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•Marks Sicht•

Es war draußen grade so hell, als ich aufwachte. Leise, um Holly nicht zu wecken, stand ich auf. Ich zog mich leise an und packte dann meine Sachen. Oben in meiner Tasche lagen Essen und Trinken. Draußen stellte ich meinen Rucksack nochmal ab und ging aufs Plumpsklo. Daran würde ich mich wohl gewöhnen müssen. Bevor ich endgültig los wollte, nahm ich nochmal das Gästebuch in die Hand und schrieb meinen Eintrag: »Hi, anyone! So I'll start my journey now! The first night here was a little cold but okay. I'm exited to meet new people, find answers and find back myself. Best wishes for your journey, Mark from Germany« Sonderlich gut darin, sowas zu schreiben war ich nicht. Dennoch machte ich ein Foto davon, um später vielleicht an meinen Einträgen eine Art Wandlung anschauen zu können. Ich legte das Buch zurück und nahm draußen zwei Brote aus meiner Tasche, die ich aufaß bevor ich mich auf den Weg machte.

Der erste Wandertag. Es ging los mitten in den Wald. Ein kleiner Trampelpfad war zu erkennen und Markierungen an Bäumen und Felsen sollten den Weg weisen. Das würde farbenblind wahrscheinlich eine Herausforderung werden aber dafür war ich ja hier. Als die Sonne langsam höher stieg führte der Weg mich aus dem dichten Wald auf einen Forstweg. Forsterweg, haha! Okay ich hatte mir den Kopf vielleicht etwas zu frei gelaufen, wenn dieser Spruch mir in den Kopf kam.

Bis jetzt hatte ich noch niemanden sonst gesehen heute außer Holly, die noch völlig ruhig geschlafen hatte. Tatsächlich war auch das mal ein schönes Gefühl. Auf diesem Weg wäre ich sogar mit Finja Hand in Hand gelaufen. Auch wenn er in Deutschland gewesen wäre. Hier war weit und breit niemand sonst. Immer wieder hatten wir solche Gedanken gehabt und schlussendlich darüber gestritten, wieso wir es nicht einfach öffentlich zeigen sollten, dass ich sie liebte. Wobei so wirklich gestritten hatten wir uns nicht. Sie hatte mir sogar vorgeworfen, ich könne nicht mal richtig mit ihr streiten. Ich wusste eben nicht, wieso ich mich nicht traute sie öffentlich zu lieben. Wir waren seit knapp 6 Jahren ein Paar gewesen und sie hatte begonnen von Hochzeit und Kindern zu sprechen. Obwohl ich das alles auch wollte, mit ihr, hatte mich der Gedanke verunsichert. Was wenn wir geheiratet hätten und es nicht gehalten hätte? Was wenn ich für ein Kind gar nicht genug da sein konnte? Ich war für sie schon so selten da. Irgendwie hatte ich immer schlucken müssen beim Gedanken an Heirat und Familie. Ein Unwohlsein war in mir aufgestiegen aber ich hatte ihr nie etwas gesagt. Ich wollte sie nicht verletzen und ihre größten Träume zerstören.

Vielleicht hätte ich mit ihr reden sollen. Irgendwann hatte sie sich getrennt. Ich wäre zu selten da gewesen und ich hätte nicht zu ihr gestanden in der Öffentlichkeit. Und sie hatte Recht mit dem was sie gesagt hatte. Ich hatte nicht den Mut und das Vertrauen in mich und vielleicht auch in sie, dass wir das schaffen würden. Die Augen der Presse auf uns, bald einen Bund für immer und dann noch ein Baby. Das war in dem Moment alles zu viel für mich und wir sind ohne Streit auseinander gegangen. Zwar hatten wir nie wieder gesprochen aber wahrscheinlich war es besser so. Wir standen beide bei Null. Nicht der Hauch einer privaten Zukunftsplanung war mehr zu sehen. Es war befreiend auch wenn es traurig war.

Genauso wusste ich aber, dass es gefährlich für mich war. Ich brauchte privaten Rückhalt, um in der öffentlichen Welt sicher zu sein. Um zu wissen, dass mich jemand auffangen würde, falls ich falle. Jetzt war da niemand mehr. Also... meine Familie war immer für mich da aber das ist etwas anderes, als das, was ein Partner einem geben konnte. Und jetzt jemanden zu finden, der mich liebt und der für mich da ist, genauso, wie ich für ihn, oder besser gesagt sie, war nicht einfach. Ich war nicht mehr irgendwer, der als Hobby gerne Lieder schrieb. Ich war Musiker. Ich verdiente ziemlich gut Geld damit und man kannte mich fast überall in Deutschland. Ich konnte mir nie sicher sein, ob es jemand ernst meint mit mir. Dabei fiel es mir ohnehin schon schwer zu vertrauen und mich emotional fallen zu lassen. Einfach ehrlich zu jemandem zu sein, ohne über meine Worte nachzudenken.

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