31

605 39 26
                                    


•Marks Sicht•

Anscheinend hatte ich Lena tief verletzt mit dem, was ich getan hatte. Dass diese dumme Telefon Challenge schuld daran war, war schon schlimm genug und jetzt schien es so, als müsste ich ihr die Wahrheit sagen. Nicht nur über das Telefonat. Auch über meine Gefühle zu ihr. Sie musste die Wahrheit erfahren, wenn ich ihr glaubhaft machen wollte, dass ich niemals die Absicht hatte ihr wehzutun. Es war jetzt fast elf aber ich kam nicht zur Ruhe. Das Telefonat war einen Tag her und Lena ignorierte mich. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als jetzt zu ihr zu fahren. Das musste ein Ende haben. Dieses hin und her. Das zwischen den Stühlen stehen.

In ihrer Wohnung brannte noch Licht, weshalb ich kein schlechtes Gewissen haben müsste, sie zu wecken. Langsam stieg ich aus dem Auto und ging zur Tür. Bevor ich klingelte atmete ich tief durch. Ich musste ruhig bleiben, durfte nichts unüberlegtes sagen. Über meiner Schulter hing mein Gitarrenkoffer, den ich noch eingepackt hatte. Sie wollte ja noch Sattelite von mir hören, vielleicht könnte ich mich damit ein bisschen entschuldigen, wenn wir gesprochen hatten.

„Wer ist da?", fragte sie durch die Gegensprechanlage. „Mark", murmelte ich mit zittriger Stimme. „Was willst du?", fragte sie verletzt. Es tat weh den Schmerz in ihrer Stimme zu hören. „Dir die Wahrheit sagen, mich entschuldigen...", sagte ich ehrlich. Nach einigen Sekunden der Stille summte schließlich doch die Tür und ich konnte ins Treppenhaus eintreten. An ihrer Tür sah sie mich aus müden und traurigen Augen an. Am liebsten hätte ich sie sofort fest in meine Arme gezogen und ihr hundert mal gesagt, dass es mit leid tut. Allerdings wusste ich, dass sie das nicht zulassen würde. „Lässt du mich wenigstens rein", fragte ich leise. Es gab einiges gerade zu biegen. Zögerlich ließ sie mich rein. Schnell lief sie vor ins Wohnzimmer und als ich hinterherkam, sah ich noch, wie sie Schokolade und ein paar andere Sachen aufräumte.

„Also bevor ich jetzt versuche mich irgendwie zu entschuldigen, musst du erstmal wissen, dass dieses Telefonat vorgestern für Klaas' Fernsehshow war und das, was ich gesagt habe, nie passiert ist", begann ich, als sie wieder ins Wohnzimmer kam und sich ans Fenster stallte, von wo aus sie mich herausfordernd ansah. Ich sah, wie sie langsam verstand, was ich gesagt hatte. „Und da hättest du nichts anderes sagen können?", fragte sie dennoch verletzt. Ich verstand, dank Steff, was sie meinte. Sie dachte, ich würde mit ihr spielen, nicht wissen, was ich will. „Doch. Und es tut mir leid, dass ich es nicht getan habe. Ich habe gestern erst verstanden, was ich damit angerichtet habe", erkläre ich. Es fiel mir überraschend leicht, das alles auszusprechen. Vielleicht weil ich wollte, dass sie endlich lächelte. Sie blieb still, sah mich nur erwartungsvoll an. Ich seufzte und wusste nicht, womit ich weitermachen sollte, wäre jetzt also der Moment?

„Ich... also: In Schweden hab ich was rausgefunden", begann ich. Sie wartete weiter ab, schien aber langsam neugierig, wenn auch angespannt. Ich spürte meine Hände zittern und ich begann zu schwitzen. „Ich weiß jetzt, dass ich mich in dich verliebt habe", brachte ich endlich raus. Ihre Augen wurden kurz groß ehe sie den Blick abwandte.

Ich höre sie aufschluchzen und war komplett verwirrt. „Hör doch einfach auf mit mir zu spielen!", schrie sie plötzlich laut und kam auf mich zu. Was war denn jetzt mit ihr? Das war die Wahrheit! „Aber...", begann ich, stoppte aber als sie sich direkt vor mich stellte. Verletzt sah sie mir in die Augen. „Was willst du von mir?", fragte sie klar. Das hatte ich doch grade gesagt! Was wollte sie denn noch hören? Ich wollte viel mehr langsam wissen, was sie fühlte. „Ich habe dich nicht angelogen, als ich das grade gesagt habe", versuchte ich ruhig zu bleiben. „Und warum erst jetzt? Wenn es wahr ist, warum hast du immer geschwiegen, wenn wir uns geküsst haben?", wollte sie wissen. „Das selbe kann ich dich aber auch fragen", gab ich möglichst ruhig zurück. „Ich wollte wissen wie ernst es dir ist. Wenn es dir wichtig ist, machst du nämlich von alleine den Mund auf", meinte sie. Ich wusste nicht, was grade in ihr vorging. In ihren Augen sah ich alle möglichen Gefühle. „Das habe ich doch jetzt. Was willst du denn noch hören? Ja! Ja, ich hab mich in dich verliebt und langsam will ich irgendeine klare Reaktion von dir", brach es dann doch aus mir raus, als ihr Blick wieder trotzig und fordernd wurde.

Sie wandte sich wieder ab. „Also, ich soll was sagen aber du fängst an mir auszuweichen. Normalerweise machen wir das andersrum", sagte ich, als ich mich wieder etwas beruhigt hatte. Ich wollte sie nicht so angehen. „Man, ich... ich hab mich auch verliebt. Und... und...", sie brach ab und kam wieder zu mir. Diesmal schneller. Bevor ich reagieren konnte scheuerte sie mir eine und umarmte mich im nächsten Moment. Was zum Teufel sollte das jetzt?

Egal, ich hielt sie einfach fest, sog ihren Duft auf und hoffte, dass dieser scheiß Streit vorbei war. Sie begann leise zu weinen und ich hielt sie nur noch etwas fester. Auch wenn ich nicht wusste, warum genau sie weinte und was sie fühlte gab ich ihr einen sanften Kuss auf den Scheitel. „Es wird alles gut", flüsterte ich und strich weiter beruhigend über ihren bebenden Rücken.

„Es tut mir leid", sagten wir gleichzeitig, als wir uns etwas lösten und kicherten daraufhin leise. „Ich hätte früher mit dir sprechen müssen und ich hätte das vorgestern nicht sagen dürfen. Mir hätte das Spiel egal sein sollen", gab ich also zu. „Ich hätte ja auch was sagen können", murmelte sie. Ich atmete tief durch. Es war raus. Und es war nicht alles vorbei. Wir standen immer noch recht dicht beieinander und hatten endlich aufgehört so zu tun als wäre nichts.

„Bleibst du?", fragte sie irgendwann leise, als wir uns einige Minuten nur angesehen hatten. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Wie sehr hatte ich mir das gewünscht. Und wir beide wussten auch, dass diese Frage so viel mehr meinte als nur diese Nacht. „Ja", hauchte ich also und nickte bevor sich endlich unsere Lippen trafen zu einem Kuss, der endlich nicht mehr totgeschwiegen werden würde, der endlich echt wurde.

Und es tat so unfassbar gut das zu wissen. Zu spüren, dass zwischen uns wohl Liebe war, auch wenn wir noch nicht wussten, was morgen wäre oder übermorgen. Es reichte zu wissen, was jetzt war. Und jetzt war ein Kuss. Ein Kuss voller Liebe, Ehrlichkeit, Vertrauen und auch Erleichterung.

Wahrscheinlich merkt man, dass hier eigentlich das Ende war... aber ich hab weitergeschrieben, weil ich irgendwie Lust dazu hatte. Also hoffe ich, dass ihr auch weiterlesen wollt, denn es gibt schon einige Ideen in meinem Kopf. Außerdem würde mich interessieren, ob ihr dachtet, dass das jetzt doch so schnell geht.

Der Weg des LebensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt