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•Marks Sicht•

Müde rieb ich mir die Augen, als ich zum zweiten Mal in dieser Nacht aufwachte. Das erste Mal hatte ich von Lena geträumt und davon, was sie höchst wahrscheinlich heute Nacht in ihrer Wohnung mit dem Typen, mit dem ich sie gesehen hatte, gemacht hatte. Nachdem ich mich davon beruhigt hatte war ich wieder eingeschlafen.

Jetzt war ich schon wieder wach, konnte mich aber an den Traum nicht erinnern. Es war noch dunkel draußen aber ich stand auf, da ich keinen Sinn darin sah weiter hier zu liegen, wenn ich eh nicht schlafen würde. Also nahm ich den Songtext, der gestern entstanden war und bastelte noch ein bisschen daran rum. Schließlich war auf meinem Laptop sogar eine Art Vorversion zustande gekommen, die ich mit Nitti und Ralf ausarbeiten würde. Bei Sonnenaufgang klappte ich den Laptop zu und machte mir einen Kaffee. Es war grade kurz vor Sechs  und im Studio müsste ich erst um 10 sein, da Ralf nicht früher konnte. Ich beschloss Lena, trotz meiner unberechtigten Wut auf sie und den Typen vom letzten Abend, eine Nachricht zu schreiben. Vielleicht würde ich so auch rausfinden, ob er noch bei ihr war.

Also tippte ich: »Guten Morgen, ich hoffe ich wecke dich nicht. Wenn du Lust hast, könntest du zwischen 7 und 8 zum Frühstück vorbeikommen. Ich weiß, es ist früh aber ich muss erst um 10 ins Studio und du wolltest mich ja noch ausfragen über Schweden. Meine Promo-Tour geht ja nun aber los und ich dachte, dann lieber jetzt als erst in acht Wochen oder so... also wenn du willst, ich freu mich auf dich und bereite alles vor« Mal schauen ob sie die Nachricht überhaupt noch lesen würde.

Solange ich auf eine Antwort wartete, holte ich Brötchen, deckte schon mal den Tisch für zwei und machte ein paar kleine Pfannkuchen. Zwischendurch hatte sie geschrieben, dass sie kommen würde, weshalb ich die ganze Zeit fröhlich vor mich hin sang. Der Typ schien nicht zum Frühstück geblieben zu sein, was mich irgendwie erleichterte auch wenn ich es vor mir selbst nicht zugeben wollte.

Kaum hatte ich die Pfannkuchen auf den Tisch gestellt, klingelte es auch schon. Ich huschte fröhlich zur Tür und betätigte den Summer, sodass sie ins Treppenhaus kommen könnte. Kurz darauf stand sie vor mir und grinste mich an. Kiwi hatte sie auch dabei. Wir umarmten uns fröhlich zur Begrüßung. „Hi, komm rein! Es ist schon alles vorbereitet", lächelte ich und nahm ihr Tasche und Mantel ab. Sie ließ Kiwi von der Leine und folgte mir in die Küche. Schmunzelnd rückte ich ihr den Stuhl zurecht. „Oh, Gentleman heute?", fragte sie mit einem frechen Grinsen. Ich schmunzelte und zuckte nur mit den Schultern. „Oh Wow, kommt noch jemand? Wer soll das alles essen?", fragte sie überrascht, als sie den vollen Tisch sah. „Ich wusste ja nicht, ob du noch wen mitbringst", murmelte ich und dachte, dass sie mich nicht versteht. Aber sie sah mich verwirrt an, was dafür sprach, dass sie mich sehr wohl verstanden hatte. „J-ja wer weiß", stotterte ich. Sie schüttelte kurz den Kopf, sagte aber zum Glück nichts mehr dazu.

Stattdessen begannen wir zu frühstücken. „Mhhh, oh mein Gott! Ich hatte noch nie so gute Pfannkuchen!", seufzte Lena plötzlich mit geschlossenen Augen. Ich lachte leise. „Was? Ich mein das ernst! Du musst mir sagen, wie du die machst!", meinte sie nur entschlossen. „Oh das wird schwierig. Ich mach das mehr so nach Gefühl", erklärte ich. Sie seufzte nur theatralisch. „Ich kann sie ja öfter für dich machen", sagte ich und merkte erst danach, was ich da gesagt hatte. „Gerne aber ich dachte du bist jetzt mehr unterwegs", meinte sie verwundert. „Äh... ja... naja... aber ja nicht für immer", stotterte ich. Mein Gott, warum brachte ich nicht wenigstens einen ganzen Satz raus? „Hast du noch was vor heute oder heute Abend?", wollte ich vom Thema ablenken. „Ähh... nein... du?", fragte sie verwirrt. „Ich dachte du bist im Studio?", hängte sie noch an. „Ja, ja bin ich auch, ich dachte nur... ach keine Ahnung", murmelte ich. „Was dachtest du?", wollte sie wissen. „Naja... wird dir nicht auch mal langweilig zu Hause?", fragte ich. Wie sollte ich da nur wieder rauskommen. Sie lachte auf, auch wenn sie verwirrt schien von meinem Verhalten. „Ähm... ja aber es gibt gute Serien... ich hab Freunde...", zählte sie auf. „Sorry", murmelte ich verlegen.

Dann hatte ich kurz das Bild vor mir, wie sie mit dem Typen in ihrem Hausflur verschwunden war. Es folgten Bilder meines sehr lebhaften Traums. „Aber du wirst doch auch mal was anderes machen wollen", platzte es leicht schorf aus mir heraus. Diesmal war ihr Blick nicht nur verwirrt sondern entsetzt. Ein ‚Sorry' würde wohl nicht mehr reichen.

„Sag mal ist irgendwas? Hast du irgendein Problem mit mir?", fragte sie. Ich seufzte. Okay, ich würde es nicht geheimhalten können. „Nein, ich dachte nur, weil... also gestern Abend... da war... also dieser Typ", stotterte ich. Ich machte es nicht grade besser. Ihr Blick wurde immer schockierter und wir beide hatten längst aufgehört zu essen. „Spionierst du mir nach?", fragte sie und ich erkannte die Enttäuschung in ihren Augen. Es tat weh das zu sehen und noch mehr, weil es meine Schuld war. „N-nein, ich... ich wollte nur nochmal bei dir vorbeischauen... reden...", sagte ich, merkte aber, dass sie mir nicht glaubte. Sie stieß nur einen Laut der Verachtung aus während sie aufstand. „Kiwi, komm! Wir geh'n!", rief sie noch. Als die Tür hinter ihr zu fiel ließ ich den Kopf in die Hände sinken. „Scheiße", stieß ich aus. „Du verdammter Idiot!", murmelte ich noch.

Frustriert räumte ich den Tisch ab. Die Pfannkuchen packte ich in eine Dose, um sie später mit ins Studio zu nehmen. Wieso eigentlich später? Ich fuhr einfach schon mal los. Zwar war ich dann eine gute Stunde vor Nitti da aber ich fing einfach schon mal an. Musste mich ablenken.

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