Meine Werke wurden schon auf etlichen Ausstellungen präsentiert. Aber dieses Mal war es aufregender. Ich war der Höhepunkt dieser Vernisage und es erfüllte mich mit Stolz. Ich habe mich den ganzen Morgen vorbereitet, mein perfektes Outfit herausgesucht und alle Accessoires auf einander abgestimmt. In einer schwarzen hautengen Lederhose und einem lavendelfarbenen, mit Rüschen besetztes Croptop stand ich mit einem Champagner in der Hand und begrüßte die ersten Gäste. Eine goldene Taillenkette und zusammenpassende Ohrringe rundeten meinen Look ab. Ich fühlte mich wohl und bekam tatsächlich mehr Komplimente für mein Outfit, als für meine Bilder. Die Eröffnung war ein voller Erfolg. Enorm viele Interessenten waren gefesselt von meiner Reihe und versuchten sich schon die Bilder gegenseitig auszureden. Voller Glück nahm ich mir einen Moment Zeit um Fotos zu machen und um nachzusehen, ob Time sich gemeldet hatte. Ich hatte seit dem er losfuhr nichts mehr von ihm gehört und er hatte sich bisher auch nicht gemeldet. Als mich ein bekannter Modefotograph ansprach, packte ich mein Handy wieder weg und schenkte ihm meine gesamte Aufmerksamkeit. Er bot mir einem Modeljob für seine nächsten Aufnahmen an und gab mir seine Visitenkarte. Ich hatte noch nie darüber nachgedacht, aber es war ein Versuch wert.
Nach mehreren Interviews und Fotos nahm ich mir eine kurze Auszeit um den überwältigenden Eindruck auf mich wirken zu lassen. Meine Kunst hatte unzählige Menschen zusammen gebracht und sie mit einander verbunden. Es war eine Genugtuung. Ich hörte den Gästen zu, wie sie ihre Interpretationen über meine Arbeit offenbarten und war überrascht, wie viele Ansichtsweisen es gab. Während ich drüber nachdachte, spielte mir mein Kopf plötzlich einen Streich. Mir war, als hätte ich Vegas in einer Menschenmenge gesehen. Es war unmöglich und auch nur nur ein kurzer Augenblick, aber ich musste mich vergewissern. Ich hatte alles versucht um an Karten für meine Familie zu gelangen, aber es war nichts zu machen. Er konnte also nicht hier sein. Trotzdem lief ich in die Richtung, in der ich ihn gesehen hatte und sah mich suchend um. Es dauerte einige Zeit, aber dann entdeckte ich ihn, wie er meine Bilder begutachtete. Ich näherte mich ihm und blieb hinter ihm stehen. Ungläubig sah ich ihn an. Er schien zu versuchen, die einzelnen Bilder zu lesen und war so sehr vertieft, dass er mich nicht wahrnahm. -Schon eine eigene Interpretation?- fragte ich, mehr zur Überführung, als das ich eine ernsthafte Antwort erwartete. -Es ist eine neue abstraktere Art des Dadaismus. Der Künstler hat versucht der Kunstbewegung zu neuem Leben zu verhelfen. Durch die Bilder wird eine Normalisierung von Schönheit untergraben und die Kunst als Ausbruch der individuellen Existenz gesehen.- er lächelte und fügte noch hinzu. -Diese Bilder entsprechen deinem Charakter. Du versuchst auch immer wieder die Norm zu durchbrechen.-
Sprachlos und fasziniert von seiner beinahe perfekten Interpretation konnte ich ihn nur anstarren. Wie konnte es sein, dass er so viel von Kunst hielt, wir aber nie auf dieses Thema kamen? Aus heiterem Himmel tauchte eine Fotografin auf und riss mich aus meiner Starre. -Der Künstler und seine Muse!- und ein Blitzlichtgewitter folgte. Erschrocken sah ich Vegas an, der offensichtlich das selbe dachte, wie ich. -Lady, ich muss sie bitten diese Aufnahmen zu löschen. Ich sollte hier nicht abgelichtet werden und wenn das doch der Fall sein wird, verklage ich sie auf so viel Geld, dass noch ihre Enkelkinder ihr leben lang dafür arbeiten werden.- Vegas wirkte bedrohlich in seinem Auftreten und die Frau öffnete augenblicklich ihre Kamera um ihm die Negative zu überreichen. Nachdem er diesen erhielt, schenkte er ihr ein hinreißendes Lächeln und bedankte sich bei ihr. Als wir wieder allein waren sah er mich an. -Die Bilder sind fantastisch. Ich bin beeindruckt. Wenn du später nichts vor hast, sollten wir was trinken gehen, wenn wir schon in der selben Stadt sind. Meld dich, ich werde jetzt besser wieder gehen. Und herzlichen Glückwunsch.- Vegas machte auf dem Absatz kehrt, verschwand genau so schnell, wie er hier aufgetaucht war und ließ mich sprachlos zurück.
Die Party neigte sich dem Ende zu und nachdem wir mit der Crew essen waren, verabschiedete sich einer nach dem anderen. In einem Taxi, zurück ins Hotel versuchte ich mehrfach Time zu erreichen, aber es klingelte immer bis ich die Mailbox dran hatte. Ich begann mir Sorgen zu machen. War er gut angekommen? Ging es ihm gut? Es war ungewöhnlich den ganzen Tag nichts von ihm zu hören.

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Seit dem du da bist
RomanceEine Geschichte über Tay und Vegas. Seid offen, ich war es auch