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•Marks Sicht•

Am nächsten Morgen wachte ich etwas später auf, als am Vortag. Allzu erholsam war der Schlaf nicht. Ich frühstückte Knäckebrot mit Marmelade, was sich als überraschend lecker herausstellte. In dieser Hütte gab es keinen Strom, weshalb mein Handy leer war. Seufzend packte ich es weg. Wieso hatte ich keine Uhr mitgenommen? Allerdings war es ja auch eigentlich egal, wie spät es war. Ich ging wieder leise raus und aufs Klo. Diesmal zog ich mich sogar draußen um, weil hier wirklich niemand war. Zu guter letzt noch das Gästebuch: »Hey, Hey! For now, this is my only Swedish word. So the journey started and my thoughts came to me, so I can try to understand them. This night was restless but I think it's normal, if you try to remember the last years' situations to find out why you acted, as you did. For today I think I could get more answers to this question. Best wishes, Mark« Wieder machte ich ein Foto vom Eintrag, diesmal mit der kleinen Kamera, die ich dabei hatte. Mein Handy war ja leer. Dann setzte ich meinen Rucksack auf und los geht's. Der Weg sollte etwa vier Stunden dauern aber an einem Badesee vorbeiführen, wo ich definitiv eine Pause machen würde. Nach ein paar Minuten kam ich bereits an einem anderen See vorbei. Hier sollte die Wasserqualität besonders gut sein, hatte ich gelesen. Dennoch kochte ich die kleine Menge Wasser ab, bevor ich sie in meine Trinkflasche füllte. Ein Mini-Gas-Herd war immer gut für sowas. Dann ging's weiter. Nach ein paar weiteren Kilometern führte mich der weg an einigen Steinhaufen vorbei zu dem Badesee. Es war Vormittag und ein paar Leute waren tatsächlich schon dort. Ich stellte meine Sachen ab und zog mir eine Badehose an, bevor ich baden wollte. Wenigstens ein bisschen sauberer werden. Bis dahin waren die drei Kids die vorher schwammen weg und ich war doch allein am See. Das Wasser war nicht besonders warm, vielleicht so 19°C aber für ein paar Minuten ganz okay. Er tat gut einfach mal ein paar Runden zu schwimmen und die Kälte anzunehmen. Das war kein Vergleich zu Südafrika, auch der ‚Strand' hier war mehr eine kleine Rasenfläche mit Sandübergang ins Wasser. In der Abendsonne Südafrikas hatte ich mit Lena am letzten Abend vor der Abreise einfach nur die Füße im Sand vergraben und geschwiegen. Es hatte sich angefühlt, als wären wir ganz für uns und niemand würde auf uns warten.

-Rückblende-
Wir standen am Strand und sahen aufs ruhige Meer, in dem sich die Abendsonne spiegelte. Nach ein paar Minuten spürte ich, wie ihre Finger ganz zaghaft meine Hand berührten und wir schließlich unsere Finger miteinander verschränkten. Es war ein wahnsinnig schönes Gefühl, so mit ihr hier zu stehen. In mir kribbelte alles bis in die letzte Haarspitze. Irgendwann drehte sie sich zu mir. Ich sah sie ebenfalls an. Sie nahm meine andere Hand und wir beide beobachteten, wie sich auch hier unsere Finger miteinander verschränkten, als gehören sie einfach zusammen. War es das, was die Situation so besonders machte? Dass es sich so anfühlte, als wäre es das einzig richtige? Ihre Augen glitzerten in der Sonne als wir uns ansahen. Wieder kamen wir uns näher. Immer näher. Näher als wir sollten aber schließlich küsste sie mich. Wieder. Diesmal etwas länger, da ich mich aus meiner Starre lösen konnte und den sanften Kuss erwiderte. Es war wie eine Welle aus Glück, die sich warm und flatternd in mir ausbreitete. Schnell wich diese aber einem stechenden Schmerz, als sie sich löste und flüsterte: „Es tut mir leid." Bevor sie meine Hände losließ und mit hängendem Kopf davonschlich.
„Es tut mir leid", hatte sie gesagt und ich hatte in ihren Augen sehen können, dass sie wusste, dass sie mir wehtut, wenn sie geht. Trotzdem ließ sie mich allein an dem riesigen Strand in diesem großen Land auf der noch viel größeren Erde. Ich fühlte mich betrogen, ohne dass wir zusammen waren. Ich war allein.
-Rückblende Ende-

Die Kälte, die diese Erinnerung auslöste, ließ mich schließlich aus dem See zurück an Land gehen, wo ich mich abtrocknete und wieder anzog, bevor ich weiter wollte. Aber mit einem großen Müsliriegel in der Hand. Ich hatte Hunger bekommen.

Der Weg des LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt