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Teil 28
•Marks Sicht•
Als ich in meiner Wohnung ankam fiel ich frustriert aufs Sofa. Auch wenn der Kuss mit Lena schöner war als alle davor. Wir hatten wieder so getan als wäre nichts passiert. Ich dachte nochmals an unser Gespräch vom Vormittag. Ich wusste noch immer nicht, was ich gesagt hatte, dass sie verletzt hatte. Wahrscheinlich war es doch nur Einbildung gewesen.

Seufzend stand ich vom Sofa auf. Ich sollte aufhören darüber nachzudenken. Es war schon spät und ich hatte morgen Radiotour. Zehn kurze Interviews warteten auf mich und ich musste um halb sechs aufstehen. Also legte ich mich lieber schlafen.

Als ich dann plötzlich von meinem Wecker viel zu früh aus einem traumlosen Schlaf gerissen wurde, stöhnte ich geschafft auf. Es fühlte sich an, als hätte ich nur zwanzig Minuten geschlafen aber tatsächlich waren es immerhin fast sechs Stunden. Also erhob ich mich aus meinem warmen Bett und schlurfte in die Küche um Kaffe aufzusetzen. Dann ging ich duschen und mich anziehen. Immerhin war ich dann einigermaßen wach. Draußen war es noch dunkel und ich hätte nichts gegen ein paar weitere Stündchen Schlaf gehabt. Aber ich musste bald los, weshalb ich den Kaffe trank und dann meine Kappe und Brille aufsetzte. Mein Manager würde mich gleich abholen, weshalb ich auch schon mal Jacke und Schuhe anzog und tatsächlich klingelte es just in dem Moment, in dem ich fertig war. Das war ein guter Start in den Tag, wenn auch ein früher. Ich war pünktlich und mittlerweile einigermaßen in der Lage klare Gedankengänge zu fassen, trotz der Uhrzeit. Unten vor dem Haus begrüßte ich Dennis und wir stiegen in sein Auto. „Hast du gestern geklärt, was du klären wolltest?", erkundigte er sich. Es ging um das Gespräch mit Lena, auch wenn er das nicht wusste. Ich nickte etwas. „Ja...", murmelte ich noch knapp. Wir hatten es ja geklärt aber am Abend hatte ich mich dann nicht bremsen können und hatte sie geküsst. Oh man, warum hatte ich das getan? Wahrscheinlich weil ich mich in ihren wunderschönen Augen mal wieder verloren hatte und an das Gefühl ihrer weichen Lippen auf meinen denken musste. „Was grinst du jetzt so?", wollte Dennis plötzlich wissen. Tatsächlich hatte sich ein Grinsen in mein Gesicht geschlichen, dass nicht zu übersehen war. „Ach nichts", sagte ich dennoch nur. Er glaubte das zwar nicht, fragte aber nicht weiter.

Wir kannten uns mittlerweile gut genug, dass er wusste, wann er fragen konnte oder musste und wann er es besser nicht tat. Wir waren zwar keine allerbesten Freunde und er war immer noch mein Manager aber er war doch ein Freund, der mich gut kannte, was hilfreich war für die Zusammenarbeit. Wir gingen uns selten auf die Nerven und alles hatte sich gut eingespielt. Ich war froh dass ich ihn hatte, denn er hatte schon das ein oder andere mal meine Dummheiten gradebiegen müssen. Es war sein Job manchmal zu meckern aber er meinte es nie böse und das wusste ich.

„Wir sind gleich da. Also zuerst 1Live. Du machst für die eine Instastory und dann geht's ins Interview. Die Fragen kannst du dir vorher kurz angucken, dann beginnt die Aufzeichnung. Es wird natürlich geschnitten und läuft dann heute Nachmittag um die Songs drumherum", erklärte Dennis den Plan. „Alles klar, danke", gab ich zurück. Dass er sich das alles merken konnte, wann wo was passierte. Es lief auch tatsächlich alles rund. Ich filmte kurz eine Story für deren Instagramseite, dann bekam ich den Fragenkatalog und überlegte mir grob, was ich sagen würde und schon begann das Interview. Es waren alles verträgliche Fragen auf die ich gut und gerne antworten konnte. Nichts zu privates oder irgendwas, was gar nicht rein passte. Nach etwa einer Stunde verließen wir das Gebäude wieder und es ging weiter. Etwa das selbe passierte noch neun mal bevor ich am Abend wieder an meiner Wohnung ankam. „Morgen Vormittag bist du im Studio, ich hol dich direkt dort ab und dann geht's zur Aufzeichnung für eine ProSieben Show", erklärte Dennis, bevor ich ausstieg. „Okay, ich nehm alles mit. Dann bis morgen", verabschiedete ich mich. „Bis morgen", gab Dennis noch zurück, ehe ich die Autotür zuschlug und zu meiner Wohnung rauf ging.

Im Flur erwartete mich nichts. Wie immer. Es war niemand hier, der auf mich wartete und irgendwie fühlte es sich leer an. Ich hatte noch nie so bemerkt wie still es hier war. Man höre wenig von der Straße draußen und die Nachbarn waren ruhig. Je länger ich dort stand, desto lauter wurde die Stille. Es fühlte sich an, als würde eine dumpfe Wand immer näher auf mich zukommen.

Schließlich schüttelte ich den Kopf. Das hatte mich doch sonst nicht gestört. Ich zog Jacke und Schuhe aus und machte mir noch eine Kleinigkeit zu essen. Viel hatte ich heute nicht gehabt. Nachdem ich Zähne geputzt hatte war es bereits halb elf und ich beschloss mich ins Bett zu legen. Aber auch hier war es so leer. Ich hatte mir irgendwann die Mühe gespart auf die zweite Seite meines Bettes überhaupt Bettwäsche zu legen. Jetzt fühlte es sich kalt an, obwohl ich unter meiner Decke lag. Ich wünschte mir jemanden, dessen Körper sich an meinen schmiegen würde, den ich festhalten konnte. Eigentlich sehnte ich mich sogar sehr direkt nach Lena. Ihr warmer Blick, ihre weiche Haut, die angenehme Wärme, die sie in mir auslöste. All das würde ich wahrscheinlich nie bekommen. Nicht so, wie ich es wollte. Bei mir und für immer.

Seufzend drehte ich mich um. Ich musste aufhören darüber nachzudenken. Zwar hatte ich Freya irgendwie versprochen mit Lena zu sprechen, falls es nochmal einen Kuss geben würde aber wozu sollte ich das tun? Ich würde nur unsere Freundschaft kaputt machen und sie ganz verlieren. Dann hatte ich lieber eine beste Freundin in die ich heimlich verliebt war und mit der es hin und wieder zu Küssen kam über die niemand sprach. Mit einem Kopf voller Gedanken schlief ich schließlich ein.

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