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•Marks Sicht•

Wir zogen also alle unsere Schlafsachen an und machten uns bett- und somit reisefertig, ehe jeder in seine ‚Kajüte' kroch und es still im Bus wurde bis auf den Motor. Der ging grade erst an und unsere Fahrt nach Stuttgart ging los. Wenn wir morgen früh aufwachen würden, stünden wir schon einige Zeit auf dem Parkplatz vor der Halle. Ich zog seufzend die Tür zu dem Abteil zu, in dem Lena und ich schlafen würden. „Alles gut?", fragte sie, da ich wohl ein bisschen wehmütig geklungen hatte. „Jaja", gab ich nur zurück. Irgendwie war ich grade melancholisch. „Sicher? Du klingst bedrückt", hakte sie vorsichtig nach. „Lass uns die Vorhänge zuziehen und hinlegen", lenkte ich ab und so taten wir das auch. „Du sprichst mit mir, wenn was nicht stimmt, ja?", wollte sie sichergehen. „Versprochen. Ich bin nur grad irgendwie melancholisch. Ich glaub das hat keinen Grund", erklärte ich ehrlich. Sofort sah sie mich verständnisvoll an und gab mir einen kleinen Kuss. „Hat man mal. Ich kann dann immer gut schreiben, wenn ich so moodie bin", erklärte sie. Ich schmunzelte. Das Wort „moodie" kannte ich eigentlich nur von Lena aber ich wusste irgendwie genau, was sie meinte. „Ich mag jetzt nicht am Handy tippen oder so, wenn du dann allein daneben liegst", gab ich zu. Sie seufzte kopfschüttelnd und begann mit unseren Kissen und meiner Decke eine Ecke der Bettes auszupolstern, dann forderte sie mich wortlos auf, darin Platz zu nehmen, ehe sie sich an mich lehnte, die andere Decke über uns zog und mir mein Handy in die Hand drückte. „So, jetzt bin ich nicht ‚allein', was ich sonst übrigens auch nicht gewesen wäre, und du kannst schreiben", bestimmte sie. Ich legte einen dankbaren Kuss auf ihren Scheitel und lehnte mich erstmal zurück. Ein paar Minuten brauchte ich, um in meine Gedankenwelt zu versinken, dann ging ich in die Notizen meines Handys und begann ein bisschen was aufzuschreiben. Eigentlich fiel es mir leichter auf Papier oder wenigstens am Laptop zu schreiben und ich notierte nur kleine Einfälle auf dem Handy aber wenn es nun mal grade nicht anders ging, sollte es schon funktionieren. Ab und zu summte ich leise Melodien vor mich hin, die ich noch von den letzten Studiotagen im Kopf hatte. Irgendwie war in meinem Kopf so eine 80er Soundwelt entstanden, die definitiv umgesetzt werden sollte. Und mit Lena in meinem Arm hatte ich auch direkt neue Ideen.

„Guck, wie weit wir's schon geschafft ha'm
Doch ich glaub', ist nur der Anfang
Keine Träne ist hier umsonst
Ich wein' vor Glück wegen dem, was kommt", war nach einigen Minuten entstanden. Bis jetzt war ich zufrieden. Ich lag hier mit Lena, hatte nie gedacht, dass das passieren würde, nach unseren Startschwierigkeiten. Ich hatte es eigentlich schon vermasselt aber sie hatte mir verziehen. Abgesehen davon, dass ich vor meiner Wanderung durch Schwenden niemals geglaubt hätte, dass das hier überhaupt passieren könnte. Aber wir hatten uns immer wieder gegenseitig aufgefangen und ich hatte es sogar dazu gebracht ihr eine richtige kleine Liebeserklärung mit ‚Sattelite' zu machen an Weihnachten. Wir funktionierten als Paar und trotzdem konnten wir noch füreinander da sein, wie zuvor als beste Freunde.

„Wenn du auch denkst, dass du's nicht mehr schaffst
Trag' ich uns zwei, nehm' dich huckepack
Wir müssen mit uns reden wie Dickschädel
Und wenn ich falle, wirst du mich heben"

„Kneif mich mal", murmelte ich beim Gedanken daran, wie unwirklich das alles war. Etwas verwundert und müde öffnete sie die Augen und sah mich an. „Schon gut, mach die Augen zu, ich mach nicht mehr lange", sagte ich nur leise und gab ihr nochmal einen Kuss, ehe sie sich wieder entspannt anlehnte.

„Hab' mir verboten zu glauben, dass es dich gibt
Doch jetzt kneif' ich meinen Arm, in dem du grad liegst", war noch das letzte was ich schrieb bevor ich einfach zu müde war. Meine Augen brannten von der Helligkeit des Bildschirms und es war auch schon dunkel draußen.

Der Bus wackelte zum Glück nicht allzu sehr, da wir bereits auf der Autobahn waren und es so gut wie nur gradeaus ging. Auf solchen Strecken war das Geräusch des Motors wahnsinnig entspannend geworden mit der Zeit. Lena schien das ähnlich zu sehen, da sie bereits eingeschlafen war. Vorsichtig legte ich sie richtig hin und schob ein Kissen unter ihren Kopf, ehe auch ich runterrutschte, leise meine Decke und mein Kissen sortierte und sie in meine Arme zog. Der Song würde nicht weglaufen. Ein Chorus fehlte noch. Er musste irgendwie in diesen 80er Flair passen aber da hatte ich noch nicht so richtig eine Idee. Vielleicht morgen. Jetzt fielen mir nur noch die Augen zu und ich fiel in einen entspannten Schlaf.

Ist wohl doch ruhig geblieben die Nacht im Bus...😉

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