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•Marks Sicht•

Einige Minuten liefen Freya und ich einfach in angenehmer Stille weiter den Weg entlang. „Hast du vor deiner Freundin zu sagen, dass du dich in sie verliebt hast?", fragte Freya irgendwann wie aus dem nichts als wir eine kleine Pause auf einer Bank machten. Ich dachte einen Moment nach. ‚Nur wenn sie mich nochmal küsst', hatte ich vor ein paar Tagen gesagt. „Wenn sie mich wieder küsst, ja", sagte ich leise zu Freya. Entsetzt sah sie mich an. „Was?", fragte ich. „Sie hat dich geküsst?!", wollte sie wissen. Langsam nickte ich. „Ein paar Mal", murmelte ich und sah weg. Irgendwie war es mir peinlich. „Und du überlegst nur ihr zu sagen, dass du dich verliebt hast?", fragte sie verständnislos weiter. „Sie wirkt nicht so, als wollte sie das", sagte ich schulterzuckend. Freya seufzte. „Sie hat sich sogar entschuldigt, dafür, dass sie mich verletzt indem sie danach geht", erzählte ich. „Und du bist sicher, dass sie sich nicht für den Kuss entschuldigt hat, weil sie dachte, du willst das gar nicht?", fragte sie.

Jetzt war ich verwirrt. Nein, das konnte nicht sein. Freya lachte leise. „Hab ich dich auf neue Gedanken gebracht?", wollte sie wissen. Ich wusste überhaupt nicht mehr, was ich sagen sollte. Wenn sie recht hatte... dann hatte Lena den Kuss gewollt also wirklich gewollt und sich deshalb entschuldigt. „Pass auf, ich geh schon mal los und lass dich ein bisschen in Ruhe und heute Abend treffen wir uns in Lilla Hycklinga in der Hütte und essen zusammen", schlug sie vor. Ich nickte nur. Jetzt war ich völlig in meine Gedanken verschwunden. Freya stand auf und klopfte mir nochmal auf die Schulter bevor sie sich auf den Weg machte.

Super jetzt war ich genauso verwirrt wie vor meiner Wanderung. Okay vielleicht nicht ganz. Ich war verliebt in meine beste Freundin, soviel war mittlerweile klar. Gott, ich würde am liebsten meinen Kopf gegen einen Baum schlagen und alles würde klar werden. Ich hatte so viele Gedanken.

Sollte ich es ihr sagen? Was genau sollte ihre Entschuldigung damals am Strand in Südafrika jetzt heißen? War sie auch verliebt? Könnten wir das überhaupt schaffen? Hielt unsere Freundschaft das aus? Also das ausprobieren, ob es wirklich eine Beziehung zwischen uns geben könnte, die mehr war als Freundschaft. Oder sogar eine Beziehung, die am Ende womöglich nicht funktionierte. Ich wollte sie auf keinen Fall als beste Freundin verlieren! Das würde ich nicht aushalten. Warum musste das passieren? Warum konnten wir nicht einfach nur beste Freunde sein? Ich würde es nicht übers Herz bringen sie zu verletzen, wenn es irgendwann nicht mehr funktionieren würde. Was ist, wenn ich es wieder nicht schaffen würde, öffentlich zu ihr zu stehen? Hätte ich genug Zeit für sie? Ich hatte Angst es wieder zu verkacken, wenn es drauf ankommt. Frustriert machte ich mich schließlich auch auf den Weg zur letzten Hütte.

Dort wartete, wie besprochen, Freya auf mich. Sie hatte sogar schon eine Dosensuppe fertig. Sie schien zu merken, dass ich mit den Gedanken nicht wirklich bei ihr war, ließ mich in Ruhe und war nur bemüht, dass ich nicht völlig planlos da saß und alles um mich herum vergaß, weil ich mich in meinen Gedanken verlor.

Am Abend lagen wir beide still in unseren Betten. Ich konnte nicht schlafen, ich war viel zu beschäftigt. Mir fiel der Traum der letzten Nacht wieder ein. Sie hatte mich darin vom Flughafen abgeholt und im Auto hatten wir uns geküsst bis sie mir sagte, dass sie mich liebt. Ich seufzte leicht verzweifelt. Es war mehr als unwahrscheinlich, dass das jemals passieren würde. Aber das Gefühl ihrer Lippen auf meinen hatte ich seit dem ersten Kuss in Südafrika nicht vergessen. Es waren immer sanfte, vorsichtige Küsse und vor allem waren sie viel zu schnell vorbei. Ich sehnte mich danach, es wieder zu spüren. Dieses Kribbeln, die Wärme und das Glück. Ich wollte sie in die Arme schließen und nie wieder loslassen. Mit ihr einschlafen und aufwachen, jeden Tag. Scheiße! Das musste aufhören! Leider wusste ich, dass es das nicht würde. Diese Gefühle verschwanden nicht einfach so wieder.

Plötzlich vibrierte mein Handy, eine Nachricht von Lena. Schnell griff ich danach. „Alles gut? Du hast dich noch nicht gemeldet?", schrieb sie. Shit, ich hatte sie schon wieder fast vergessen! Wobei, sie hatte ich nicht vergessen. Im Gegenteil, ich dachte an nichts anderes mehr. Allerdings hatte ich deshalb vergessen ihr zu schreiben. „Alles okay, ich bin in der Hütte. Bloß ein bisschen verwirrt von neuen Gedanken", schrieb ich. „Was ist los?", fragte sie sofort. Vielleicht hätte ich das nicht schreiben sollen. „Ach nichts bestimmtes. Wird schon wieder", schrieb ich ihr, obwohl ich wusste, dass das komplett gelogen war. „Wenn du meinst. Vielleicht verrätst du es mir ja übermorgen, wenn du wieder in Berlin bist. Hab dich lieb, gute Nacht❤️", schrieb sie. Sie kannte mich zu gut und hatte natürlich sofort gemerkt, dass ich nicht ganz die Wahrheit gesagt hatte. „Hab dich auch lieb. Schlaf gut❤️", antwortete ich noch und seufzte, ehe ich mein Handy weglegte. ‚Hab dich lieb' na toll. Ich drehte mich nochmal um und versuchte endlich zu schlafen.

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