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•Marks Sicht•

Nach dem Abendessen, welches ich nach den letzten Tagen in den unterschiedlichsten modrigen Hütten, sehr genoss, fiel ich müde ins Bett. Ich nahm aber nochmal mein Handy hervor, um Lena und ein paar anderen zu schreiben, dass ich heile in einem Hotel angekommen war und morgen den Rückflug antreten würde. Nachdem ich Nitti, Nathalie und meinen Eltern geschrieben hatte, tippte ich auf den Chat mit Lena, in dem mich ihre letzte Nachricht noch anlächelte: »Hab dich lieb, gute Nacht ❤️« hatte sie geschrieben und ich hatte quasi das gleiche geantwortet. Wir beide hatten ‚hab dich lieb' geschrieben, wie wir es uns als beste Freunde auch manchmal sagten aber wir beide hatten in der selben Nachricht mit einem roten Herz geendet. War das nicht ein Widerspruch? Oder interpretierte ich zu viel?

Mit einem Kopfschütteln versuchte ich nicht weiter drüber nachzudenken und stattdessen anzufangen zu schreiben. »Hey Leni, ich bin jetzt im Hotel in Oskarshamn. Mir geht's gut und ich werde morgen zurückfliegen, wie geplant. Heute hatte ich sogar noch ein bisschen Zeit Souvenirs zu kaufen, du darfst dich also auf ein kleines Geschenk freuen. Ich hoffe, ich kann es dir auch bald geben und nicht erst in ein paar Wochen! Wir sehen uns in Berlin, hab dich lieb. Only Love, M❤️«

War es zu viel ihr Briefende zu kopieren? Sie schrieb das normalerweise, wenn Nachrichten klangen wie Briefe und meiner Meinung nach war das hier der Fall, also wieso nicht einfach dasselbe tun? Ich seufzte löschte und tippe das Herz immer abwechselnd bis ich es irgendwann mit Herz und Briefende abschickte in Gedanken an Freyas Satz beim einsteigen in den Bus: „Nicht mehr zu viel grübeln, auch mal machen." Sie hatte ja recht aber ich war nun mal ein unfassbarer Kopfmensch. Sonst bräuchte ich vielleicht auch nicht wandern gehen, um über mich nachzudenken. Manchmal nervte es mich, dass ich so wenig Mut hatte, mich wirklich zu öffnen. Die einzigen Menschen, die mich voll und ganz kannten waren meine Familie, Nitti und Lena. Es gab andere, die mich auch sehr gut kannten aber eben nicht vollkommen. Und trotzdem war es öfter passiert, dass ich vor Gesprächen mit zum Beispiel Lena über irgendwelche Gefühlsthemen auswich, sie vor mir herschob oder weglief, bevor es zu viel wurde. Dieser Weglaufreflex war am schlimmsten. In zu emotionalen Situationen lief ich einfach aus dem Raum, merkte dann, dass es dumm war, konnte aber auch nicht mehr wirklich zurück und lief weiter weg. Das war doch bekloppt! Vor allem mit Lena.

Natalie war mir da noch ähnlicher aber Lena war meist das genaue Gegenteil. Sie erzählte mir ohne nachzudenken alles, was ihr auf dem Herzen lag einfach drauf los und wenn sie weinte oder sie irgendwie verletzt war, lief sie nicht weg, sondern rutschte näher zu mir. Jedes Mal wenn ich verletzt war, war ich abgehauen. Dabei wusste ich, dass sie genauso für mich da wäre. Wir waren uns so wenig ähnlich. Wahrscheinlich würde das mit uns in einer Beziehung eh nicht funktionieren. Verdammt, wieso dachte ich überhaupt schon wieder darüber nach?

Plötzlich vibrierte mein Handy in meinen Händen. Lena hatte geantwortet: »Hey Mark, schön zu hören, dass alles gut ist. Tatsächlich lande ich morgen kurz vor dir in Berlin, weil ich aus Zürich zurückkomme. Hatte einen Fernsehauftritt. Ich kann ja auf dich warten, dann sehen wir uns direkt morgen. Ich freu mich auf dich und vor allem auf das Geschenk. Only Love, L 😉❤️« Morgen... morgen schon. Ich wusste überhaupt nicht, wie ich ihr gegenübertreten sollte, jetzt wo ich mir sicher war, dass ich mich verliebt hatte. Der Zwinkersmiley... worauf bezog der sich? Darauf, dass sie sich auf das Geschenk mehr zu freuen schien als auf mich oder darauf, dass ich ihr Briefende übernommen hatte? Oh man ich wusste nichts mehr, mein Kopf war leer und trotzdem so voll zur selben Zeit. Schnell legte ich das Handy weg und versuchte zu schlafen.

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