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Teil 70
•Marks Sicht•
Am nächsten Tag hatten wir beide frei. Lena wollte dennoch ein Video von Paul ansehen, bevor es übermorgen auf YouTube hochgeladen werden sollte. Morgen wollte Paul die letzten Schnittarbeiten machen, deshalb war es auch nur ein Rough-Cut und Lena sollte nur schauen, ob die Szenen so passten. Ich ließ mich neben sie auf die Couch fallen, um mit zu gucken. Es war komisch, ihre Woche auf so wenige Minuten zusammengeschnitten zu sehen, da ich ja wusste, was sie so alles gemacht hatte. „Ich könnte mich nie entscheiden, welche Szenen man nimmt", sagte ich irgendwann. „Ich auch nicht, deshalb guck ich nur hinterher drüber, ob ich alles okay finde", erklärte sie. Die nächste Szene zeigte, wie Lena ein paar Fotos mit Fans machte. Ich liebte es, wie liebevoll sie zu allen war und musste sofort lächeln. Bis mir etwas auffiel. Einer der ‚Fans' mit dem sie ein Foto machte, hatte einen Arm um sie gelegt, so wie sie um ihn. Aber seine Hand lag nicht lange nur auf ihrem Rücken. Sofort saß ich aufrecht und drückte Pause. Verwirrt sah sie mich an. „Der Typ hat dir an den Arsch gepackt", brachte ich nur empört hervor. Sie seufzte und sah mich mitleidig an. Sie musste sich doch unwohl damit fühlen, nicht ich. Wieso hatte sie mit mir Mitleid? „Sagst du auch was dazu?", bat ich sie dann, noch immer mit deutlich erhöhtem Puls. „Naja... das kommt schon mal vor...", gab sie zu. Jetzt sah ich sie endgültig ungläubig an. Sie nahm das einfach hin? „Bella nimmt mich dann sofort beiseite. Wir geben unser Bestes, das zu vermeiden aber ich kann ja nicht hellsehen", versuchte sie sich zu rechtfertigen. „Du... Okay wow", brachte ich nur hervor und atmete tief durch. „Also, du kannst natürlich nichts dafür und das weiß ich auch, ich bin dir dafür nicht böse. Ich... ich kann nur nicht glauben, dass ihr... dass der damit durchkommt", erklärte ich mich. „Wenn wir da jedes Mal einen riesen Aufstand machen würden und das jedes Mal in der Presse landet, haben wir auch jedes Mal Wochen lang mein Gesicht in der Klatschpresse", argumentierte sie. Erneut seufzte ich. Das stimmte zwar aber war das Grund genug sowas durchgehen zu lassen? „Wie... wie oft passiert das?", fragte ich schließlich. So richtig sicher, ob ich die Antwort verdauen könnte, war ich mir nicht. „Nicht oft, vielleicht ein oder zweimal im Jahr", sagte sie. Das war zugegebenermaßen seltener, als ich erwartet hatte aber eigentlich tat die Häufigkeit auch nichts zur Sache. Und wenn es nur einmal passiert wäre, wäre es zu oft passiert. „Vielleicht bin ich zu naiv", seufzte ich schließlich. Eigentlich hätte ich mir denken können, dass einer Frau sowas passierte. Sie war schließlich nicht nur in meinen Augen wunderschön. „Ich hätte dir das ja auch mal sagen können", gab sie zu. „Erstmal soll Paul die Szene rausnehmen... Wir... ich kann ja schauen, dass wenigstens ein Security-Mensch einmal mit demjenigen ein ernstes Wörtchen redet, wenn sowas nochmal passiert", schlug sie dann vor. Ein weiteres Mal seufzte ich. „Was soll ich dazu sagen? Du musst ja damit leben, also ist es deine Entscheidung", sagte ich ehrlich. „Ich bin trotzdem für dich da, wenn... wenn irgendwas passiert und du... reden willst", fügte ich sofort an. Sie lächelte sofort und gab mir einen kurzen Kuss. „Ich spreche nochmal mit Bella, versprochen", sagte sie leise. Also schloss ich sie in meine Arme. „Schauen wir weiter?", fragte ich. Sie nickte und so sahen wir uns die letzten Szenen an. Die waren alle okay und das schrieb Lena auch Paul. Und obwohl das Thema für Lena damit abgeschlossen war, sollte es noch ein paar Tage länger in meinem Kopf bleiben bis ich es erstmal vergessen konnte. Soweit man sowas vergessen könnte.

Mich würde hierzu schon mal euer Feedback interessieren☺️

Zum Glück wurde ich durch ein paar Tour-Proben und Besprechungen abgelenkt und dachte irgendwann immer weniger darüber nach. Wir genossen die zwei Wochen, in denen wir wieder mehr Zeit für uns hatten. Lena kam oft wahnsinnig glücklich aus dem Studio zurück, da ihr Album sich immer mehr dem Endzustand näherte. Sie war wirklich so viel ausgeglichener mit diesen Album und allem Drum und Dran, als mit dem, welches sie zuvor angefangen hatte.

Grade am ersten Tag, an dem wir beide wieder unterwegs waren, erhielt ich dann aber einen Anruf von meinem Manager, der nicht nur meine Laune beeinflussen würde. Er bestellte mich ins Büro und präsentierte mir einen Brief. Etwas verwirrt nahm ich ihn. Nach wenigen Sätzen war mir klar von wem er war und für wen. Lenas Vater schrieb, dass er seit ihrem Lied „If I wasn't your daughter" versuchte sie zu kontaktieren, er aber nie eine Rückmeldung bekommen hätte. Deshalb würde er es nun über mich versuchen. Etwas überrumpelt und ohne weiterzulesen, steckte ich den Brief wieder in den Umschlag und sah Dennis stumm an. „Ich dachte, du solltest den selbst lesen. Ich kann ja schlecht entscheiden, ob Lena davon erfährt", erklärte mein Manager. „Ja... ich... Mal schauen... vielleicht... ich werde mal Bella fragen, wieso er nie Rückmeldung bekommt. Vielleicht gibt's da ja einen Hintergrund", überlegte ich laut. „Tu das. Wenn nochmal ein Brief kommt, leite ich ihn dir weiter", gab er zurück. Damit war unser Treffen beendet. Völlig überfordert mit der Situation lief ich mit leerem Blick zu meiner Wohnung. Lena war heute in Hamburg und ich musste morgen los nach Frankfurt. Wenn, dann wollte ich persönlich mit ihr sprechen. Aber ich fühlte mich überhaupt nicht wohl dabei, darüber zu entscheiden, ob ihr Vater jetzt irgendwie Kontakt zu ihr bekäme. Sie hatte mir mal erzählt, dass er bis zu ihrem fünfzehnten Geburtstag noch an Weihnachten und Geburtstagen Karten geschickt hatte. Dann kam einfach gar nichts mehr und es hatte sie sehr verletzt. Oft nannte sie ihn nicht mal mehr Vater sondern nur noch ihren ‚Erzeuger'. Nur in Interviews und wenn sie von schönen Geschichten sprach, die ihre Mutter ihr erzählt hatte, ‚ihr Vater' und viele gab es davon nicht. Schließlich beschloss ich morgen Bella anzurufen. Vielleicht gab es ja einen Grund, dass er nie Rückmeldung von Lena bekommen hatte, wenn er versucht hatte sich zu melden. Erstmal wollte ich aber eine Nacht darüber schlafen.

Was würdet ihr jetzt an Marks Stelle tun? Er hat die Entscheidung, ob Lena von dem Brief ihres Vaters erfährt...

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