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Wenn ich mir vor einem Jahr Gedanken über meine Zukunft gemacht hätte, wäre sie wahrscheinlich so trostlos und schmerzhaft, wie die Zeit vor Vegas. Obwohl ich mir selber und allen um mich herum eingeredet hatte, dass es mir gut ging, spürte ich immer tief in mir drin, wie der Schmerz meinen Tag beherrschte. Doch jetzt wurde mein Leben von Liebe Glück und Zufriedenheit begleitet. Dank Vegas hatte ich wieder gelernt ohne Bedenken in den Tag zu starten.

Ich verbrachte meine Vormittage mit Yoga oder in der Kampfsporthalle und saß danach meistens bis spät abends in meinem Atelier. Macau hatte seit Vegas Geburtstag nicht mehr von Key geredet, allerdings verbrachte er weiterhin viel Zeit mit ihm. Sehr oft auch bei uns zu Hause und mittlerweile war ich mir sicher, dass er mich wirklich nicht leiden konnte. Trotzdem versuchte ich für Macau das Beste in Key zu sehen und meine Gedanken für mich zu behalten.

Vegas und Kinn saßen jede freie Minute zusammen, weil sie entweder die Erweiterung des Geschäfts planten oder immer noch nach dem Typen suchten, der die Umschläge verschickt hatte. Allerdings war er wie vom Erdboden verschluckt. Ich hatte die Vermutung, dass er sich ins Ausland abgesetzt hatte, nachdem Vegas zwei seiner Männer das Leben nahm, aber davon wollen er noch Kinn nichts hören. Dazu kam, dass Vegas meinem Vater bei einem riesen Bauprojekt half. Woher er all seine Energie nahm, hatte ich noch nie verstanden. Vor allem, weil er immer Zeit und Kraf für mich übrig hatte. So wie an diesem Wochenenden, wo er mit mir morgen früh wegfahren wollte. Auch auf mein betteln, konnte ich nicht herausbekommen, wohin es ging, aber ich freute mich.

Vollkommen in meinen Gedanken vertieft saß ich vor meiner Leinwand als plötzlich mein Handy klingelte. Es war schon sehr spät, weshalb ich zuerst an Vegas dachte. Nachdem ich meine Hände an einem Tuch abgewischt hatte sah ich auf den Bildschirm und entdeckte Macaus Nummer. -Hi, ich bin im Atelier. Warte ich mache dir auf.-
Meine erste Vermutung war, dass er mich gesucht hatte um einen Film mit mir zu sehen, aber als ich laute Stimmen, Musik und Motorengeräusche hörte, wurde mir anders. -Macau, wo bist du?!-
-Bitte werd nicht wütend.- sagte er leise. Er klang verängstigt, was meine Sorge um ein fünffaches ansteigen ließ. Macau sollte eigentlich in seinem Zimmer sein. Er hatte nach dem Essen entschieden sich hinzulegen und vorgeschlagen, dass er sich meldet, wenn er später doch noch einen Film sehen wollte. Ich atmete einmal tief durch, lief aber schon mit schnellen Schritten nach unten. -Kannst du uns bitte abholen? Und Verrat Vegas nichts. Er wird mir den Kopf abreißen.-
-Ich bin auf dem Weg. Wo bist du?- sagte ich und lief in Erics Zimmer. Leer.
-Ich schicke dir die Adresse. Mein Akku hält nicht mehr lange. Bitte beeil dich.-
Und dann war die Leitung tot. Mit meinen Autoschlüssel und meinem Portmone in der Hand rannte ich zur Garage und lief die Treppen hoch zum Trainingsraum. -Eric!- rief ich laut, aber außer Boxgeräuschen hörte ich keine Antwort. Als ich oben ankam, sah ich ihn am Boxsack mit Kopfhörer. Er trug nur Shorts und ein Boxershirt, was nicht das schlechteste Outfit war um nachts jemanden einzusammeln. Ich hingegen trug immernoch meine alte verwaschene bequeme Jeans und ein weites Muskelshirt, was über und über mit Farbe versehen war. Ich tippte Eric an und lief schon wieder Richtung Treppe um keine Zeit zu verlieren. -Macau hat Mist gebaut. Komm! Wir müssen los.-

Eric warf sich ein Handtuch um die Schultern und war mit mir zusammen am Wagen. Wir stiegen ein und während er die Ausfahrt los fuhr, öffnete ich Macaus Standort. Er war am Stadtrand bei den Containern. Dort wurden seit ich denken kann Boxkäpfe und Autorennen veranstaltet. Was zum Teufel trieb er dort? War er verletzt? Was war passiert?
Unendlich viele Fragen schossen durch meinen Kopf, aber eine Sache wusste ich ganz sicher. Key war bei ihm.
-Wohin fahren wir?- fragte Eric und wischte sich die Stirn mit dem Handtuch ab. Ich schilderte ihm die Situation, bis zu dem Moment, wo ich ihn gefunden hatte.
-Vegas wird durchdrehen, wenn er davon erfährt.- Analysierte Eric die Situation. -Scheiße! Wir sollten ihn anrufen.- fügte er genervt hinzu.
-Nein, erst sollten wir Macau wieder heil bei uns haben. Er wäre sowieso erst nach uns da und ich will ihn nicht zusätzlich belasten.- entschied ich und stellte beim Versuch Macau erneut anzurufen fest, dass nur noch die Mailbox ran ging.
-Vegas wird es erfahren! Er kennt genug Leute und nur einer muss Macau, mich oder dich erkennen.-
-Ich werde es ihm sagen, aber erst wenn ich weiß was passiert ist und dass es Macau gut geht.- Keine Geheimnisse, das war der Deal und daran würde ich mich immer halten.

Seit dem du da bistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt