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•Marks Sicht•

In den nächsten Wochen und Monaten entstanden überdurchschnittlich viele neue Songs. Bei Lena aber auch bei mir. Corona gab uns diese Zeit und dennoch waren wir der Meinung, dass es langsam auch wieder richtig weitergehen könnte. Viele unserer Freunde, die in der selben Branche arbeiteten, hatten gewaltige Probleme finanziell durchzuhalten. Aber das Jahr neigte sich dem Ende und die Zahlen schienen sich nach der zweiten Welle endlich wieder ernsthaft zu beruhigen. Ehrlich gesagt war ich bisher nicht davon ausgegangen, dass das ohne einen Impfstoff noch passieren würde aber ich hatte wieder ernsthafte Hoffnung, dass es im neuen Jahr besser werden würde. Das Jahr, was bereits in zwei Monaten beginnen würde.

Heute war aber erstmal was komplett anderes dran. Lenas Schwester wollte kommen und Lena wollte mit ihr endlich über ihren Vater sprechen. „Meinst du wir streiten?", fragte sie mich noch vor der verabredeten Zeit. „Ihr hättet genug Gründe auch wenn weder sie noch du irgendwas für die Situation könnt. Aber genau deshalb werdet ihr euch auch wieder vertragen. Ihr seid Schwestern und ich spreche aus Erfahrung, wenn ich sage, mit seinen Geschwistern streitet man aber man verträgt sich auch wieder", sagte ich ruhig und dann klingelte es auch schon.

Erstmal begrüßten die Beiden sich fröhlich und dann gab es erstmal Kaffee und Kuchen. Wir unterhielten uns über die letzten Wochen auch wenn es nicht viel zu sagen gab. Svenja hatte es als frisch gebackene Musicaldarstellerin momentan auch nicht grade leicht. Aber darum sollte es ja eigentlich nicht gehen heute. Deshalb ließ ich die beiden dann auch erstmal alleine. Das musste und konnte Lena allein schaffen, ich sollte mich nicht einmischen. Also saß ich dann im Arbeitszimmer und wollte eigentlich arbeiten aber ich hatte das Gefühl ich würde durch die Türen Lenas Aufregung spüren. Ich hoffte einfach, dass die Beiden dieses Gespräch einigermaßen ruhig führen konnten. Erst ein paar Stunden später hörte ich die Wohnungstür zugehen, woraufhin ich sofort aufstand und zu Lena lief. Kaum bemerkte sie mich, schon lag sie in meinen Armen. „Hey", sagte ich leise, wusste noch gar nicht, wie es ihr so ging. Und plötzlich begann sie zu weinen aber ich hatte nicht das Gefühl, dass sie traurig wäre. Eher erleichtert. Jedenfalls schloss ich die Arme fester um sie. Einige Augenblicke standen wir so da bis Lena sich etwas löste und sich die Tränen weg strich. „Wie lief's?", fragte ich dann vorsichtig. „Ich... es war... ich bin total am Ende aber... aber wir haben einfach geredet", erklärte sie und wirkte ein bisschen überrascht. Ich lächelte nur und strich ihr sanft eine Strähne hinters Ohr. „Sollen wir uns aufs Sofa kuscheln? Dann kannst du mir mehr erzählen, wenn du magst", schlug ich vor. Direkt nahm sie meine Hand und zog mich mit.

„Er war wirklich immer für sie da... und Svenja meint, er wirkte immer wenn sie mal nach ihrer Halbschwester gefragt hat, als täte es ihm wirklich leid, dass es so ist wie es ist. Ich meine... ich weiß nicht, ob ich das glauben kann und sauer bin ich trotzdem aber... ach keine Ahnung", erklärte Lena als wir dann so da saßen. „Es tut gut zu wissen, dass du ihm nicht völlig egal bist, ist es das?", versuchte ich in Worte zu fassen, was sie meinte. „Wahrscheinlich... ist das nicht eigentlich total erbärmlich? Er ist gegangen, ich bin unfassbar wütend und enttäuscht und keine Ahnung was noch alles aber trotzdem hoffe ich, dass ich ihm nicht egal bin?", murmelte sie dann, sah auf ihre Hände und spielte mit dem Ring. „Nichts daran ist erbärmlich, Lena. Er ist immer noch dein Vater und natürlich hast du ihn vermisst. Jedes Kind, wahrscheinlich auch jeder Erwachsene, braucht manchmal einen Papa und deiner war nie da. Du darfst ihn vermissen", wollte ich ihr klar machen. „Er ist nicht mein ‚Papa'. Allerhöchstens mein Vater", sagte sie nur und da sprach wohl die Wut aus ihr. Ich nickte nur leicht und nahm ihre Hände in meine. Sie saß auf meinem Schoß, an mich gelehnt und ich hatte beide Arme um sie gelegt. „Hauptsache ist, dass du damit umgehen kannst, dass Svenja ihn als ihren Vater liebt und dass sie genauso damit klarkommt, dass du das nicht tust", war ich der Meinung und legte ihr einen kleinen Kuss an die Schläfe. „Und das haben wir ja heute geklärt. Ich glaube das schaffen wir", meinte sie und lächelte leicht. „Das glaube ich auch", sagte ich noch.

Ich hoffe, das Kapitel gefällt euch trotz des Zeitsprungs... Ich hab schon länger überlegt, wie ich ein Gespräch über ihren Vater mit ihrer Schwester gestalte und so fand ich es jetzt okay... Da ich selber das ja nicht erlebt habe, hoffe ich, wie gesagt, dass es euch gefällt☺️

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