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Ruhe umgab mich. Mein Körper war leicht und mein Kopf leer. Ich schwebte auf einer Welle des Glücks und Zufriedenheit. Auch wenn ich jetzt sterben sollte, hatte ich für mich gekämpft.

Plötzlich erinnerte ich mich wieder an Time, der wie ein Verrückter Hand an mich gelegt und mit toten Augen all die Jahre voller Vertrauen zerstört hatte. Ich bekam wieder keine Luft. Meine Lungen weigerten sich zu Atmen und mein Kopf wurde immer schwerer.

Auf einmal hörte ich eine leise Stimme, die mich wie ein schützender Panzer umgab. Sie wurde immer deutlicher und ich wollte zu ihr. ...

-Tay! Bitte mach deine Augen auf!- Jemand klopfte gegen meine Wange und etwas drückte mein Handgelenk. Im Hintergrund waren mehrere Stimmen zu hören die alle durcheinander riefen, aber diese eine drang direkt in meinen Kopf. -Ich weiß dass du wach bist. Bitte! Mach deine Augen auf.-

Sobald ich wieder bei Bewusstsein war, kam die Panik. Ich zuckte und schreckte zurück, aus Angst Time würde noch in der Nähe sein. Ich atmete die Luft ein, die mir zuvor verwehrt wurde. Das letzte woran ich dachte, bevor alles schwarz wurde, waren seine emotionslosen Augen. Angsterfüllt sah ich mich um und entdeckte Vegas hinter mir. Sobald ich sein Gesicht erkannt hatte, fiel eine riesengroße Last von mir. Erleichtert hauchte ich seinen Namen und dann wurde mir übel. Im letzten Moment drehte ich mich zur Seite und übergab mich auf den Teppich. Vegas rutschte zu mir. Er platzierte eine Hand auf meine Stirn und mit der anderen malte er beruhigende Kreise auf meinem Rücken. Als nichts mehr aus mir heraus kam zog er mich an sich und legte seine Arme schützend um mich. -Sch, ich hab dich. Dir passiert nichts mehr.- flüsterte er mir immer wieder zu. In seinen Armen wurde ich ruhiger. -Wo ist er?- fragte ich ihn. Ich befürchtete, dass Vegas ihm etwas angetan hatte. -Er liegt hinter dir. Bewusstlos.- erklärte er und beobachtete mich. -Er kann dir nicht mehr weh tun.- Danach erhob er seine Stimme. -Bringt ihn zum Wagen. Ich kümmere mich später um ihn.- jetzt wurde mir klar, dass auch Nop und Eric hier waren. Als sie aufstanden und sich über Time beugten, sprang ich auf. -Fasst ihn nicht an!- Etwas wackelig auf den Beinen ging ich rüber. Er hatte eine Wunde am Kopf. So wie er da lag, ohne diese Wut sah er wieder aus wie der Time, den ich kannte.

Vegas blieb hinter mir stehen. -Gibst du mir dein Handy?- fragte ich ihn und hielt ihm meine Hand hin. -Was hast du vor?- fragte er, gab mir aber, worum ich ihn bat. -Er braucht Hilfe.- Ich hockte mich neben den Mann, der eine sehr lange Zeit die wichtigste Person in meinem Leben war und der gerade regungslos auf dem Boden lag. Ich strich über seine Stirn und wählte eine Nummer, die ich fast vergessen hatte. -Hallo, Dr. Ross. Hier ist Tay. Time braucht sie. Können sie herkommen? Ich glaube sie müssen ihn mitnehmen.- Er versicherte mir, sich sofort auf den Weg zu machen und dann legte ich auf. -Solltest du dir nicht lieber selber einen Arzt rufen, als für den Mann, der dich umbringen wollte?- warf Vegas ein. Ich drehte mich zu ihm und nahm seine Hand. -Vegas. Ich danke dir, dass du nach meinem Anruf herkamst und mir geholfen hast. Aber ich bitte dich jetzt zu gehen.- Vegas lachte kurz auf und erwiderte. -Ich werde dich nicht wieder mit ihm allein lassen. Wenn der Arzt kommt, kann ich den Raum verlassen, aber ich werde nicht gehen.- Seine Stimme ließ keinen Widerspruch zu und ein Teil in mir war froh darüber.

Vegas brachte mich in die Küche und fing an mein Gesicht zu verarzten. Sanft behandelte er die offenen Stellen. -Du bist gut darin. Ich spüre gar nichts.- Damit erntete ich mir ein wirklich süßes Lächeln. -Macau hat mich schon oft verarztet. Ich habe mir da was abgeguckt.-

Wenig später klingelte es an der Tür und Nop ging mit Eric um den Arzt hereinzulassen. Dr. Ross sah älter aus. Er hatte viele Falten bekommen und seine Harre waren grau. Ich begrüßte ihn. Als er Time sah, wies er seinen Kollegen, die er dabei hatte an ihn mitzunehmen. Danach schlug Dr. Ross vor, gemeinsam eine Tasche für Time zu packen. Zu zweit gingen wir ins Schlafzimmer und ich nahm Times große Sporttasche. Während ich Anziehsachen und Hygieneartikel verstaute, erzählte ich dem Therapeuten, von Times untreue und meine Entscheidung ihn zu verlassen. Dann schilderte ich ihm die letzten Stunden. Wir setzen uns in die Sessel und als ich fertig war, erklärte er mir, dass es ein Blackout gewesen sein könnte, wegen seiner PTBS. Er vermutete, dass die Tatsache, mich zu verlieren in ihm eine Panikattacke ausgelöst hatte und ihn zurück in sein alter Trauma brachte. An der Tür verabschiedete ich mich von ihm und Dr. Ross versicherte mir, Time die bestmögliche Unterstützung zu geben.

Seit dem du da bistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt