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Macau POV:

Ich hasste es mit Vegas zu streiten. Es kam so gut wie nie vor, aber wenn dann dauerte es Tage, bis wie uns ausgesprochen hatten. Nur dieses Mal wollte ich nicht nachgeben. Er behandelte mich wie ein kleines Kind und das verletzte mich. Ich hatte ihm nie einen Grund dafür geliefert und mich immer an seine Regeln gehalten. Und dieses Wochenende hätten Key und ich endlich Mal die Gelegenheit allein zu sein. Seine Eltern waren weg und er hatte mir versprochen für mich zu kochen und wir wollten mit seinen Freunden eine Quadtour machen. Er hatte sich so viel Mühe mit der Planung gegeben, aber Vegas hatte alles verdorben.

Niedergeschlagen saß ich auf der Treppe vor dem Gebäude meines Klassenzimmers und wartete auf ein Wunder. Wieso konnte sich mein Bruder nicht dieses eine Mal einen Ruck geben?
Auf einmal wurden mir die Augen zu gehalten und jemand setzte sich genau hinter mich, nur eine Stufe drüber.
-Stell dir vor, du bist im Weltraum. Du schwebst zwischen den Planeten und kannst die Sterne anstupsen, damit sie sich drehen und die Menschen auf der Erde ihr funkeln betrachten können. Da oben spielen Tag und Zeit keine Rolle. Dann ist es egal, wann wir dieses Wochenende nachholen.- Keys Fantasievorstellung heiterte mich auf. Ich konnte nicht anders als zu lächeln und mich auf seine Hände zu konzentrieren. Er hatte sie ganz vorsichtig auf meine Augen gelegt und sein Atem kitzelte mein Ohr, während er sprach. Als er seine Hände wieder von meinen Augen nahm, sah die Welt viel fröhlicher aus.
-Sollen wir bis heute Abend was machen? Wir könnten Eis essen gehen und in die Buchhandlung fahren, dann können wir ein neues Buch aussuchen.- schlug er vor. Key hatte sich angewöhnt mir abends am Handy seine Bücher vorzulesen. Seine Stimme war wunderschön und mit ihr konnte ich einfach besser einschlafen. Wie konnte er nur so verständnisvoll sein? Ich hatte mich bei ihm furchtbar aufgeregt, weil Vegas ohne Erklärung nein gesagt hatte, aber er sagte nur es wäre ok und dass wir Zeit hatten.
-Ja, das klingt schön. Ich muss nur heute Abend was früher zu Hause sein. Tay war heute im Krankenhaus und ich will wissen, was die Ärzte gesagt haben.-

Gemeinsam gingen wir zu Tip, der schon am Tor auf mich wartete und fuhren in die Stadt. "Ich bin noch in der Stadt, komme heute Abend nach Hause." Schrieb ich Vegas. Wir hatten damals ausgemacht, dass ich ihm bescheid sage, wenn ich nach der Schule noch etwas vor hatte, nur mit wem wollte ich ihm nicht sagen, sonst würde er wahrscheinlich auch deswegen sauer werden.

Key und ich waren zusammen seit wir im Hotelzimmer auf eine gute Nachricht gewatet hatten, auch wenn wir es noch niemandem gesagt hatten. Seine Eltern waren sehr streng und er hatte Angst, dass sie ihn dafür bestrafen oder verstoßen würden. Ich verstand es. Würde Vegas Frauen daten, hätte ich auch wahnsinnige Angst ihn zu enttäuschen, aber er hatte mir schon von klein an gesagt, dass ich jeden lieben darf und mich für nichts schämen musste. Dank ihm habe ich immer auf mein Herz vertraut. Es gab auch schon Mädchen die ich sehr süß fand, aber das mit Key war anders. Er hatte einen besonderen Platz in meinem Herzen eingenommen.

Wir verbrachten einen wirklich tollen Nachmittag und an Tips Auto verabschiedeten wir uns.
-Sei nicht traurig. Wir telefonieren heute Abend.- versprach er mir noch und ging dann zurück in die Stadt. Zurück im Auto sah mich Tip mitfühlend an. -Sollen wir die neue Erweiterung für das Computerspiel auftreiben?- fragte er und wackelte mit seinen Augenbrauen. Tip schaffte es immer wieder meine Stimmung zu verbessern. Lachend winkte ich ab. -Nein, schon gut. Im Moment spiele ich nicht mehr so viel.-

Damals, als wir noch bei Vater gelebt hatten und ich sobald ich aus der Schule kam immer auf mein Zimmer geschickt wurde, hatte ich stundenlang alles mögliche gezockt. Jetzt bei Tay wurde es langweilig am Computer zu sitzen. Ich hatte Haustiere um die ich mich kümmern musste und ich konnte kochen oder im Wohnzimmer mit Tay sitzen und quatschen. Wir haben auch schon oft mit allen auf der Terasse gesessen und bei Musik gegrillt. Alles war besser, seit mein Vater gestorben war. Ich war anfangs traurig, aber nicht weil ich ihn vermisst oder seinen Tod betrauert hatte, sondern weil ich nicht wusste, wie es weiter geht und ob ich bei Vegas bleiben durfte. Aber es hat sich alles zum Guten gewendet.

Seit dem du da bistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt