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•Marks Sicht•

Als ich wach wurde spürte ich weiche, warme Lippen auf meinen und musste sofort lächeln. „Mhhh...", machte ich enttäuscht, als sie sich löste und öffnete die Augen. Sie kicherte und grinste mich dann mit leuchtenden Augen hellwach an. Ich war immer wieder überrascht, wie wach sie so früh schon war. „Ich hab Hunger aber du musst bestellen, manchmal haben Hotelleute meine Stimme schon am Telefon erkannt", erklärte sie. Müde setzte ich mich auf, da hielt sie mir schon ungeduldig Brille und Telefon entgegen. „Hast du's eilig?", fragte ich sie schmunzelnd und setzte mir die Brille auf. Sie brauchte gar nicht antworten, denn wie auf Kommando knurrte ihr Magen, was uns beide lachen ließ. „Dann will ich mal meine Freundin nicht länger warten lassen", lächelte ich und nahm das Telefon, um uns Frühstück zu bestellen. Mit runter konnte sie nicht und ich wollte sie nicht schon wieder allein im Zimmer sitzen lassen, wenn es anders ging. Während sie also wie ein kleines ungeduldiges Äffchen an meinem Arm hing bestellte ich uns Frühstück aufs Zimmer.

Als der Zimmerservice an der Tür klopfte verschwand Lena kurz im Bad bis der nette Herr das Tablett mit einem Frühstück für zwei auf dem Tisch abgestellt hatte. Er musste mich für bescheuert halten, alleine ein Frühstück für zwei zu bestellen. Als ich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, öffnete ich die Badezimmertür und Lena kam wieder raus. „Endlich!", stieß sie aus und rannte regelrecht zum Tisch. Ich ging ihr lachend nach und setzte mich ihr gegenüber. Wir frühstückten genüsslich und die gute Laune vom Vortag schien anzudauern. Meinetwegen konnte es ewig so weitergehen.

„Ich fahre zurück!", rief Lena, als wir am Auto ankamen und zog den Autoschlüssel aus meiner Hosentasche. „Sicher? Das sind ein paar Stunden", gab ich zu bedenken. „Na und? Ich hab mehr geschlafen", argumentierte sie und so stieg ich dieses Mal auf der Beifahrerseite ein. „Wieso hast du n Schaltwagen?", fragte sie verwundert. „Macht mir Spaß", gab ich nur verwirrt zurück. Das war ja jetzt auch nichts außergewöhnliches. „Ich bin ewig keinen mehr gefahren", sagte sie. „Aber du kannst das noch?", fragte ich sie witzelnd. „Ja", gab sie lachend zurück und startete den Wagen. Direkt an der Ausfahrt würgte sie einmal ab, was mich lachen ließ. Wortlos kniff sie mir in den Oberschenkel. „Au!", jaulte ich aber sie fuhr einfach wieder los und grinste. „Ein paar Wochen zusammen und schon der erste blaue Fleck", murmelte ich aus Spaß. „Heul' nicht rum! Sonst musst du Bahn fahren", gab sie im selben Spaßton zurück. Wir lachten und schalteten schließlich das Radio an als wir auf die Autobahn fuhren.

„Jetzt musst du mir aber auch die Fahrt versüßen! Ich hab auch die ganze Zeit für dich gesungen", meinte sie irgendwann. „Du hast gesungen, weil's dir Spaß macht, nicht wegen mir", gab ich lachend zurück. „Dir macht Singen auch Spaß, also los! Sing für mich, mein Schatz!", gab sie witzelnd von sich. Also begann ich die Radiosongs mitzusingen bis ich irgendwann kurz vor heiser war. „Nicht aufhören", maulte sie. Ich lachte etwas. „Ich hab die letzten beiden Stunden fast durchgesungen", seufzte ich. „Na gut...", gab sie theatralisch traurig zurück. Ich öffnete mein Handschuhfach und fummelte ein Stück Schokolade aus meiner Notfallpackung, um sie damit zu füttern. „Ich nehme die Entschuldigung an", grinste sie.

Ich lachte und der Rest der Fahrt ging zum Glück relativ schnell, sodass wir am Nachmittag in Berlin ankamen. „Wärst du mir böse, wenn ich heut Abend noch eine Videokonferenz mache? Ich muss noch was mit Dennis besprechen", sagte ich, als wir in meiner Wohnung ankamen. Sie hatte unbedingt mit her gewollt anstatt in ihre eigene Wohnung. „Wieso bin ich dann mitgekommen?", fragte sie ein bisschen beleidigt. „Es dauert nicht lange, versprochen", versuchte ich sie zu besänftigen. „Du bekommst 45 Minuten, dann steht Abendessen auf dem Tisch und wenn du nicht kommst, Dreh ich dir das W-LAN ab", drohte sie. „Das schaff ich. Ich freu mich aufs Essen, du kochst immer so gut", seufzte ich und küsste sie nochmal, ehe ich in meinem Arbeitszimmer verschwand und den Laptop startete.

Das mit Dennis war nur eine Ausrede. Ich wollte mit Natalie skypen und ihr erstmal alles erzählen und sie nach Beratung für ein Weihnachtsgeschenk für Lena fragen. Zum Glück ging sie auch ran. Sie freute sich riesig mich zu sehen und ich erklärte ihr kurz, dass ich nicht viel Zeit hatte. Dann musste ich zum Thema kommen und wurde plötzlich ziemlich nervös. Sie wusste doch längst den Großteil der Geschichte. Zu meinem Glück freute sie sich tierisch für mich, als ich ihr erzählte, dass Lena und ich es tatsächlich geschafft hatten und zusammen waren. Die Sache mit dem Geschenk dauerte länger und vor allem, als ich ihr erzählte, dass ich am ersten Weihnachtsfeiertag von Mama weg und zu Lena fahren würde, meinte sie, dass das ziemlich schwierig werden würde, das Mama zu erklären. Ich wusste was sie meinte. Meine Mama wollte mich nie gehen lassen an Weihnachten. Ich wusste trotzdem, dass ich das machen wollte. Für Lena und irgendwie ja auch für mich. Am Ende des Gesprächs stand fest: Ich würde morgen mit Mama telefonieren und ihr alles erklären und ein Geschenk hatte ich noch immer nicht. Warum war das denn so verdammt schwer?

Dennoch irgendwie erleichtert, es zumindest Natalie gegenüber schon mal losgeworden zu sein, begab ich mich zu Lena in die Küche. „Oh, sogar zu früh? Ich dachte, ich muss dir nachher wirklich das W-Lan ausmachen damit du zum Essen kommst", meinte sie überrascht. Ich küsste sie kurz. „Hatte halt Sehnsucht nach dir", zwinkerte ich aus Spaß. Dennoch wurde sie ein bisschen rot und wendete sich wieder dem Essen zu, das wenig später fertig war. Ich hatte den Tisch gedeckt und so konnten wir direkt beginnen. „Mhhh... wow, das ist wahnsinnig gut!", staunte ich, überrascht über ihre vegetarische Spaghetti Bolognese. Ich hatte nichts außergewöhnliches erwartet aber das war unfassbar gut. „Was ist deine Geheimzutat?", wollte ich wissen. Sie grinste nur zufrieden. „Liebe", scherzte sie dann. Ich verdrehte die Augen, da ich wirklich wissen wollte, was da dran war. „Ich verrat's dir nicht. Familiengeheimnis", meinte sie. Ich seufzte. „Mama hat es von Oma und so weiter und man darf es nur seiner Familie sagen... geheiratet würde auch zählen", erklärte sie. „Ich werde dich irgendwann heiraten müssen! Das ist unfassbar lecker", sagte ich nach einer weiteren Gabel und war dann selbst etwas überrascht über meine Worte weshalb sich nicht nur ihre Wangen rot färbten. Aber wir sagten nichts mehr dazu und genossen einfach. Jetzt konnte diese Frau auch noch kochen! Gab es irgendwas, was sie nicht konnte?

Tja, gibt es irgendwas, was sie nicht kann? Mir fällt da tatsächlich auch nicht wirklich was ein...😂

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