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•Marks Sicht•

Ein paar schöne Tage genossen wir noch in Polen bei meiner Familie, dann musste Lenas Mama wieder zurück und auch wir fuhren mit. Wir wollten über Silvester in Hannover bleiben. Lena wollte ihrer Mama von Svenja und ihrem Vater erzählen, da sie es in Polen noch nicht geschafft hatte. Was das anging verstand ich sie wohl besser als jeder andere. Jemandem etwas nicht sagen können war meine beste Fähigkeit. In Hannover mussten wir zwar in ein Hotel, da Lenas Mama in ihrer Wohnung kein Gästezimmer hatte aber da das Hotel nur eine Straße weiter war, hatten wir kein Problem damit. Wenn Lena allein da war, schlief sie auf dem Sofa aber zu Zweit wäre das wohl ein bisschen eng geworden. Als wir am Nachmittag ankamen gingen wir auch erstmal ins Hotel und Nadja nach Hause, weil wir einfach müde von der Fahrt waren. „Ich stell mal lieber n Wecker fürs Abendessen, nicht das wir beide einschlafen", schlug ich vor. Lena nickte nur kurz. Sie lag schon flach auf dem Bett und hatte geschafft die Augen geschlossen. Sie sah friedlich aus aber man sah ihr auch an, dass sie nachdachte. Ich stellte also einen Wecker, zog meine unbequeme Jeans aus und legte mich neben sie. Aus kleinen Augen beobachtete sie mich und krabbelte sofort zu mir, als ich die Decke anhob und sie damit einlud, sich an mich zu kuscheln. „Es war richtig schön in Polen", murmelte sie. Ich nickte zufrieden. Dass es ihr mit meiner Familie gefallen hatte, erleichterte mich immer noch. „Weißt du, ich finde es eigentlich okay so wie es ist, dass wir mit Mama dort waren und alles aber ich... es wäre halt irgendwie schön, wenn ich mit dir auch irgendwo hinfahren könnte, wo meine Familie ist", erklärte sie. „Das können wir doch. Oder wir laden alle zu uns ein", gab ich verwirrt zurück. „Ja... aber es sind halt nur Mama, eine Tante mit ihrem Man und meine Oma... meine einzige Cousine lebt in Neuseeland und weil sie 10 Jahre älter ist haben wir nie so richtig viel miteinander zu tun gehabt. Mein Vater... ich weiß nicht mal ob ich den überhaupt jemals sehen will und kann und Svenja ist meine Schwester und ich... ich hab sie jetzt schon wahnsinnig lieb aber wir kennen uns auch eigentlich gar nicht richtig", zählte sie auf. Ich umarmte sie ein bisschen fester, weil ich das Gefühl hatte, sie brauchte das grade. „Ich vermisse dieses Gefühl, was ich bei euch hatte. Ihr seid alle so eng miteinander und wenn das Haus so richtig voller Leben ist und so, das ist toll", meinte sie. „Warum sagst du eigentlich so betont, ‚bei euch'? Du gehörst da jetzt dazu, da kommst du so schnell auch nicht mehr raus. Das ist jetzt auch irgendwie deine Familie, also wenn du das willst jedenfalls. Meine Tanten haben dich jedenfalls mittlerweile mit kochen lassen und das heißt was", erklärte ich. „Ehrlich?", fragte sie überrascht. „Ja! Solange du das willst, gehörst du jetzt zu mir und damit auch zu meiner Familie", bestätigte ich nochmal. „Außerdem: ich fühl mich auch aufgenommen bei deiner Mama, dein Vater fehlt mir nicht dafür. Svenja lernen wir halt beide jetzt nach und nach richtig kennen und deine Tante mit ihrem Mann laden wir einfach bald mal ein. Neuseeland steht auch noch auf meiner Liste an Ländern wo ich noch nicht war, also falls wir mal um die halbe Welt fliegen wollen, können wir auf jeden Fall deine Cousine mal besuchen. Nur weil deine Familie nicht so konservativ und traditionell zusammenkommt an Weihnachten, ist sie nicht weniger liebenswert", hielt ich meine kleine Rede weiter. „Ich gehöre gerne zu deiner Familie", murmelte sie nur noch und als ich runtersah, war sie schon eingeschlafen. So schlimm schien es also nicht zu sein. Schmunzelnd legte ich noch einen kleinen Kuss auf ihren Scheitel ehe ich versuchte mich ebenfalls zu entspannen. Ob ich schlafen konnte würde sich zeigen. Eigentlich war ich kein Typ für Mittagsschlaf.

Der Wecker riss mich aus meinen Träumen. Auch Lena grummelte müde und versteckte ihr Gesicht in meiner Halsbeuge. Ich streichelte sanft ihren Rücken woraufhin sie mich ansah und ich sie sanft küsste. „Mach das Ding aus", murmelte sie genervt, woraufhin ich mein Handy vom Nachttisch angelte und den Wecker stoppte. „Wir sind zum Abendessen bei deiner Mutter verabredet", gab ich zu bedenken, als Lena mich erneut küsste. „Aber erst in einer halben Stunde", grinste sie und legte erneut ihre Lippen auf meine. Kichernd schloss ich die Arme um sie. „Leni, wir müssen echt los", murmelte ich als wir uns nach einer gefühlten Ewigkeit noch nicht gelöst hatten. Eher ungern entfernte sie sich schließlich etwas von mir. „Wir haben zwanzig Minuten geknutscht wie zwei Teenager", stellte ich lachend fest. „Und? War schön", meinte Lena nur grinsend und lief ums Bett zum Koffer wo sie sich ein frisches Shirt und eine andere Hose anzog. Ich stand ebenfalls auf und zog mir eine Jeans und eine Sweatshirt-Jacke an. „Fertig?", fragte ich schmunzelnd. Kurz sah sie mich an und drückte mir noch einen Kuss auf die Lippen. „Jetzt ja", gab sie dann grinsend zurück. Noch immer mit einem ziemlichen Kribbeln auf den Lippen und überhaupt im ganzen Körper gingen wir zum Fahrstuhl. Wenn ich daran dachte spürte ich immer noch ihre Lippen auf meinen und auch sie grinste verliebt vor sich hin. Wenn mich nicht alles täuschte hatten wir beide ein bisschen geschwollene, rote Lippen vom Küssen. Das wir uns wirklich zwanzig Minuten höchstens mal für wenige Sekunden voneinander gelöst hatten konnte ich fast nicht glauben. Die Zeit flog wenn wir zusammen waren. „Kommst du?", fragte Lena schmunzelnd, als sie aus dem Fahrstuhl trat. Sofort folgte ich ihr mit ein paar schnellen Schritten. Sie hatte mich völlig aus meinen Träumereien gerissen.

Beim Abendessen mit ihrer Mama war die ganze Zeit eine gute Stimmung aber ich hatte das Gefühl, dass Lena über etwas nachdachte. Irgendwann griff sie plötzlich unter dem Tisch nach meiner Hand. „Mama, ich muss dir noch was erzählen", begann sie dann. Wäre das also der Moment? Sie wollte Nadja erzählen, dass sie eine Schwester hatte, dass sie per Mail Kontakt zu ihrem Vater hatte. Ich spürte ihre Unruhe und versuchte für sie ruhig zu bleiben. „Ich hab eine Schwester und ich hab mit... mit meinem Vater geschrieben", sagte sie und sah dabei stur auf den Tisch vor sich. Immer fester wurde ihr Griff um meine Hand, je länger ihre Mutter schwieg. Ich wagte einen vorsichtigen Blick zu Nadja die wie versteinert da saß. Langsam wurde die Stille drückend.

Was denkt ihr, wie wird Lenas Mama reagieren?

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