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•Marks Sicht•

Als der Motor des Busses ausging wachte ich auf. Es war etwa halb fünf in der Früh, weshalb ich nur lächelnd Lenas entspanntes Gesicht beobachtete bis ich wieder einschlief. Irgendwie tat es gut, sie nachts bei mir zu haben. Es war wirklich, als wäre ich dann erst richtig komplett. Wenn ich sie so entspannt neben mir sah, kam ich selbst zur Ruhe. Als es dann schließlich hell wurde, wachte ich erneut auf. Es war etwa halb acht und ich begann Lena mit kleinen Küssen zu wecken. Heute Abend war mein Konzert und ich freute mich total darauf, dass Lena dabei war. Wenn auch nur hinter der Bühne. „Guten Morgen, du Schöne", sagte ich mit verschlafener Stimme, als ich mir sicher war, dass sie wach war. „Meine Schöne", korrigierte ich mich noch, was sie müde kichern ließ. „Wie lange hast du noch geschrieben?", fragte sie irgendwann. „Nicht mehr viel", gab ich nur zurück. „Ist nur eine Strophe geworden. Das wird wahrscheinlich so ein 80er Style werden", erklärte ich. „Klingt spannend", gähnte sie, was mich etwas lachen ließ. „Nicht spannend genug anscheinend", scherzte ich. „Sorry, ich bin eigentlich gar nicht so müde", sagte sie nur. „Sollen wir frühstücken? Catering ist in der Halle", erklärte ich, auch wenn das bei ihr ja nicht anders war. „Zieht ihr euch dafür alle schon an?", murrte sie. „Mein Team besteht aus Chaoten, glaubst du echt, wir tauchen da alle schon angezogen und mit gemachter Frisur auf?", fragte ich schmunzelnd. „Was willst du dir denn für eine Frisur machen?", fragte sie schmunzelnd und ließ ihre Hand über meinen Kopf fahren. „Ey! Eine Mütze oder Kappe will auch ausgesucht werden", gab ich direkt zurück und pikste ihr sanft in die Seite. Ihr lachender Aufschrei sorgte dafür, dass mir richtig warm wurde. Ich liebte das, wenn sie so unbeschwert war, auch wenn es nur eine Sekunde war. „Na komm, wir sollten aufstehen. Dann haben wir vor dem Soundcheck noch Zeit", schlug ich vor. „Und wofür?", fragte sie schmunzelnd und sah mich nur an. Ich verlor mich sofort in ihren braunen Augen und nährte mich völlig unbewusst ihren Lippen. Bevor ich sie küssen konnte, entfernte sie sich mit einem kleinen Kichern von mir und holte ein Shirt aus ihrer Tasche. „Du kleines Biest", flüsterte ich ihr scherzend ins Ohr und zog sie fest an mich, um ihr endlich einen Kuss zu geben. Dann zog sie ihr Shirt an und wir machten uns auf den Weg zum Frühstück.

„Da seid ihr ja schon. Wir haben ehrlich gesagt noch nicht mit euch gerechnet", zwinkerte Pogo. „Jaja", gab ich nur zurück und wir setzten uns zu den anderen. „Mit dir wollte ich eh noch sprechen. Wann haben wir heute n Termin?", erkundigte ich mich bei meinem Physiotherapeuten. „Sollen wir das direkt nach dem Soundcheck machen?", schlug er vor. Ich stimmte zu und so stand der Termin. „Hast du eigentlich einen Physiotherapeuten mit auf Tour, wenn du unterwegs bist?", fragte er dann Lena. „Bis jetzt nicht aber dieses Mal wärs ganz gut wahrscheinlich, ich tanze ja auch", meinte sie. „Mach das doch", schlug ich also vor. „Wenn du Zeit hast, probiere ich das nach Mark mal aus nachher", meinte sie dann. „Du hast dann aber wahrscheinlich morgen erstmal Muskelkater", gab Pogo zu bedenken. „Morgen Abend muss ich halt noch auftreten aber nach Natalies Hochzeit wird's ja wieder ruhiger", meinte sie, woraufhin ich zusammen zuckte und sie ungläubig ansah. „Natalie heiratet?", fragte Anna überrascht. Sofort lag die Aufmerksamkeit Vieler auf mir. „Oh", murmelte Lena nur kleinlaut. „Ja, oh", gab ich genervt zurück. „Ja, meine kleine Schwester heiratet. Ist das jetzt besonders?", maulte ich. „Ja?! Das ist schön! Wieso erzählst du sowas nicht mal?", fragte Anna verwirrt. „Weil mich dann alle fragen, wann ich dran bin", gab ich zurück. Kurz war es still. Ich wusste es. Genau das wäre die nächste Frage gewesen. „Aber was wäre denn schlimm daran?", fragte Alex dann. „Dass ich halt noch nicht soweit bin. Ist ja auch egal jetzt, können wir einfach weiter frühstücken?", bat ich, was dann auch alle taten. Lena schob vorsichtig ihre Hand unter dem Tisch auf meinen Oberschenkel. Genervt stieß ich sie weg. Wahrscheinlich war das unfair aber in dem Moment fand ich es einfach scheiße, dass sie es gesagt hatte. Dementsprechend still verlief der Rest des Frühstücks. Dann war Zeit bis zum Soundcheck.

Erstmal verließ ich die Halle, ohne so richtig drauf zu achten, was die Anderen taten. „Jetzt bleib halt stehen!", rief Lena mir genervt nach, als wir draußen ankamen. „Wozu?", maulte ich. „Was hab ich dir bitte getan? Ich kann ja nicht wissen, dass du niemandem von der Hochzeit deiner Schwester erzählst, nur weil du nicht nach deiner gefragt werden willst", gab sie zurück. Sie hatte ja recht. „Ich kann's nicht ab, wenn Leute sowas von mir erwarten", wehrte ich dennoch geladen ab. „Was heißt denn erwarten? Natürlich fragt man. Aber das ist doch nicht böse gemeint", versuchte sie zu erklären. „Du kennst das nicht, deine kleine Schwester heiratet nicht übermorgen und wenn, wüsstest du es wahrscheinlich nicht", sagte ich und merkte dann erst, wie verletzend das geklungen hatte. Wahrscheinlich sah sie mich deshalb auch so ungläubig an. „Okay", meinte sie verletzt. „Tut mir leid... sorry... ich meinte das nicht so", versuchte ich mich zu entschuldigen. „Ist klar... sei doch einfach ehrlich. Du fühlst dich unter Druck, wenn jemand von dir ‚erwartet' zu heiraten", meinte sie. „Naja... Ja... du hast Recht", gab ich also zu. „Und? Dann gib es doch wenigstens direkt zu anstatt mir so einen Scheiß an den Kopf zu werfen", meinte sie nun sauer. Ich seufzte. „Tut mir leid... wir... wir wollten Zeit zusammen und jetzt streiten wir... du kannst ja wirklich nichts dafür und... und ich hätte das eben nicht sagen dürfen", versuchte ich es jetzt ruhig. „Was hältst du denn davon, wenn dich deine Familie dauernd fragt, wann du endlich heiratest und Kinder bekommst?", fragte ich sie dann, weil es mich wirklich interessierte, ob sie die Situation überhaupt kannte. „Ich... keine Ahnung, ist mir noch nicht passiert. Aber... man ich liebe dich und... und ich kann mir das alles mit dir vorstellen nur halt noch nicht jetzt direkt aber... wir haben ja noch Zeit und wir müssen uns nicht unter Druck setzten lassen", meinte sie. Allein zu hören, dass sie sich das alles vorstellen konnte mit mir, ließ alles in mir kribbeln. Ich wollte das genauso. Aber es musste ja nicht sofort sein, wir lernten immer noch neue Seiten aneinander kennen. „Okay... können wir dann aufhören zu streiten? Ich liebe dich nämlich auch und... und ja ich will das auch alles irgendwann aber... ich brauche doch nur ein bisschen Zeit", bat ich. „Dann sind wir doch einer Meinung", stellte sie fest und lächelte. Ich nickte, lächelte ebenfalls und zog sie an mich, um sie zu küssen. „Ich hasse es, wenn wir streiten", murmelte sie. „Ich auch", gab ich zurück.

„Wie viel Zeit haben wir noch?", wollte sie dann wissen. „Genug", grinste ich und küsste sie wieder. Diesmal etwas leidenschaftlicher. „Mhh... wir... wo können wir hin?", fragte sie, schien zu wissen, was ich vorhatte. „Bus?", schlug ich vor. „Und dein Team?", fragte sie. „Die sind eigentlich alle in der Halle oder in den Umkleiden", sagte ich nur noch und zog sie dann einfach mit zu dem Bett, in dem wir geschlafen hatten. Tatsächlich war der Bus ansonsten leer. „Wird das Versöhnungssex?", fragte sie schmunzelnd in unsere Küsse. „Naja wenn das ein Streit war, ist das jetzt Versöhnung", gab ich nur kurz zwinkernd zurück, ehe ich sie wieder zum Schweigen brachte bevor wir uns gegenseitig nur wenig später viel lautere und sinnlichere Töne entlockten, sobald alle Vorhänge zugezogen waren. Dass die Busse nicht schalldicht waren, konnte ja auch genauso wenig jemand wissen, wie dass mein Physiotherapeut noch aus dem Nebenbus seine Sachen holen musste, um sie in die Halle zu bringen. Das würden wir erst später erfahren.

Das wird wohl eine lustige Begegnung😉

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