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•Marks Sicht•

„Ich mache auch die Witze, die ich mir normalerweise verkneife und manchmal fange ich tatsächlich an zu tanzen", erzählte ich meiner Schwester und ihrem Freund schließlich auf die Frage, was ich tat, wenn ich richtig betrunken war. „Als ob! Also die Sprüche ja, aber tanzen? Ich meine, okay warte, wie meinst du tanzen? So wie auf der Bühne, wenn du halt mitgehst mit deiner eigenen Musik oder auch so richtig abfeiern und vielleicht auch mit jemandem?", wollte sie es nun ganz genau wissen. „Kommt drauf an, wer da so rumläuft", zwinkerte ich. „Uhhh also besteht tatsächlich die Chance, dass mein großer Bruder mir irgendwann mal eine hübsche Frau vorstellt, die er bei einer Party kennengelernt hat?", fragte sie weiter. Ich seufzte. Hübsche Frau brachte mich sofort zu Lena. Und die kannte Natalie bereits, wenn auch nur von einem kurzen Treffen. Da ich mittlerweile wusste, dass ich im Moment niemanden anderes wollte als Lena, wusste ich nicht so richtig, was ich antworten sollte. „Naja, im Moment eher nicht", sagte ich also nur. Verwirrt sah sie mich an. In ihrem Blick stand, dass sie alles wissen wollte, was in mir vorging aber das konnte ich nicht. „Ich räume mal ab", meinte Robin leise und verschwand mit dem Geschirr in die Küche. Na toll, jetzt kam ich nicht mehr drum herum. Natalie hatte sich festgebissen.

„Jetzt spuck schon aus! Was hält dich davon ab dir irgendeine von denen auszusuchen, die sich um dich reißen?", fragte sie grinsend. Ich lachte leise. Das war vielleicht etwas übertrieben. „Frag nicht was sondern wer", gab ich zurück. Sofort saß meine Schwester aufrecht. „Wer? Bist du verliebt? Oder endlich vergeben?", fragte sie hastig. Ich seufzte. Robin kam zurück, um den Topf zu holen, was Natalie überhaupt nicht gefiel. Solange er hier war, würde ich nichts sagen, das wusste sie. Als er wieder weg war sah sie mich auffordernd an. Da würde ich nicht wieder raus kommen.

„Jetzt mach's nicht so spannend? Wer? Kenn ich sie?", fragte sie ungeduldig. Ich nickte nur vorsichtig. Sie wurde noch aufgeregter, wenn das überhaupt möglich war. „Mark! Jetzt sag!", maulte sie, da ich immer noch kein Wort rausbrachte. Erneut unterbrach Robin uns, indem er die Form holte, in der das Hähnchen gelegen hatte. Kaum war er wieder weg bohrte Natalie weiter. „Marek, entweder du sagst mir auf der Stelle, wer dir den Kopf verdreht hat oder ich sag Mama, dass du verliebt bist und dann musst du es sagen", meinte sie. „Gott, Natalie, es ist nicht so einfach", brach es aus mir heraus. Ich hatte schon vor Minuten angefangen zu schwitzen und zu zittern ohne so richtig zu wissen warum. „Wieso?", fragte sie sofort etwas vorsichtiger. Sie hatte meine Unruhe bemerkt. „Ich... sie...", stotterte ich, atmete aber nochmal tief durch. „Weil sie meine beste Freundin ist", flüsterte ich und senkte den Blick. Meine Schwester lächelte leicht. „Moment", meinte sie kurz und flitzte in die Küche. Verwirrt sah ich ihr nach.

„Robin lässt uns alleine, wir können in Ruhe reden", meinte sie und bat mich mit ihrer Gestik aufs Sofa. Seufzend ließ ich mich neben ihr nieder. Dieses Gespräch würde länger werden und mir einiges abverlangen. Ich war es nicht gewohnt meine Gefühle so offen zu legen aber sie war meine Schwester. Ich vertraute ihr zu 100 Prozent. „Möchtest du mir vielleicht wenigstens ihren Namen sagen", meinte sie. „Du weißt es doch eh schon", sagte ich verwirrt. „Ich will's aber von dir hören. Du musst es mal laut sagen, sonst glaubst du dir nicht", meinte sie. Also schön. „Lena... ich hab mich in Lena verliebt", sagte ich mit gesenktem Blick und zuckte dabei mit den Schultern. „Na also, geht doch", lächelte Natalie zufrieden. „Weiß sie es schon?", fragte sie. Schockiert sah ich sie an. „Bist du irre?!", stieß ich entsetzt aus. Sie lachte nur. „Früher oder später musst du es ihr sagen. Das verschwindet nicht einfach so", meinte sie. Ich wusste, dass sie recht hatte aber ich wollte es nicht wahr haben, wollte unsere Freundschaft nicht riskieren, auch wenn wir grade Streit hatten. „Ich will sie nicht verlieren", gab ich zu. „Als Freundin", fügte ich noch an.

„Ach Marek", seufzte Natalie. „Was?", murrte ich. Was sollte dieser Seufzer jetzt bedeuten? „Woher willst du wissen, dass sie nicht auch in dich verliebt ist? Kann doch sein. Sie ist doch Single oder?", fragte sie. Ich nickte nur, ließ die erste Frage unbeantwortet. Von den Küssen würde ich ihr auf keinen Fall erzählen. „Na dann, ran an den Speck", scherzte Natalie. Ich warf ihr einen bösen Blick zu. Die Situation war absolut nicht für Scherze geeignet. „Wir haben Streit grade... also glaub ich zumindest. Sie hat da was missverstanden und meldet sich nicht mehr", erklärte ich. „Jetzt lass dir nicht alles aus der Nase ziehen", bat Natalie mich. „Ich wollte zu ihr, als ich aus dem Studio kam, weil sie noch mit mir über Schweden quatschten wollte. Es war spät und als ich bei ihrer Wohnung ankam hab ich sie halt mit so nem Typen reingehen sehen. Am nächsten Tag hab ich sie zum Frühstück eingeladen und musste ihr halt mehr oder weniger sagen, dass ich sie gesehen hatte. Jetzt glaubt sie ich stalke sie", erzählte ich und merkte, wie traurig mich das eigentlich machte.

Plötzlich spürte ich die Arme meiner Schwester um mich und wir versanken in einer Umarmung, die mir Trost und Kraft gab. „Hast du ihr gesagt, dass du denkst, dass sie mit dem Typen im Bett war?", wollte Natalie wissen. „Ich dachte nicht, dass...", sie unterbrach mich. „Oh doch, das dachtest du, das sehe ich dir an", meinte sie. „Okay, aber ich hab ihr das nicht gesagt", erklärte ich. „Und meinst du, es kam vielleicht trotzdem so rüber?", fragte sie. Ich zuckte mit den Schultern, was sollte das ändern?

„Mensch Mark. Vielleicht glaubt sie, du denkst, sie nimmt jeden", stellte sie in den Raum. „Das ist Quatsch und das weiß sie auch", sagte ich sofort. „Oder sie ist auch in dich verliebt und weiß nicht, was sie jetzt sagen soll, weil es ihr unangenehm ist, dass du die beiden gesehen hast", vermutete sie weiter. „Wieso sollte sie mit dem ins Bett gehen, wenn sie in... in mich... das ist unlogisch", sagte ich. „Manchmal tun Menschen unlogische Dinge, weil sie Gefühle haben. Die haben keine Logik. Außerdem weißt du nicht, ob sie mit ihm im Bett war", meinte Natalie. „Fahr zu ihr und rede mit ihr, am besten gleich morgen", fügte sie an. „Ich muss ins Studio und...", sie fiel mir ins Wort. „Erstens ist sie seine beste Freundin, also regel den Scheiß. Zweitens, wenn du sie willst, dann kämpf doch um sie, man! Muss deine kleine Schwester dir jetzt erklären, wie man Frauen schmeichelt?", fragte sie rhetorisch. „Und wenn sie nicht mit mir reden will?", fragte ich noch kleinlaut. „Ihr seid erwachsene Manschen, also klärt das einfach", mahnte sie. Ich nickte nur. Sie hatte mal wieder recht.

„So und jetzt fahre ich dich ins Hotel, es ist schon nach elf", meine sie und stand auf. Ich folgte ihr in den Flur, wo ich meine Jacke und Schuhe wieder anzog. Sie sagte noch schnell Robin Bescheid, der sich noch von mir verabschiedete, dann fuhr sie mich zum Hotel. „Morgen, Mark! Nicht übermorgen oder sonst wann! Sprich mit ihr morgen", mahnte Natalie mich noch, als ich ausstieg. „Ja, ist ja gut", sagte ich und umarmte sie zum Abschied. „Danke, pass auf dich auf", murmelte ich noch. Sie nickte nur lächelnd. Dann stieg ich aus uns sie fuhr wieder. Ich fiel kurz darauf müde ins Bett, immer noch ohne eine Nachricht von Lena.

Der Weg des LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt