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•Marks Sicht•

Als ich am nächsten Tag in München war hatte ich neben den Interviews viel Zeit, mir Gedanken zu machen. Gestern hatte ich es irgendwie nicht geschafft, Lena gegenüber zuzugeben, dass ich am liebsten bei ihr geblieben wäre. Aber wieso wusste ich irgendwie nicht. Leider kannte ich das aber schon, jetzt wo ich länger drüber nachdachte. Immer wenn mir jemand näher kam wurde es schwer für mich. Ich kannte Lena schon ewig und bis jetzt hatte ich nie Grund ihr zu misstrauen und wir hatten auch von Anfang an ein sehr ehrliches Verhältnis. Dennoch kam jetzt mein kleines Gefühlsproblem wieder hoch. Die Blockade, die ich hatte, wenn es ernst wurde. Finja hatte mich damals irgendwann drauf angesprochen, weil sie verletzt war. Sie dachte, ich würde es nicht ernst meinen. Seufzend vergrub ich mein Gesicht in den Händen. „Alles klar?", fragte Dennis. Wir waren grade auf dem Weg von München nach Stuttgart. Mit der Bahn über Nacht. Ich nickte nur. Mit Dennis wollte ich darüber nicht sprechen.

Irgendwann schlief ich ein aber ich träumte von der Situation mit Finja damals. Es hatte ihr wirklich wehgetan, dass ich ihr nicht sagen konnte, wenn ich sie vermisste oder sowas. Es hatte gefühlt ewig gedauert, bis ich ein ‚ich liebe dich' rausgebracht hatte und ich hatte sie so oft verletzt, als ich es nicht hatte sagen können. Aber sie hatte Geduld mit mir gehabt, trotz allem, und irgendwann war meine Blockade gefallen. Als sie eine gute Freundin von Natalie gestorben war und ich fühlen konnte, wie schnell das Leben zu Ende sein konnte, hatte ich Finja plötzlich alles sagen können.

Warum konnte ich das bei Lena nicht? Wo ich doch diese Erfahrung gemacht hatte. Ich wusste doch, dass ich sie nicht verlieren wollte und dass ich sie jetzt schon vermisste. Was war so schwer daran es auszusprechen? Der Blick in ihre Augen. Die Angst, Ablehnung darin zu finden. Es gab keine hundertprozentige Sicherheit, dass sie das selbe für mich fühlte, auch wenn ich absolut keinen Grund hatte etwas anderes zu denken.

Etwa bei Sonnenaufgang kamen wir in Stuttgart an. Wir hatten noch eine ganze Weile Zeit, bis wir den ersten Termin hatten aber schlafen konnte ich irgendwie nicht mehr. Ich hatte es seit Ewigkeiten nicht mehr getan aber in dieser Nacht zog ich mir eine Jogginghose an, die ich eigentlich eher zum rumsitzen mithatte und ein Shirt und ging laufen. Weit kam ich nicht, so gut war meine Konditionen leider nicht, aber es verschaffte mir einen freien Kopf und ein paar gedankenlose Minuten.

Zurück im Hotel duschte ich und zog mich um bevor ich zum Frühstück ging. »Guten Morgen! Ich hoffe du hast einen schönen Tag und ein leckeres Frühstück❤️«, schrieb ich Lena. Da sie nicht antwortete ging ich davon aus, dass sie noch schlief. Oder sie war verletzt. Weil ich es nicht geschafft hatte, ihr zu sagen, dass ich sie vermisste.

Nach dem Frühstück machten wir uns bald auf den Weg zum ersten Interview. Noch am Abend stiegen Dennis und ich in einen Flieger nach Berlin. Eigentlich versuchten wir Flüge zu vermeiden aber wir brauchten so viel Zeit wie möglich für das Album. Lena hatte mir den ganzen Tag nicht geantwortet, was dafür sprach, dass sie verletzt war. Ich hatte sie verletzt und ich konnte es nicht ändern. Sobald ich in ihre Augen sah, bekam ich kein Wort mehr raus. Frustriert saß ich bei Nitti im Studio. „Mark, du musst schon mit mir reden, sonst können wir weder arbeiten, noch kann ich dir helfen", seufzte Nitti irgendwann. „Ich glaub, ich tu' Lena nicht gut", murmelte ich leise. „Hm?", fragte er. „Ach nichts", gab ich nur zurück und wir begannen zu arbeiten.

Am Abend hatte sich Lena noch immer nicht gemeldet, weshalb ich zu mir und nicht zu ihr nach Hause fuhr. Auch heute Nacht konnte ich kaum schlafen. Ich wollte sie doch gar nicht verletzten aber ich wusste, dass ich es immer wieder tun würde. Ich konnte ja schlecht warten, bis jemand starb, um wieder zu fühlen wie endlich das Leben ist, um dann plötzlich meine Blockade zu überspringen. Das würde so schnell nicht nochmal passieren, davon abgesehen, dass ich weiß Gott nicht wollte, dass jemand starb.

Heute etwas später und kürzer... sorry...

Der Weg des LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt