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•Marks Sicht•

Die nächsten Wochen wurden dann wieder stressig. Endlich konnten wir wieder richtig Festivals spielen und es machte total Spaß aber wir waren eben auch nicht die ganze Zeit zusammen unterwegs. Aufgrund einiger Verschiebungen klappte es auch nicht so richtig, dass wir uns regelmäßig sahen. Als Lena dann auch noch für L'Oréal nach Amerika musste nachdem wir uns schon in Deutschland fast zwei Wochen nicht länger als ein paar Stunden eines Tages gesehen hatten, wurde es irgendwie besonders schlimm. Ich wollte sie so gerne mal wieder eine Nacht bei mir haben, vielleicht sogar ein paar Tage. Einfach mit ihr einschlafen und aufwachen, sie berühren, küssen, richtig ansehen. Und auch Lena schien lieber mal wieder zu Hause sein zu wollen. Jedenfalls fragte sie mich wirklich oft, was ich grade machte und schrieb, dass sie mich vermisste. Auch beim telefonieren hatte ich das Gefühl, dass sie von Tag zu Tag müder und auch lustloser wurde. Das gefiel mir ganz und gar nicht aber als ich sie darauf ansprach meinte sie, dass sie sich nur wieder an den Stress gewöhnen müsste und sie nicht darüber reden will, sondern sich lieber ablenken. Die Distanz von Deutschland bis Amerika machte es uns aber nicht grade leichter. Wir fanden nur noch schwer Zeiten wo wir telefonieren konnten und irgendwann war es dann genug. Mitten in der Nacht ihrer Zeitzone klingelte mein Handy. Verwundert nahm ich den Anruf entgegen und entschuldigte mich kurz aus der Mini-Bandprobe. „Leni, alles gut?", fragte ich sobald ich allein war. „J-ja ich... wollte nur deine Stimme hören", gab sie zu aber ich merkte, dass sie sich irgendwie zurückhielt. „Okay... ist es nicht schon total spät bei dir? Ist wirklich alles okay?", halte ich deshalb nochmal nach. Sein ganz leises Schluchzen schaffte es durch den Hörer. Sie wollte nicht, dass ich es höre aber sie weinte. Was war denn los? Wieso sagte sie mir nicht einfach, dass es ihr nicht gut ging? „Leni, hey, was ist los?", wollte ich langsam wirklich wissen. „Ich... nichts, ich muss schlafen und du arbeiten... wir... wir telefonieren, ich lieb dich", presste sie schnell heraus und legte auf. Das ging mir viel zu schnell. Überrascht sah ich auf mein Handy und versuchte sie zurückzurufen aber sie hatte wohl ihr Handy aus gemacht. Das gefiel mir alles überhaupt nicht. Ich wollte bei ihr sein, ihr zuhören, für sie da sein und sie umarmen, ihr zeigen, dass alles gut wird und wir das schon schaffen, egal was eigentlich grade los war. Zügig lief ich zurück zu meiner Band, sagte ohne große Erklärung die Probe ab und joggte schon fast als ich weiter lief zu meinem Manager. Dass nicht nur Nitti, sondern auch die anderen mir verwirrt hinterher sahen, war mir egal. „Dennis! Dennis, kann man das Festival morgen noch absagen?", fragte ich ein bisschen hektisch. Ungläubig sah er mich an. „Okay, atme mal durch und sag mir erstmal was los ist", bat er mich ruhig. Also versuchte ich mich kurz zu beruhigen. „Lena geht's nicht gut, ich will zu ihr", fasste ich dann kurz zusammen. „Ähm... ist sie nicht in LA?", fragte Dennis dann, woraufhin ich sofort nickte. „Und du willst jetzt da hinfliegen und dann?", wollte er weiter wissen. Er hielt mich für einen durchgeknallten Teenager. „Für sie da sein. In einer Woche kommt sie wieder, dann würde ich logischerweise mit ihr zurückfliegen und bis dahin ins nur noch heute das Festival und ein Auftritt mit drei Liedern übermorgen. Die anderen Termine... kann man verschieben oder per Videokonferenz machen", versuchte ich ihn zu überreden. „Videokonferenz? Schon mal was von Zeitverschiebung gehört? Mark, ich meine das nicht böse aber Lena hat doch ihre Leute da um sich rum, die passen schon auf sie auf", meinte er aber. „Dennis...", begann ich und seufzte kurz genervt. „Komm schon! Wir sagen einfach, ich bin krank oder so", blieb ich hart. „Geht's ihr denn wirklich so schlecht?", fragte er. Er wurde langsam weich, das merkte ich. „Keine Ahnung, das ist es ja: Sie will nicht mit mir reden und das ist nicht... so ist sie sonst nicht", erklärte ich. „Du weißt, dass wenn das durchsickert, ihr erstens für Wochen in der Presse seid und du zweitens erstmal der unzuverlässigste Festival-Künstler Deutschlands bist und eventuell um deine Verträge kämpfen musst", führte mir Dennis die möglichen Folgen aus. Kurz ließ ich sie mir durch den Kopf gehen, beschloss dann aber, dass Lena mir wichtiger war als das. „Das ginge dann auf meine Kappe. Dennis, bitte sag einfach ab und ich hole jetzt meine Sachen und fahre zum Flughafen", machte ich es klar. „Ich kann dich nicht aufhalten oder?", stellte er fest. Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf und so nickte er nur seufzend. „Dann hau schon ab aber pass auf, dass dich keiner sieht und wenn dann huste ein bisschen oder seh halt erkältet aus", sagte er schließlich. „Danke, du solltest mehr Gehalt bekommen!", rief ich noch im Weggehen und machte mich dann so schnell es ging auf den Weg, meine Sachen aus dem Hotel holen und zum Flughafen. Ein Flug nach LA war tatsächlich bald gefunden und so dauerte es nicht mehr lange bis ich in der Luft war.

Als ich dann da so drüber nachdachte, kam ich mir wirklich so vor, wie ein verrückter Teenager. Vielleicht hatte ich ein bisschen überreagiert. Dennis hatte recht, Bella und Philipp waren ja bei ihr und die waren auch immer für sie da. Irgendwie konnte ich es aber nicht verstehen, wieso sie mir nicht wenigstens sagte, was überhaupt los war. Als ich das Gefühl hatte, Bella nicht völlig aus dem Bett zu schmeißen, zeitlich betrachtet, schrieb ich ihr, dass ich kommen würde. In Kurzform erklärte ich, dass ich mir irgendwie Sorgen gemacht hatte und fragte dann, wo sie eigentlich waren. Sie schrieb mir, dass sie das zwar auch ohne mich geschafft hätten bis nächste Woche, sie sich aber freute und es sehr süß fand, dass ich auf dem Weg war. Außerdem schickte sie mir die Adresse des Hotels. Bis ich ankommen würde, wären sie wahrscheinlich schon wieder von ihren Terminen des heutigen Tages zurück. Der Flug dauerte eben seine Zeit und auch wenn ich wollte, konnte ich das nicht beschleunigen. Ich hatte mir überlegt, Lena nicht zu sagen, dass ich kommen würde, sondern sie zu überraschen und irgendwie freute ich mich auch total darauf, sie wieder zu sehen. Je näher ich LA kam, desto ungeduldiger wurde ich aber dann landete ich gegen Nachmittag, Ortszeit, in LA.

Was glaubt ihr, was ist mit Lena? War es richtig, dass Mark sofort los gefahren beziehungsweise geflogen ist oder war es übertrieben?

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