•Marks Sicht•Bevor wir gegen halb neun am Fähranleger ankamen machten wir noch eine Pause. Es gab aber auch noch genug Zeit als wir darauf warteten, auf die Fähre fahren zu dürfen. Wir standen in einer langen Autoschlange und sahen immer wieder hoch zu der Ampel, auf deren Grün es ankam. Da aber auch viele um uns herum nochmal ausstiegen und aufs Klo gingen oder eben mit dem Hund kurz an die Seite, taten wir es ihnen gleich. Noch fuhren Autos und LKW von der grade angekommenen Fähre runter, dann erst würden wir rauffahren können. Bereits jetzt versuchten wir uns unauffällig zu verhalten, da wirklich viele Deutsche um uns herum waren, obwohl nicht unbedingt Hauptsaison war. Irgendwann fuhr dann die erste Spur los aufs Deck und wir setzten uns schnell ins Auto. Langsam fuhren wir also auf das große Schiff, immer den Anzeigen der Menschen in Warnweste folgend. Im Inneren der Fähre wurde es logischerweise etwas dunkler und vor allem sah alles sehr mechanisch und metallisch aus. Möglichst weit fuhr ich noch vor, bevor ich das Auto abstellte.
Wir mussten jetzt aussteigen und mit Kiwi aufs Deck gehen, da man im Auto nicht bleiben durfte und zugegebenermaßen auch nicht wollte. Zügig holten wir also die Hündin aus ihrer Box und nahmen ein paar unserer Sachen bevor wir zu einer der Türen gingen. Die schwere Metalltür, ging durch einen roten, sehr verdächtig aussehenden Knopf auf, was aber wohl völlig normal war und so traten wir schnell ins Treppenhaus und gingen ein paar Treppen rauf. Lena trug Kiwi noch, da es einfacher war. „Nimmst du Kiwi kurz, ich würde eben aufs Klo gehen", bat sie mich als wir auf einem der Aufenthaltsdecks angekommen waren. „Klaro", lächelte sofort und nahm ihr die Leine ab, als sie Kiwi abgesetzt hatte. Es dauerte nicht allzu lange aber Lena schien froh wieder raus zu sein, als sie wiederkam. „Gott, diese Spülungen klingen, als würde alles so eingesogen werden. Ich hab mich jedes Mal erschrocken, wenn einer gespült hat", erzählte sie und musste dann selbst ein bisschen schmunzeln. Ich nahm kopfschüttelnd und ebenfalls mit einem kleinen Grinsen ihre Hand, um sie dann sanft mitzuziehen in Richtung eines der Restaurants. Kiwi folgte uns ganz brav und so setzten wir uns ans Fenster um zu essen. „Hat was, der Blick aufs Meer", meinte sie. Ich nickte. „Bist du seekrank?", wollte ich dann wissen. „Eigentlich nicht, wieso? Meinst du es wird dolle schaukelig?", fragte sie zurück. Ich zuckte nur mit den Schultern und biss in mein Brötchen. Langsam wurde es voller und schließlich merkten wir dann auch, dass wir abgelegt hatten und es losging. Eine Dreiviertelstunde sollte die Fahrt dauern.
Als wir aufgegessen hatten, gingen wir mit Kiwi auf eines der Außendecks. Wir wollten mal ein bisschen rausgucken. Kaum standen wir draußen, flogen Lena alle Haare ins Gesicht, was wahnsinnig lustig und irgendwie auch süß aussah. Kiwi schüttelte sich einmal und sah sich dann neugierig um, da sie ja auch nicht der einzige Hund hier war. „Gehen wir mal als Geländer?", fragte ich Lena dann, die mühsam ihre Haare unter Kontrolle brachte, dann aber nickte. Also traten wir ein bisschen weiter an den Rand des Schiffes und beobachteten die Wellen etwas genauer. Es schaukelte tatsächlich nicht allzu sehr und so standen wir noch eine Weile draußen. Irgendwann gingen wir aber wieder rein und suchten uns einen Platz, wo wir einfach sitzen und rausschauen konnten. Ich war auch noch ziemlich müde, da ich ja seit vier Uhr morgens Auto gefahren war. Lena hatte die meiste Zeit geschlafen. „Ich fahre gleich weiter, hm?", schlug sie deshalb vor und lehnte sich an mich. Müde nickte ich. Wenn nicht so viele Leute um uns herum gewesen wären, hätte ich die Augen zu gemacht und einfach ihre Nähe genossen aber so fühlte ich mich immer ein bisschen beobachtet. Ganz unbegründet war das auch nicht, wie sich spätestens zeigte, als ein kleines Mädchen zu uns kam und verlegen nach einem Foto fragte. Die Eltern beobachteten sie von ein paar Tischen weiter und lächelten uns nur kurz zu. Es war ihnen anzusehen, dass sie uns eigentlich nicht stören wollten, ihrer Tochter den Wunsch aber auch nicht hatten abschlagen können. Wie auch, wenn diese blauen Augen einen so ansahen? Da machten wir auch gerne kurz zwei Fotos. Eins mit Lena und eins mit mir. Zusammen machten wir nie welche, das hatten wir von Anfang an so beibehalten. Zum Glück schien die Aktion aber keinen wirklich zu interessieren. Jedenfalls gab es keine weiteren Fotowünsche und so konnten wir einfach weiter abwarten bis die Ansage kam, dass wir wieder ins Auto konnten und bald dabei waren anzulegen. Bevor alle losliefen, machten wir uns schnell auf den Weg nach unten. Schon im Treppenhaus hörte man laut die Alarmanlagen von einigen Auto und Kiwi begann fast sofort mit zu jaulen. Lena lachte darüber nur und setzte sie in die Hundebox im Kofferraum. „Warum gehen die ganzen Alarmanlagen los?", fragte sie dann genervt als wir eingestiegen waren. „Wahrscheinlich vom Seegang... immerhin bewegen sie sich, obwohl der Motor aus ist", gab ich zu bedenken. „Wahrscheinlich", seufzte sie. Langsam ging vorne dann die Klappe herunter und als die Lampen an der Decke grün aufleuchteten, durfte Lena den Wagen starten und wenig später fuhren wir auf's dänische Festland. Noch ein paar Stunden, dann wären wir in Schweden.
Seid ihr schon mal Fähre gefahren?

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Der Weg des Lebens
FanfictionAlles beginnt mit einer Wanderung zu sich selbst gespickt mit Erinnerungen und neuen Gedanken. Was daraus entsteht ist bei Erreichen des Ziels jedoch noch immer fraglich. Eine Geschichte aus Sicht von Mark Forster. Auszug aus Teil 15: Sofort saß ich...