Tay POV:
Als ich eine Stunde zu früh zu Hause ankam, weil mein Yogapartner abgesagt hatte, hörte ich es schon beim hereinkommen. Time hatte wieder mal jemanden mitgebracht und fickte ihm die Seele raus. Es war nicht das erste Mal und schmerzlich wurde mir bewusst, dass es eher an das hundertste Mal reichte. Man sollte meinen, dass es mich mit der Zeit abstumpfte, aber so war es nicht. Er machte auch kein großes Geheimnis daraus und brach mir immer und immer wieder mein Herz. Tief verletzt legte ich meine Sporttasche in den Flur und ging wieder. Ich wollte gar nicht erst sehen, was genau sie trieben.
Ich fand mich in einer Bar wieder, mit zu vielen leeren Gläsern vor mir. Mein Handy war ausgeschaltet, da ich Zeit brauchte. Ich sollte ihn verlassen. Ich sollte ihn aus dem Haus schmeißen und ihn aus diesem Land verbannen. Wie konnte er mich nur immer wieder betrügen und damit leben? Für mich gehörte Sex und Liebe zusammen. Ich konnte das eine ohne dem anderen nicht. Ich hatte es versucht, als ich Time mit einem Typen auf meiner Geburtstagsparty erwischt hatte, doch es funktionierte nicht. Sogar betrunken und nicht mehr zurechnungsfähig war ich zu so einem Vertrauensbruch nicht im Stande.
Ich liebte Time, mehr als es mir gut tat. Wir verliebten uns in Teenagerzeiten und wurden gemeinsam erwachsen. Er ist alles was ich jemals wollte. Er war liebevoll, zärtlich, aufmerksam und immer an mein Wohl bedacht. Er war gutaussehend und hatte sein eigenes Geld. Er war mein bester Freund und mein Seelenverwandter.
Aber er war auch mein größter Schmerz und mein größtes Geheimnis. Mit jedem weiteren Mal, bei dem ich ihn mit einem Wildfremden erwischte, wuchsen mein Selbstzweifel und mein Selbsthass. Ich hasste mich, da ich offensichtlich nicht ausreichte. Ich hasste meinen Charakter, der ihn anscheinend langweilte und ich hasste mein Aussehen. Wieso konnte ich nicht interessanter und charismatischer sein, dann hätte er nicht dieses Verlagen, nach anderen Männern.
Trotzdem konnte und wollte ich mich nicht von ihm trennen. Allein ein einzelner Tag war zu lang um von ihm getrennt zu sein, wie sollte ich ihn komplett aufgeben? Ich hasste mein Herz, dass ihn einfach nicht loslassen konnte.
Gerade als ich meinen nächsten Drink in einem Zug herunter kippte, setzte sich ein Unbekannter neben mich. -Hallo Schönheit. Ich habe dich seit dem du diese Bar betreten hast beobachtet und wie es scheint bist du allein hier. Darf ich mich zu dir gesellen?- Fragte er schmierig und schob mir einen weiteren Drink hin. -Nein danke. Ich möchte allein sein. Schönen Abend noch.- Dankend schob ich ihm den Drink zurück. -Dir entgeht da eine gewaltige Nacht und denk dran, du wirst nicht immer schön bleiben!- sagte er und verschwand wütend. Er hatte recht, was werde ich tun, wenn ich alt werde und Falten bekomme, dann werde ich Time noch weniger für mich haben.
Mit zu viel Alkohol im Blut stolperte ich aus der Bar, um nach Hause zu gehen. Ich war fertig für heute und wollte nur noch schlafen. Als ich mich auf den Weg machte, packte mich plötzlich jemand an meiner Hüfte und zerrte mich in Richtung eines Wagens. -Lass mich los!- Brüllte ich ihn an, doch er ließ sich nicht beirren und zog weiter an mir. Normalerweise konnte ich mich selbst verteidigen, ich machte neben Yoga auch Kampfsport und ich bin regelmäßig auf dem Schießübungsplatz, aber der Alkohol ließ meinen Körper versagen. -Du wirst es gut bei mir haben. Stell dich nicht so an!- ich erkannte seine Stimme. Es war der Mann, der mir einen Drink ausgeben wollte. -Ich habe kein Interesse. Finger weg!- ich ließ mein Knie vorschnellen und traf seinen Oberschenkel, was ihn wütend an mir zerren ließ. -Wie ich sehe stehst du auf Schmerzen. Das kann ich dir auch bieten.- und dann boxte er mir ins Gesicht. Ich verlor mein Gleichgewicht und landete auf dem Boden. Verdammt, diese Hose konnte ich jetzt wegschmeißen. -Ey!- brüllte eine weitere Person und kam auf uns zu. -Sollte eine Abfuhr nicht genügen? Er steht einfach nicht auf schmierige Lappen, also los, verpiss dich!- die letzten Worte spuckte er ihm ins Gesicht und hielt ihm eine Waffe an den Kopf. Der Fremde begann vor Angst zu stottern und war in einem Satz im Auto und fuhr davon. Danach verstaute der Zweite seine Waffe und hielt mir seine Hand hin. Ich nahm sie, da ich mir sicher war, dass ich ohne Hilfe nicht von diesem Boden hoch kam. -Vielen Dank.- sagte ich als ich wider auf meinen Füßen stand und sah ihn dann an. Vor Verblüffung wurden meine Augen groß. -Vegas, was machst du hier?- fragte ich ihn und fasste an meinen Wangenknochen, der vor Schmerz pochte. -Dich retten, so wie es aussieht.- sagte er mit einem schiefen Grinsen und hielt mir ein Taschentuch hin. -Fass da nicht rein, nachher entzündet es sich und hinterlässt eine unschöne Narbe.- wieder bedankte ich mich und drückte nun das Taschentuch gegen die blutende Schramme. -Soll ich dich mitnehmen? Mein Wagen steht hier um die Ecke.- bot er mir an und ich wog seine Freundlichkeit ab.
Vegas war der Cousin meines besten Freundes und die beiden konnten sich auf den Tod nicht ausstehen. Allerdings war er mir selber nie negativ aufgefallen, also hielt ich mich aus diesen Angelegenheiten immer heraus. -Nein, ich wohne nicht weit von hier. Aber nochmals vielen Dank für deine Hilfe und einen schönen Abend noch.- verabschiedete ich mich und machte mich auf den Weg, als mir noch etwas einfiel. -Ach, kann ich dich bitten, das hier für dich zu behalten? Ich möchte nicht, dass es Kinn erfährt.- er sah mich einen Moment lang an und erwiderte dann. -Natürlich, ich habe gerne Geheimnisse vor meinem Cousin.- sagte er, zwinkerte mir zu und ging. Hoffentlich hielt er sein Wort, ich wollte weder Kinn noch Time von diesem Abend erzählen.
Der Schock und der Fußweg sorgten dafür, dass ich Zu Hause angekommen wieder nüchtern war. Es roch es nach Essen und nach Kerzen. Allerdings wollte ich Times Entschuldigungen nicht hören, also ging ich sofort ins Badezimmer, wo er mir die Badewanne mit heißem Wasser, Duftölen und noch mehr Kerzen vorbereitet hatte. Ich ignorierte alles, schloss hinter mir ab und ging unter die Dusche.
Nachdem ich meine Wunde verarztet und mich bettfertig gemacht hatte, ging ich in einem Bademantel umhüllt heraus und geradewegs an Time vorbei, der auf dem Sessel auf mich wartete. Als er mich sah sprang er auf und lief mir nach. -Taytay, warte. Lass uns reden. Es tut mir leid, ich wollte das nicht, es ist einfach so passiert. Aber ich liebe nur dich! ...- ich öffnete mein Arbeitszimmer mit meinem Handabdruck und ging rein. Die Tür fiel hinter mir ins Schloss und ich war allein. Dieses Türschloss im Arbeitszimmer war die beste Idee, die ich jemals hatte. Es kam niemand außer mir hinein und somit wurde dieses Bett nicht von einem seiner Liebhaber beschmutzt. Ich hatte ihm zwar gesagt, dass ich weg bin, wenn er unser Bett für sein Hobby nutzte, aber ich konnte heute trotzdem nicht neben ihm schlafen. Der Schmerz war immer noch unerträglich und er widerte mich an.
Erschöpft ließ ich mich ins Bett fallen und ließ meine Tränen, die den ganzen Abend darum bettelten, herauszukommen freien lauf. Wieso ließ ich es immer wieder zu? Wieso kümmerte es ihn nicht, dass er mich damit so sehr verletzte und wieso tat es immer wieder aufs Neue so sehr weh?
Gestern Nacht hatte ich geweint bis ich eingeschlafen war, weshalb meine Tränensäcke heute geschwollen und dunkel unterlaufen waren. Mein Veilchen war auch ein kleines Kunstwerk aus gemischten Farben, die je nach Winkel einen anderes Stärkegrad hatten.
Eigentlich wollte ich den ganzen Tag im Bett bleiben, aber ich war besorgt, dass er ging bevor wir uns sahen, also riss ich mich zusammen und ging in die Küche. Time hatte mir mein Lieblingsfrühstück vorbereitet und als ich mich auf den Hocker setzte, kam er von hinten und nahm mich in den Arm. Ich fühlte mich direkt besser und genoss seine Nähe. Der Schmerz verschwand langsam und seine Wärme taute mein Herz wieder ein Stück auf. -Ich habe dich vermisst, Taytay.- sagte er und klang traurig. Mein Herz wurde schwer und ich küsste seine Wange. -Ich habe dich auch vermisst.- sagte ich wahrheitsgemäß und lehnte mich mehr an seinen starken Oberkörper. Er hielt mich noch einen Moment fest, bevor er um den Tisch ging um sich mir gegenüber zu setzen. -Tay, was ist mit deinem Gesicht passiert?-
Nachdem ich ihm etwas von fehlender Deckung beim Kampftraining erzählte, fragte er nicht weiter nach. Nach dem Essen sagte er mir, dass er sich heute frei genommen hatte um mit mir shoppen zu gehen. Er wusste immer, wie er mich auf andere Gedanken bringen konnte, denn einer meiner Leidenschaften war Mode. Man konnte mich immer zufrieden stellen, wenn ich ein paar Stunden in Ankleidegeschäften verbringen konnte.
Fünf Stunden und Dreizehn Tüten später hatte ich bessere Laune und war bereit, Kinn und seinen Freund zu treffen. Time gab sich viel Mühe, alberte mit mir herum und ließ sich von mir neu einkleiden. Er schenkte mir seine volle Aufmerksamkeit und in solchen Momenten konnte ich alles Schlechte vergessen. Als wir ins Café kamen, saßen sie schon an einem der Tische und teilten sich ein Eis. Ich freute mich für Kinn, er sah zufrieden aus und er hatte dieses Glück wirklich verdient. -Hey, da seid ihr endlich!- rief er als er uns sah. Time zog für mich einen Stuhl zurecht und schob seinen nah an meinen. Unsere Knie berührten sich und er legte automatisch seine Hand auf meinen Oberschenkel. -Cool, dass es geklappt hat, wir haben uns viel zu lange nicht mehr gesehen!- Kinn klang euphorisch und schob uns unsere Kaffees rüber, die er schon bestellt hatte.
Wir quatschten über Gott und die Welt und gerade als wir aufstehen wollten, kam Vegas um die Ecke, gefolgt von seinem Bruder. Plötzlich fühlte ich mich unwohl. Ich hätte ihn gestern doch nicht um den gefallen bitten sollen. Er hatte mich jetzt in der Hand und nun bemerkte ich, wie dumm ich gewesen war, seine Hilfe anzunehmen.
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Seit dem du da bist
RomanceEine Geschichte über Tay und Vegas. Seid offen, ich war es auch