Kapitel 76

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Jess:

Als ich mein Bewusstsein langsam wieder erlangte, fand ich mich in einem Krankenwagen wieder. Über mir hing ein Sanitä-ter, der an irgendwelchen Dingen herum fuchtelte, die ich in diesem Moment nicht wirklich identifizieren konnte.

"Johannes?", fragte ich noch immer sehr neben der Spur.

"Der kommt später direkt zum Krankenhaus. Ich bin hier.", sagte Thomas und strich mir beruhigend über die Hand, die er in seinen hielt. Das fiel mir allerdings auch erst in diesem Moment auf.

Eine gefühlte Ewigkeit später kamen wir dann in dem Kranken-haus an und ich wurde stundenlang von allen möglichen Ärzten untersucht, bis irgendwann die Diagnose fest stand. Mittler-weile war es mitten in der Nacht und ich wollte eigentlich nur noch schlafen, aber daraus wurde nichts, denn als die Ärztin nun rein kam, konnte ich an ihrem Blick schon erah-nen, dass irgendetwas nicht stimmte.

"Wollen Sie noch jemanden dabei haben, oder wollen Sie das Ergebnis jetzt so wissen?", fragte sie.

"Wie schlimm ist es?", fragte ich vorsichtig.

"Schon ziemlich. Also so ein bisschen Unterstützung wäre vielleicht nicht schlecht."

"Ich glaube ich will es lieber erstmal alleine wissen."

"Okay."

"Und lass uns bitte beim du bleiben. Wir sind ja Kollegen."

"Wie soll ich das jetzt verstehen?"

"Ich bin auch Ärztin, aber in einer Entzugsklinik."

"Achso. Okay. Das ist ja sehr gut. Dann kann ich auch bei der Fachsprache bleiben."

"Ja. Das ist ein bisschen einfacher."

In aller Ruhe gingen wir nun gemeinsam die ganzen Unterlagen durch. Das Ergebnis war schließlich doch sehr hart und kam sehr überraschend für mich, weshalb auch ein paar Tränen nicht ausblieben. Die Frage, die mich am meisten quälte war jedoch die, wie ich das den Anderen und vor allen Dingen Johannes erklären sollte.

Die Ärztin war mir allerdings eine große Unterstützung und half mir so gut sie konnte.

Am Ende kamen wir dann zu der Entscheidung, dass es besser war, wenn ich erstmal selber einigermaßen damit klar kam, bevor ich mit den Anderen sprach.

Die Ärztin ging nun wieder und Johannes kam mit samt Thomas, Kyle und Sue rein.

"Ihr habt jetzt nicht ernsthaft alle die ganze Zeit gewar-tet, oder?", fragte ich entsetzt.

"Klar. Was machst du auch für einen Scheiß?", schimpfte Sue.

"Entschuldigung! Ich kann nichts dafür!", antwortete ich.

"Jetzt nicht noch streiten! Da hab ich nachts um drei echt keinen Bock drauf!", meinte Thomas genervt.

"Bei den Beiden ist das normal. Die drücken so Zuneigung aus.", erklärte Johannes und alle mussten lachen. Damit war die Stimmung schon mal aufgelockert.

"Wie geht's dir?", fragte Johannes nun.

"Gut. Mich kotzt es nur an, dass ich wegen dem Scheiß hier drei Tage fest hänge.", antwortete ich.

"Ist das jetzt dein Ernst? Du klappst zusammen und be-schwerst dich dann noch, dass du ganze drei Tage im Kranken-haus bleiben musst?", schimpfte Johannes.

"Ja. Wer trainiert denn in der Zeit meine Pferde? Da setzt sich keiner freiwillig drauf und longieren kannst du auch nur Summer. Das heißt zwei Pferde stehen jetzt vier Tage. Und das mitten in der Saison."

"Mein Gott! Deine Gesundheit ist tausendmal wichtiger als sämtliche Pferde! Wenn du stirbst, haben die Pferde auch nichts davon! Deine Gesundheit ist jetzt erstmal das Wich-tigste. Um alles andere kümmern wir uns schon."

"Aber pass mir bloß gut auf meine Kleinen auf!"

"Keine Sorge. Ich kümmer mich schon um die."

"Und was mach ich in der Zeit?"

"Einfach mal still halten und runter kommen?"

"Das kann sie nicht. So viel solltest du doch mittlerweile wissen.", sagte Sue.

"Still halten konnte Jess noch nie. Wenn die mal nicht mehr arbeiten kann, geht die ein.", stimmte Thomas ihr zu.

"Und was soll ich hier jetzt drei Tage machen?", fragte ich.

"Sollen wir dir Bücher vorbei bringen?", schlug Kyle vor.

"Das wäre nett. Aber ihr kommt jetzt nicht jeden Tag her! Es reicht, wenn ihr mir morgen die Bücher bringt und mich dann in drei Tagen so schnell wie möglich wieder abholt."

"Ich komme definitiv jeden Tag mindestens einmal vorbei! Da kannst du nichts gegen tun!", sagte Johannes direkt.

"Höchstens einmal! Sonst schmeiß ich dich wieder raus!"

"Mein Gott! Schwesterherz! Wir machen uns doch nur Sorgen um dich! Was musst du da gleich so rum zicken?" fragte Thomas.

"Ich weiß gar nicht, was ihr habt. Mir geht's doch gut!"

"Du machst mich fertig! Erst klappst du zusammen und dann erklärst du mir, dass es dir gut geht!", schimpfte Johannes.

"Nur, weil mir kurz der Kreislauf abkackt, müsst ihr doch nicht gleich alle ausrasten und mit vier Leuten bis mitten in die Nacht hier rum sitzen!"

"Was war eigentlich los?", fragte Johannes und gähnte müde.

"Mir ist nur der Kreislauf abgekackt. Nichts dramatisches und deshalb muss man nicht so ausrasten. Und du fährst jetzt ganz schnell nach Hause! Du musst um fünf wieder aufstehen!"

"Für eine Stunde Schlaf lohnt es sich nicht nach Hause zu fahren. Ich bleib jetzt hier!"

"Na gut. Aber der Rest fährt jetzt nach Hause und geht so-fort ins Bett!", schimpfte ich und so verschwanden alle, während Johannes sich zu mir an die Bettkante setzte. Er schien echt völlig fertig zu sein.

"Du bist ganz schön fertig, oder?", fragte ich.

"Das geht schon. Keine Sorge.", meinte er jedoch.

"Bist du sicher? Meinst du nicht, dass wir lieber Stephanie anrufen sollten, dass die das morgen alleine macht?"

"Die wird genauso fertig sein. Die hat die ganze Zeit auf Tara aufgepasst. Das geht schon alles. Wirklich."

"Okay. Aber fall mir nicht vor Müdigkeit vom Pferd!"

"Keine Sorge. Morgen setz ich mich sowieso erstmal auf kein Pferd. Wenn deine Pferde einen Tag gestanden haben, kann ich die eh nicht reiten. Da ist longieren schon gefährlich."

"Pass bloß auf! Die drei Tage sind genug Krankenhaus! Da hab ich es lieber, wenn meine Pferde eine Weile stehen!"

"Zumindest longieren krieg ich schon hin."

"Auch da brauchst du volle Konzentration. Gerade bei meinen Pferden! Hol dir am Besten Carol dazu."

"Süße, wir kriegen das schon alles hin. Konzentrier du dich mal darauf wieder gesund zu werden und entspann dich ein bisschen. Das tut dir vielleicht mal ganz gut. Der ganze Stress in den letzten Wochen hat da doch bestimmt auch mit zu tun. Fünf Pferde, ein Hund, ein kleines Kind und noch acht Stunden wirklich harte Arbeit sind einfach zu viel."

"Nein. Damit hat das nichts zu tun."

"Womit dann? Irgend einen Auslöser muss das doch haben!"

"Ich erklär das dir irgendwann, wenn es nicht mitten in der Nacht ist und ich wieder klar denken kann, okay?"

"Okay. Und wie geht's dir jetzt so?"

"Es ist wirklich alles gut. Keine Sorge. Ich bin nur müde."

"Okay. Dann schlaf schön. Ich komme dann später nochmal und bring dir die Bücher."

"Danke! Du bist ein Schatz!", sagte ich und gab ihm noch einen Kuss, den er erwiderte, bevor er das Zimmer verließ.

So war ich also wieder allein mit meinen Gedanken und die kreisten um die erschreckende Diagnose.

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