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•Marks Sicht•

Die nächsten Wochen zogen sich. Lena und ich sahen uns tatsächlich nur ein Mal alle sechs bis sieben Tage und manchmal auch nur für die Nacht oder ein paar Stunden des Tages. Jedes Mal war die Freude des Wiedersehens groß und trotzdem hatte jede Minute einen bitteren Beigeschmack. Wir wussten beide, dass ich bald wieder los musste und ich kam auch nie ganz an. Jedes Mal, wenn ich wieder ging tat es weh und ich sah, dass es auch ihr wehtat. Ich fühlte mich überhaupt nicht gut damit, da es immer wieder meine Termine waren, die uns auseinander zwangen. Sie passte ihre Zeit an meine an, da sie momentan mehr davon hatte aber das war nicht fair. Leider war es aber auch vorerst nicht zu ändern.

Erst als meine Promo-Termine weniger wurden und ich für die finalen Tourbesprechungen wieder öfter zu Hause war, sahen wir uns wieder öfter. Mit der Tour im Kopf war ich nur leider irgendwie immer im Arbeitsmodus. Bis ich an einem Abend meinen Laptop nochmal nehmen wollte, Lena mir diesen aber aus den Händen nahm und weglegte. „Hör auf", sagte sie leise. Ich hörte, dass sie verletzt war und irgendwie wusste ich ja auch warum. Seufzend atmete ich durch und zog sie in meine Arme. „Du hast recht", sagte ich nur.

„Weißt du was", begann ich, weshalb wir uns lösten und sie mich abwartend ansah. „Wenn du morgen Zeit hast...", führte ich meinen Satz fort, wartete aber noch auf eine Antwort, bevor der eigentliche Punkt käme. „Bis 14 Uhr, ja", meinte sie. „Gut, dann trommeln wir vorher unsere Manager zusammen und planen unsere nächsten Wochen wenigstens schon mal. Bis Weihnachten oder so. So, dass wir uns öfter sehen können", schlug ich vor. „Du meinst, wir schauen, wann ich Zeit hab mit dir mit zu reisen, um mich dann im Hotelzimmer zu verstecken, weil keiner was mitbekommen soll?", fragte sie. Es tat weh das zu hören. Was sollte ich denn machen? In ein paar Monaten würde es andersrum sein. Schuldbewusst senkte ich den Blick. „Hey, ich weiß, du kannst nicht viel dafür. Das gehört dazu aber... ach man, ich vermiss dich", meinte sie und kuschelte sich wieder an meine Brust. Ich schlang meine Arme um sie und schloss die Augen, um ihren Duft aufzusaugen. ‚Ich dich auch', wollte ich sagen aber bekam es mal wieder nicht raus. Sauer auf mich selbst spürte ich Tränen in meinen Augen. Ich wollte ihr doch nur zurückgeben, was sie verdient hatte zu hören. Stattdessen drückte ich sie noch ein bisschen fester an mich. „Wir planen das erstmal und dann sehen wir weiter, ja?", murmelte ich, versucht hoffnungsvoll zu klingen. Sie nickte etwas.

„Was machen wir Weihnachten?", fragte sie plötzlich. Überrascht sah ich sie an. „Ähm... wenn ich nicht nach Hause fahre, spricht meine Mutter nie wieder ein Wort mit mir", murmelte ich leicht verzweifelt. Ich wollte Lena nicht ständig zwingen, sich nach mir zu richten. „Wollen wir... also... an Heiligabend jeder zu seiner Familie fahren und dann... keine Ahnung... kannst du ja einen Tag zu mir kommen und dann fahren wir beide zurück zu deiner Familie?", schlug sie vor. Ich seufzte. Das würde schwer werden, wenn meine Familie in Polen... halt. Dieses Jahr würde es ja gar nicht Polen sein. „Ja! Ja, das klappt! Ich bin ja nicht in Polen, sondern bei Mama zu Hause. Wir feiern ausnahmsweise nicht bei meiner Tante", erklärte ich begeistert. Das war die Lösung! Lena küsste mich grinsend. „Wir machen das schon, oder?", fragte sie. Ich nickte deutlich und küsste sie nochmal. Kichernd umarmten wir uns wieder. Diesmal glücklich über die Lösung, die wir vorerst gefunden hatten. Meine Tour würde ja auch erst in etwa einem halben Jahr wirklich losgehen, auch wenn ich nach Weihnachten natürlich trotzdem wieder unterwegs sein würde.

Erstmal fielen wir dann ins Bett. Ich war erleichtert darüber, dass wir miteinander gesprochen hatten. Unsere Manager hatten wir noch benachrichtigt bevor wir uns ins Bett gelegt hatten. Morgen würden wir die nächsten drei Wochen bis Weihnachten planen. Vielleicht würden wir auch mehr schaffen aber wahrscheinlich dauerte es seine Zeit zwei so volle Kalender aufeinander abzustimmen. Lena hatte ja nach ihrer Pause auch bald wieder mehr Termine und auch öffentliche Termine.

„Jetzt mach die Augen zu und kuschel mit mir", maulte Lena irgendwann. Schmunzelnd zog ich sie an mich. „Schlaf gut, kleine Fee", flüsterte ich mit einem Kuss auf ihren Kopf, was sie kichern ließ. „Wieso Fee?", fragte sie leise. „Ist dir Engel lieber?", fragte ich zurück und spürte quasi, wie sie rot wurde. „Hör auf so süß zu sein", murmelte sie noch und kuschelte sich noch näher an mich. „Wenn du so schön bist", gab ich nur zurück. Es dauerte noch eine Weile bevor wir aufhörten uns gegenseitig süße Sachen zuzuflüstern und anfingen zu schlafen aber es war unfassbar schön.

Der nächste Tag begann früh, da war unbedingt unsere Kalender abstimmen wollten, bevor ich los musste für einen Termin in Köln für eine Fernsehshow. Müde schleppten wir uns nacheinander ins Bad bevor wir frühstückten und zu Lenas Management ins Büro fuhren. Sie hatte zwar kein klassisches Management, wie die meisten anderen Künstler, aber es gab natürlich zuständige für ihre Termine. Ich bewunderte sie immer dafür, wie tief sie in allen Prozessen dabei war. Mein Manager Dennis war auch da und wir hatten eine große Leinwand gespannt, an der wir die Kalender von PC sehen konnten. Zunächst öffnete Anna Lenas Kalender. Die nächsten Wochen sagen noch recht ruhig aus, bis zur finalen Studiophase und dann die Promo. Überhaupt war ihr nächstes Jahr wieder sehr voll im Vergleich zu diesem, in dem sie ja Pause hatte. Ich sah, wie sie etwas überfordert zwei Schritte zurück machte. „Können wir kurz zwei Minuten bekommen", bar ich, als ich Tränen in ihren Augen schimmern sah. „Klar", meinten Anna, Bella und Dennis sofort und gingen kurz raus. Die drei hatten überraschend gefasst reagiert, als wir mitgeteilt hatten, dass wir zusammen waren. Sie freuten sich für uns. „Hey", sagte ich, als die Tür hinter den Dreien zu fiel und zog Lena in eine Umarmung. „Das sieht viel aus, hm?", fragte ich sie leise. Sie nickte leicht. „Da stehen auch Termine bei, dir nur ein paar Stunden dauern. Es sieht viel mehr aus, als es ist. Das ist ein ganzes Jahr. 365 Tage, da passt mehr rein, als man manchmal glaubt. Und du schaffst auch mehr, als du denkst. Du bist eine starke, junge Frau. Geschäftsfrau mittlerweile. Und du hast Bella und Anna, die dich immer unterstützen und mich natürlich", versuchte ich, ihr ein bisschen den Druck zu nehmen. Tatsächlich wurde sie ruhiger und schien das volle Bild ihres Kalenders langsam zu verarbeiten. „Weißt du was?", begann ich. Abwartend sah sie mich an. „Wenn du mal nicht mehr kannst. Wenn du wirklich einfach am Ende bist mit deinen Kräften und es geht nicht mehr, dann rufst du mich an und sagst mir das ehrlich. Dann mach ich mich sofort auf den Weg und bin so schnell es geht bei dir", erklärte ich. Ungläubig sah sie mich an. „Ich verspreche dir das, Lena", versicherte ich ihr. „Und wenn ich in LA bin oder so?", fragte sie. „Dann schauen wir, ob ich schneller bei dir sein kann, als du zurück bist und wenn ja, mache ich mich auf den Weg", sagte ich entschlossen. „Ehrlich?", fragte sie. „Ehrlich", gab ich zurück. „Weißt du, dass du unglaublich süß bist? Du bist der beste Freund, den man sich vorstellen kann", murmelte sie und küsste mich liebevoll. „Ich geb mein Bestes", gab ich nur zurück.

Und da kamen die anderen auch schon wieder und wir mussten mit der Arbeit beginnen. Als auch mein Kalender aufgerufen wurde, verstand ich Lenas Gefühl. Es war ein ganz schöner Druck, den man da für einen Moment spürte aber als ich mir selbst innerlich gut zu geredet hatte, ging es. Als unsere Kalender übereinander gelegt wurden, fielen schon mal ein paar freie Tage aufeinander. „Nicht erschrecken, das sieht sehr wenig aus aber deshalb sind wir ja hier", meinte Dennis. Also begannen wir umzuplanen und neu zu sortieren. Zu telefonieren und zu diskutieren bis nach ein paar Stunden immerhin bis Ende Januar neu geplant war. Das kostete unfassbar viel Zeit aber das war es uns wert. Der Rest würde nach Weihnachten besprochen werden. Dennis wollte mit Anna in Kontakt bleiben, sodass die Beiden den Februar schon mal vorbereiten würden und wir dafür nur noch zur ‚Abnahme' kommen müssten. Die Teams arbeiteten gut zusammen und ich war mir sicher, dass wir das schaffen würden.

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