, was ich sagen sollte.

"Ja. Als aller erstes ist es längst überfällig jemanden zu danken. Manche von euch waren vielleicht vor sechs Jahren schon hier und erinnern sich daran, dass damals Jessica Blade gewonnen hat. Mittlerweile heißt sie Owen und ist mei-ne Frau. Sie hat mich vor diesen sechs Jahren das erste Mal auf ein Dressurpferd gesetzt und mich mit ihrer Leidenschaft angesteckt. Und was soll ich sagen. Vor zwei Jahren bin ich in meine erste A Dressur geritten und jetzt stehe ich hier und habe meine aller erste Grand Prix Dressur gewonnen. Das alles hab ich nur ihr zu verdanken. Dieses wundervolle Pferd unter mir hat sie eingeritten und ausgebildet. Und das ob-wohl alle, einschließlich mir, gesagt haben, dass er unreit-bar ist. Aber sie hat trotzdem nicht aufgegeben und hat ihn zu einem wundervollen Pferd gemacht. Als sie ihn damals ge-kauft hat, haben sie alle für verrückt erklärt, aber jetzt kann ich sie verstehen. Er ist wundervoll und ich bin froh, dass ich die Chance habe von ihm so unglaublich viel zu ler-nen und mit ihm zusammen diese Erfahrungen zu machen. Auch wenn ich dafür erst so einige Male den Boden küssen musste. Jess, ich danke dir, dass ich dein Schüler sein und so un-glaublich viel von dir lernen konnte. Danke, dass du mich auf den besten Pferden hast lernen lassen und ich von deinen jahrelangen Erfahrungen profitieren konnte. Danke, dass du von Anfang an immer an mich und an dieses Pferd geglaubt hast. Und auch wenn du mich dafür hassen wirst, bitte ich dich trotzdem mal zu mir. Diese Ehrenrunde hat niemand mehr verdient als du.", sagte ich, doch Jess blieb wie verstei-nert stehen. Erst als Thomas sie sanft in Richtung des Vier-ecks schubste, kam sie zu mir und ich half ihr auf den Rü-cken des Hengstes, bevor ich rief: "Und jetzt bitte ich um einen riesen Applaus für Jess und ihre letzte Ehrenrunde!"

Angel behind the AppearanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt