•Marks Sicht•Am nächsten Tag hatte ich eine Menge Termine in Berlin. Immerhin wäre ich am Abend wieder zu Hause. Lena wollte Kiwi abholen, ins Studio und wir wollten schauen, ob wir uns heute Abend sehen würden. In einem Moment, in dem ich etwas mehr Zeit hatte, verzog ich mich kurz ins Auto und rief meine Mutter an. Es gab da noch was zu besprechen.
Nachdem ich ihr etwas mühsam erklärt hatte, wie man einen Videoanruf machte, taten wir dies. Ich wollte ihr das wenigstens ein bisschen persönlicher sagen. Wie immer freute sie sich mich zu hören und warf mir vor, dass ich mich viel zu selten melden würde. Ich entschuldigte mich, ehe das eigentliche Gespräch losging. „Also... eigentlich rufe ich wegen Weihnachten an", begann ich. Interessiert sah sie in die Kamera ihres Handys, wenn auch aus einem etwas seltsamen Winkel. Mütter eben. „Also, ich komme ja an Heiligabend zu euch", sagte ich, was sie bestätigte. „Ich würde am ersten Weihnachtsfeiertag wegfahren... aber", sie unterbrach mich sofort. „Marek! Du bleibst! Es ist Weihnachten! Deine ganze Familie freut sich dich zu sehen!", regte sie sich auf. „Ja, ja, ja. Ich komme ja auch direkt am nächsten Tag wieder, versprochen. Nur... eine gute Freundin braucht mich an dem Tag mal für ein paar Stunden", erklärte ich. Ich brachte es nicht übers Herz, ihr am Telefon von Lena zu erzählen. Das sollte sie schon wirklich persönlich erfahren. „Wir brauchen dich auch für diese Stunden", argumentierte Mama. Ich seufzte. Es war klar, dass es schwer werden würde, meine Mutter zu überreden, für einen Tag von der Feier zu verschwinden, aber so schwer? „Es tut mir auch leid... ich möchte nur gerne bei der Überraschung helfen. Diese Freundin von mir plant, ihre Eltern zu überraschen mit einem kleinen Lied und ich hab ihr schon bei der Vorbereitung geholfen", erklärte ich. Ich wusste nicht, dass es mir so leicht fiel meine Mutter anzulügen. So richtig zu glauben schien sie es auch nicht aber sie schwieg erstmal. „Ich verspreche dir, ich bin am nächsten Tag gegen Mittag wieder da", wiederholte ich. „Hach... Marek... man kann dich ja doch nicht aufhalten", seufzte sie. Ich atmete tief durch. Es war geschafft. Ich konnte am 25.12. zu Lenas Mutter fahren, wie mit Lena abgesprochen. „Danke, Mama... wir sehen uns dann Weihnachten? Ich muss weiterarbeiten", versuchte ich mich zu verabschieden. Das klappte natürlich nicht. Mama hielt mich noch minutenlang vom Auflegen ab und wollte alles mögliche wissen. Ich hatte ganz schön Mühe, mich nicht zu verplappern, als sie fragte, was ich so gemacht hatte die letzten Tage. Denn beim Gedanken daran hatte ich sofort Lena vor Augen.
Nachdem ich endlich auflegen durfte musste ich mich ganz schön beeilen rechtzeitig beim nächsten Interview zu kommen aber ich schaffte es. Weihnachten war geplant. Es fehle nur noch ein Geschenk für Lena. Langsam bekam ich fast ein bisschen Angst, dass mir nicht rechtzeitig etwas einfiel. Zwei Wochen hatte ich noch Zeit.
Der letzte Termin des Tages war eine Besprechung. Und die zog sich wie Kaugummi. »Bist wohl noch unterwegs... mach nicht zu lange. Wir sehen uns morgen, hab dich lieb ❤️«, schrieb Lena mir irgendwann zwischendrin. Verwundert sah ich auf die Uhr und die Verwunderung wurde größer. Schon 22 Uhr?! Wie lange saß ich denn schon hier? Ich tippte schnell eine Antwort: »Ich bin noch in der Besprechung... gute Nacht, hab dich auch lieb❤️« Mir fiel es so viel leichter diese Worte zu tippen, als sie auszusprechen. Ich glaube wirklich gesagt hatte ich ihr das noch nie. „Mark?", fragte Dennis plötzlich. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich in Gedanken war. „Hm?", meinte ich nur etwas kleinlaut. „Wir machen Schluss für heute, wenn du nichts mehr zu sagen hast", erklärte er. „Ja, dann... danke euch, schönen Abend noch", lächelte ich in die Runde. Alle standen auf, packten ihre Sachen und unterhielten sich noch bis wir auf dem Parkplatz waren und jeder zu seinem Auto ging. Auch ich setzte mich hinters Steuer. Kurz überlegte ich, ob ich noch zu Lena fahren sollte aber wahrscheinlich schlief sie jetzt schon. Seufzend startete ich den Motor und fuhr heim.
Ich schloss meine Wohnungstür auf und schaltete Licht an. Es war wieder so still, so leer. Aber jetzt war ich mir langsam ziemlich sicher, was fehlte: Lena. Sie füllte die Wohnung mit Leben, wenn sie hier war und so waren es einfach nur leere Räume mit toten Ecken und stummen Flächen. Schnell begab ich mich ins Bett. Sofort musste ich lächeln, als ich Lenas Geruch in der Decke bemerkte. Ich wollte sie an mich ziehen und ihr einen Kuss geben, um ihr zu zeigen, dass ich sie die ganze Nacht nicht loslassen würde. Stattdessen zog ich die Decke höher und versuchte zu schlafen. Allerdings drehte ich mich nur hin und her. Als ich nach ein paar Stunden immer noch nicht richtig in den Schlaf gefunden hatte stand ich entschlossen wieder auf. Dann fuhr ich halt zu Lena. Hoffentlich würde sie nicht sauer sein, wenn ich sie weckte.
Ich zog mir eine Jogginghose und eine Jacke drüber und griff grade nach der Türklinke, als es plötzlich klingelte und ich vor Schreck zusammenzuckte. Etwas verwirrt öffnete ich die Tür und sah in Lenas Gesicht, die überrascht schien, dass ich so schnell an der Tür war. Einen Moment lang sahen wir uns nur an. Eine Ruhe breitete sich in mir aus, sobald ich in ihre braunen Augen sah. „Du... wolltest noch weg", stellte sie plötzlich fest, als sie sah, dass ich eine Jacke trug. „Ähh... ja... zu dir", gab ich zu und spürte die Wärme in meine Wangen steigen. Sie lächelte irgendwie zufrieden aber auch ein wenig belustigt und trat endlich richtig ein, sodass ich sie küssen konnte. Sie kicherte in den Kuss. Ein leises, zurückgehaltenes Bellen von Kiwi unterbrach uns. „Oh, Entschuldigung", murmelte ich grinsend und begrüßte sie mit einer kleinen Streicheleinheit. Dann war sie zufrieden und tapste ins Wohnzimmer. Lena sah ihr verträumt nach. Sie liebte diesen Hund so sehr, da würde ich wohl nie rankommen aber das war irgendwie auch schön. „Kommst du jetzt mit ins Bett?", fragte ich sie schließlich, als ich gähnen musste. „Klar, aber nur wenn du die Jacke und die Schuhe ausziehst... mindestens", meinte sie grinsend. „Für dich zieh ich auch mehr aus", gab ich lachend zurück, was sie rot werden ließ. Es war zu spät für logische Gespräche. Also fielen wir einfach nur ins Bett. Sie in meinem Shirt und ich ohne, wie die letzten Tage auch schon. Endlich konnte ich sie an mich ziehen und ihr noch einen Kuss geben. „Schön, dass du da bist", flüsterte ich. Das war weniger als sie verdient hatte zu hören aber immerhin etwas. Und sie lächelte daraufhin glücklich, ehe sie mir noch einen Kuss gab. „Gute Nacht", meinte sie leise. „Dir auch, träum schön", gab ich zurück aber das bekam sie schon kaum noch mit. Somit konnte auch ich doch noch mit der Gewissheit einschlafen, dass sie sicher war und sich wohlfühlte. Vielleicht war es neuerdings das, was es so schwer machte, ohne sie einzuschlafen. Ich wusste nie so sicher dass es ihr gut ging, wie wenn ich sie bei mir hatte. Aber das hatte ich ja jetzt und alles war gut.
Da haben sich wohl Zwei vermisst.😉☺️

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Der Weg des Lebens
FanfictionAlles beginnt mit einer Wanderung zu sich selbst gespickt mit Erinnerungen und neuen Gedanken. Was daraus entsteht ist bei Erreichen des Ziels jedoch noch immer fraglich. Eine Geschichte aus Sicht von Mark Forster. Auszug aus Teil 15: Sofort saß ich...