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Zu Dritt gingen wir leise und vorsichtig durchs Gebäude. Es war ein leerstehendes Haus und durch die Fenster erkannte man Bäume und Wasser. -Ich weiß wo wir sind. Das ist eins der Safehäuser.- sagte Nop leise. Wir sind bisher keinem einzigen Menschen begegnet. Vor der Eingangstür, die ebenfalls abgeschlossen war, überlegten wir, was wir als nächstes machen werden. Keiner hatte ein Handy oder Geld dabei und in den Verstecken im Haus, war auch alles ausgeräumt. -Wir werden Stunden damit verbringen, auf eine befahrene Straße zu kommen.- sagte Nop genervt. Mein Wille verließ mich. Wenn ich hier war, weit weg und abgeschottet von der Außenwelt, wie sollte ich etwas ausrichten? Immer wieder sah ich Vegas vor mir, der vor seinem Vater, kniehend um mein Leben bettelte. Wieso konnten wir nicht einfach glücklich sein. Wieso nahm mir mein Leben immer wieder mein Herz? War es der Preis, den ich zahlen musste, weil ich dieses Leben niemals hätte haben sollen? Kraftlos ließ ich mich auf den Boden fallen. Wieso muss Vegas immer so viel Scheiße erleben? Er ist Gott weiß wo, weil ich hier im nirgendwo festsitze! Wütend schlug ich auf die Dielen, bis meine Hand taub wurde. -Tay! Hey, hör auf! Sei leise!-
-Wieso hat er mich nicht einfach erschossen? Macau ist außer Gefahr. Wenn ich nicht mehr wäre, könnte Vegas endlich tun, was er möchte. Stattdessen muss er sich den Wünschen von Ken beugen.- Verzweifelt sah ich mich im Spiegel an, der an der Wand angebracht war. Ich sah mich. Mein Durchschnittsgesicht mit meinem Durchschnittskörper und konnte nicht verstehen, wieso Vegas mich gewählt hatte. Er sollte seine Ansprüche höher schrauben, dann hätte er jetzt jemanden an seiner Seite, der ihm bei stand und mit ihm diesen Krieg führte.

Plötzlich spürte ich einen Schmerz an meiner sowieso schon beschädigten Wange. Mein Kopf gab nach und durch die Wucht, zog sich mein Nacken zusammen. Ich war raus aus dieser Gefühlsachterbahn und sah Nop an, der vor mir kniete und mir gerade eine verpasst hatte. Er legte seine Hand auf meine Stirn und sagte. -Du hast Fieber. Alles was du gerade fühlst, ist darauf zurückzuführen. Wir müssen dringend hier weg und dich in ein Krankenhaus bringen.-
-Du bist tot. Wenn Vegas davon erfährt bist du tot.- sagte Tip immer wieder, doch Nop beachtete ihn nicht. Er zog mich hoch und ging mit mir zum nächsten Fenster. Er öffnete es und half mir raus. Die Ohrfeigen hatte ich gebraucht. Mein Kopf war wieder klar und ich hatte mein Ziel wieder vor Augen.

Nachdem sich auch Nop und Tip durch das Fenster gezwungen hatten, gingen wir los. Nop stellte sich als unverwüstlich heraus. In seinem Zustand hätte ich nicht mal meinen Arm heben können, aber er half uns, diese Situation zu überstehen. Ich dachte immer, er war eher ein Sekretär, aber jetzt wusste ich, wieso Vegas ihn respektierte. -Wie geht es dir?- fragte er mich irgendwann. -Du siehst nicht gut aus, wenn es nicht mehr geht, dann trage ich dich.-
Kopfschüttelnd sagte ich. -Mir geht's wieder gut, danke.- Das Danke war auch dafür, dass er mich aus meinem Wahnsinn geholt hatte. -Hätten wir mal was zu trinken mitgenommen.- sagte Tip. Wir stimmen ihm zu und schwiegen dann wieder vor uns hin.

Nach gefühlten fünf Stunden, kamen wir endlich an einer Straße an. Ich konnte es nicht fassen. Wir hatten es geschafft. Doch die Euphorie verschwand nach einer weiteren Stunde, ohne ein einziges Auto auf der Straße. Mein Herz raste und meine Sicht verschwamm immer wieder, aber ich musste durchhalten.

Als ein Auto hinter uns auftauchte, versperren wir die Straße. Die Dame sah uns sehr erschrocken an. Wir hätten wenigstens das Blut aus unseren Gesichtern wegwaschen sollen, niemand würde so für uns halten. Nop klopfte an die Scheibe und sie ließ wirklich ihr Fenster einen Spalt hinunter. -Entschuldigen sie, könnten sie uns mit in die Stadt nehmen?- Erwartungsvoll sah ich sie an.
-Es tut mir leid, aber mir wäre nicht wohl, mit allen von ihnen in meinen Wagen.-
-Dann nehmen Sie einen mit. Er,- sagte Nop und zeigte auf mich. -Er hat eine Wunde, die sich wahrscheinlich infiziert hat.-
-Warte, nein. Fahr du mit. Du brauchst eine Infusion. Du zitterst am ganzen Körper.- warf ich ein. Nop würde mit Sicherheit vor mir aufgegeben.
-Tay, bitte. Lass mich einfach meinen Job machen!- Nop war sauer.
-Ich glaube, ich sollte keinen mitnehmen. Entschuldigen sie, aber ich fühle mich mit sogar einem fremden Mann unwohl.- Entschuldigend sah sie Nop an, der sich versuchte zu fangen. -Das verstehe ich, aber könnte ich wenigstens ihr Telefon benutzen, oder rufen sie jemanden für mich an und geben sie ihm den Standort durch.-
Sie dachte kurz nach und dann nickte sie. -Das kann ich tun. Nennen sie mir die Nummer.-

Seit dem du da bistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt