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•Marks Sicht•

Mit dem Taxi an Lenas Wohnung sah sie immer noch das Armband an. Sie schien es wirklich zu mögen, was meinem Selbstbewusstsein, dass sich vorhin mit einem Blick in ihre wunderschönen Augen vollends aufgelöst hatte, einen gehörigen Schub gab. Ich grinste zufrieden vor mich hin bis sie kurz meinen Arm berührte, um auf sich aufmerksam zu machen. Sofort verteilte sich wieder diese Wärme in mir und meine Unsicherheit wuchs wieder. „Ich würd dich ja fragen, ob du noch bleibst aber wahrscheinlich willst du auch mal nach Hause nach acht Tagen wandern. Wir müssen uns unbedingt bald wieder treffen und du musst mir alles erzählen! Vor allem, wie die Jungs Satellite fanden! Oh, und du musst es mir Vorspielen!", plapperte sie aufgeregt, beim Aussteigen. Entgeistert sah ich sie an. Das war keine gute Idee! Einen Liebessong für meine beste Freundin, in die ich mich verliebt hatte? Nein! „Ach komm, dann hättest du es mir nicht erzählen dürfen", meinte sie nur schulterzuckend als sie meinen Blick gesehen hatte.

Bevor ich etwas sagen konnte, umarmte sie mich zum Abschied striff dabei mit den Lippen meine Wange und stieg dann grinsend aus. „Komm erstmal wieder hier an, aber melde dich, wenn du Zeit hast!", wiederholte sie, als sie endgültig ausstieg. „Jaha", lachte ich augenverdrehend, während das Gefühl, wie ihre weichen Lippen ganz zart an meiner Wange entlang gefahren waren, grade erst bei mir ankam. Und dann war die Tür auch schon zu und sie mit ihrem Koffer auf dem Weg ins Haus. Ich atmete tief durch und sah ihr kopfschüttelnd nach. Ich war wirklich verliebt! Ich hatte Freya gesagt, dass ich es Lena sage, falls sie mich nochmal küsst. Zählte diese Berührung ihrer Lippen auf meiner Wange schon dazu? Nein. Nein, das kam auch bei guten Freunden mal vor. Außerdem würde ich sowieso kein Wort raus bringen. Ich war so unfassbar nervös gewesen, als wir uns am Flughafen getroffen hatten. Zum Glück hatte sich das mit der Zeit etwas gelegt. Trotzdem war ich jetzt irgendwie erleichtert.

Wenig später kam ich an meiner Wohnung an. Ich zahlte das Taxi und ging mit meinem Rucksack in den zweiten Stock. Dort schloss ich die Tür auf und atmete den vertrauten Geruch von zu Hause ein. Meinen Rucksack ließ ich achtlos fallen, genauso wie ich meine Schuhe im Flur stehen ließ. Dann fiel ich erstmal aufs Sofa. Es tat gut wieder hier zu sein und ich hatte einiges über mich herausgefunden auf der Wanderung. An der Wand neben dem Fernseher hing noch das letzte Bild von Finja mit mir. Wir waren im Urlaub in Portugal gewesen. Immerhin für drei Tage, da ich mehr Zeit nicht hatte. Auf dem Bild standen wir Arm in Arm am Meer und sie sah wahnsinnig glücklich aus.

Ich wollte mich nochmal bei ihr melden. Irgendwie hatte ich das Bedürfnis, mich zu entschuldigen und ich wollte wissen, wie es ihr geht. Vielleicht könnten wir Freunde bleiben. Wenn aus besten Freunden Liebe werden konnte, konnte auch Liebe zu Freundschaft werden.

Entschlossen griff ich nach meinem Handy und ging auf den Chat mit Finja. Ihr Profilbild war eine kleine weiße Katze. Vielleicht hatte sie den oder die Kleine gekauft, als sie ausgezogen war. Also begann ich zu tippen: »Hey! Ich weiß nicht so genau, wie ich anfangen soll aber ich würde gerne nochmal mit dir reden. Nicht, um irgendwas festzuhalten, was nicht mehr ist. Ich würde mich einfach über ein Gespräch freuen, auch falls das unser letztes sein sollte. Vielleicht kannst du das verstehen und wenn nicht, ist es auch okay. Ich wünsche dir viel Glück und Kraft, falls wir uns nicht mehr sehen sollten. Ich bereue unsere Zeit nicht, das sollst du wissen«, schrieb ich. Mal sehen, was sie davon halten würde. Ich hoffte einfach, dass ich jetzt nichts aufwühlen würde, was sich grade erst gelegt hatte.

Nachdem ich mich in gemütliche Klamotten geworfen hatte bestellte ich erstmal eine große Pizza. Das hatte ich nach acht Tagen wandern mit hauptsächlich Knäckebrot und Müsliriegeln auch verdient. Während ich auf mein Essen wartete, warf ich einen Blick in meinen Kalender. Die nächsten Wochen waren Studioarbeit und Promo-Tour angesagt. Eigentlich sollte das Album schon viel weiter sein aber es fehlte noch ein ganzer Song und ein paar waren noch nicht ganz fertig. Wenn es immer so schnell gehen würde, wie mit den Jungs in Uganda, wäre ich übermorgen fertig aber leider würde das nichts werden. Ich hatte auch noch einen Song im Ärmel, den nichtmal Nitti bis jetzt gehört hatte aber den mochte ich nicht aufs Album packen. Es ging um die Trennung von Finja aber irgendwie wollte ich ihn nicht veröffentlichen. Es wusste ja auch fast niemand von Finja geschweige denn davon, dass wir uns getrennt hatten. Vielleicht würde er irgendwann den Weg nach draußen finden aber nicht auf diesem Album.

Grade wollte ich schauen, wann ich in den nächsten Tagen Zeit für Lena hätte, die mich ja unbedingt noch über die Wanderung ausquetschen wollte, da klingelte es. Beim Gedanken an Pizza ließ ich alles stehen und liegen. Diesen Tag ließ ich entspannt ausklingen. Morgen musste ich ins Studio.

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