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Jeden neuen Tag, wachte ich mit dem Gefühl auf, allein zu sein, obwohl ich das nicht war. In meinem Haus leben zwanzig weitere Kinder und es war auch immer mindestens drei Erwachsene da, die sich die größte Mühe gaben, uns allen gerecht zu werden. Ich hatte mein eigenes Bett und sogar meinen eigenen Teddybär, der mich immer tröstete, wenn ich allein war. Wir spielten alle zusammen und obwohl das Essen knapp war, wurden wir alle satt. Trotzdem fehlte mir etwas, tief in mir. Ich wusste nicht was es war oder wie ich mich reparieren konnte. Zwischendurch dachte ich auch, dieses Gefühl gehörte zu mir, wie mein Arm oder meine Hand.

So lebte ich, jeden Tag. Bis zu dem Moment als wir Besuch bekamen. Ich erinnerte mich,  an die Schönheit, die die Frau wie einen Engel strahlen ließ und an die warmen Augen des Mannes. Sie sahen aus wie Könige aus den Märchen. Sie strahlten so viel Wärme aus, dass dieses komische Gefühl einfach verschwand.

Sie blieben einen ganzen Tag und aus genügend Entfernung beobachtete ich sie. Ich hatte das Bedürfnis, sie zu umarmen und nie wieder loszulassen, aber ich traute mich nicht. Ich befürchte, dass sie weglaufen würden, wenn sie mich sahen.

Es kamen immer mal wieder Besucher, doch mich übersahen sie. Ich war schon älter, als die anderen und hatte an meinem Hinterkopf eine blonde Strähne, die keiner mochte. Ich hasste meine Haare und meinen Körper. Wenn ich nur kleiner wäre, dann würde sich jemand mit mir unterhalten.

Die wunderschöne Frau und der Mann mit den warem Augen gingen wieder und für mich brach eine Welt zusammen. Sie hatten mich nicht gesehen und bestimmt waren sie gelangweilt von unserem Haus. Ich hätte ihnen Bilder malen und meinen Teddybär schenken sollen, vielleicht wären sie dann geblieben.

In dieser Nacht weinte ich, bis ich erschöpft einschlief. Und als am nächsten Tag, noch vor dem Frühstück, plötzlich die Frau und der Mann von gestern vor meinem Bett standen, konnte ich nur ungläubig meine Augen reiben.
-Gott, deine Augen sind voller getrockneter Tränen.- sagte sie mit der wärmsten und ruhigsten Stimme, die ich je gehört hatte. Ich sprang auf und holte sofort alle Bilder und Basteleien, die ich gesammelt hatte und lief zurück. Dann drückte ich ihnen alles in die Hände und nahm auch meinen Teddybär. Ich kuschelte mich noch einmal an ihn und gab ihn dem Mann. -Könnt ihr bleiben, wenn ich euch das gebe? Mehr habe ich nicht.-

Der Mann nahm den Bär entgegen und kniete sich vor mich. -Verrätst du uns deinen Namen?-
-Taykanor.- sagte ich etwas verschüchtert.
-Der ist wirklich toll. Taykanor, wir können leider nicht hier bleiben. Hier dürfen nur Kinder schlafen. Aber was hältst du von der Idee mit zu uns zu kommen? Wir haben ein Haus und einen Garten. Und dieser Teddybär darf auch mit.- Ich sah ihn mit großen Augen an. Sie wollten mich mitnehmen? Ich sah die wunderschöne Frau an und sie lächelte mir aufmunternd zu. -Jaa!- rief ich überglücklich.

So kam es, dass ich bei meinen Eltern lebte. Seit diesem Tag, war dieses leere schreckliche Gefühl weg und tauchte nie wieder auf. Ich wurde seit dem ersten Moment mit so viel Liebe überschüttet, dass ich nicht mal mehr über die Lerre nachdachte. Die ersten Nächte blieb mein Vater an meinem Bett sitzen. Ich fühlte mich unwohl allein zu schlafen und er hatte keine Sekunde überlegt, sondern einfach einen Stuhl dazugestellt.

Mit fünf Jahren, wurde ich im Kindergarten wegen meiner grauen Strähne ausgelacht und als meine Mutter es herausfand, färbte sie sich ebenso eine Strähne grau. Zuerst war ich wütend, weil sie sich ihre wunderschönen Haare ruiniert hatte, aber sobald ich sie ansah, erkannte ich, dass sie sogar mit diesem Makel perfekt war. Seit dem liebte ich die Farbe und seit über zehn Jahren färbte ich mir nun auch die vorderste Strähne in diesem Ton.

Als ich circa Zwölf war, erzählten mir meine Eltern ihre Geschichte. Sie hatten früh geheiratet und schnell entschieden Kinder großziehen zu wollen. Allerdings wollten sie einem bereits geborenen Kind ein zu Hause geben. Meine Mutter ertrug es nicht, dass all die Kinder auf sich allein gestellt waren. Nach ziemlich viel Papierkram, haben sie ein kleines Mädchen zugeteilt bekommen. Sie war wunderschön, mit heller Haut und tiefbraunen Augen. An dem Tag, als sie im Waisenhaus ankamen, wollten sie sie kennenlernen. Doch dann hatten sie einen kleinen Jungen gesehen, der sie mit riesigen Augen verfolgte. Er kam nicht näher aber trotz dieser Entfernung spürten sie eine Verbindung zu ihm. Am Abend sprachen sie dann mit einander und riefen keine zwei Stunden später in dem Heim an, um die Adoptionsunterlagen umtauschen zu lassen. Sie hatten sich auf den ersten Blick in mich verliebt und seit dem nie wieder den Wunsch empfunden ein weiteres Kind zu wollen.

Seit dem du da bistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt