Kapitel 19.11

1.6K 95 1
                                    

Kapitel 19.11

„Guten Morgen", erwiderte Nanami und ließ sich dankbar nieder. Groß war ihr Hunger nicht, aber sie brauchte Nahrung.

„Gut geschlafen?", wollte Eric wissen und nickte dem Diener zu, Nanami heiße Schokolade einzuschenken. Diese verströmte einen angenehmen Geruch und sah verlockend mit der Sahne aus.

„Gar nicht", sagte sie und nahm dankbar einen Schluck. Die Wärme und Süße tat ihr sehr gut.

„Victor?", fragte er nach und schien selbst eine heiße Schokolade zu trinken.

„Ja." Nanami nickte. Sie wusste nicht wie weit sie darauf eingehen sollte. Eigentlich wollte sie nichts erzählen, denn was hinter verschlossenen Türen geschah, sollte ihrer Meinung nach auch dort bleiben.

Eric gähnte und fuhr sich dann über das langsam grau werdende Haar. „Dann verschieben wir den Stadtbesuch?"

„Victor hat angeboten mit mir zu gehen", erklärte sie mit einem sanften Lächeln. „Ich wollte kurz zu Kaze, ihn um das Schlaftrankrezept bitten und mich dann ausruhen, bis er soweit ist", informierte sie. „Ich bin sicher Ihr hat viel zu tun. Ihr seht auch sehr müde aus."

„In Ordnung", sagte Eric. „Du wirst etwas unterschreiben müssen, damit die Kosten hier abgerechnet werden", informierte er sie, weil das hier wohl normal war. „Nein, ich habe heute nicht viel zu tun. Deshalb wollte ich in die Stadt."

Nanami nickte. Sie hatte kein eigenes Geld und war so gesehen sowieso von den beiden Männern abhängig. Kein sonderlich angenehmes Gefühl, aber so war es halt. Damit musste sie zurechtkommen. „Er hat auch zugestimmt mir das Schlittschuhlaufen beizubringen", sagte sie lächelnd. „Allerdings meinte er auch, dass er ... sehr streng ist", sagte sie, konnte sich aber nicht mehr an den genauen Wortlaut erinnern.

„Gut. Dann wirst du es sicherlich bald beherrschen", bemerkte Eric, der sich mehrere kleine Brötchen nahm und sie mit unterschiedlichen Dingen belegte, bevor er sie genüsslich kaute.

„Ich hoffe, dass er nicht all zu hart sein wird", gestand sie und erinnerte sich an die Erinnerungen an ihre Kindheit. Das würde sie nicht noch einmal ertragen.

Eric zuckte mit den Schultern. „Kann ich nicht sagen. Er bringt anderen normalerweise nichts bei."

„Verstehe", sagte sie nachdenklich und nahm sich ein bisschen Ei.

„Für was brauchst du das Schlaftrankrezept?", erkundigte sich der König nachdem er hinuntergeschluckt hatte.

„Für mich. Ich möchte nicht ständig zu Kaze gehen, wenn ich schlafen möchte", erklärte sie mit einem schiefen Lächeln. „Ich werde ihn wohl in nächster Zeit häufiger brauchen. Zumindest, wenn die Erinnerungen zurückkehren."

Nachdenklich rieb Eric sich das Kinn und wischte sich dann den Mund ab. „Ich verstehe. Aus deiner Kindheit?"

Nanami nickte. „Ja. Aber auch Gefühle, die ich noch nicht einordnen kann", gestand sie seufzend. „Das liegt mir so schwer im Magen, dass ich auch kaum Hunger habe."

„Das tut mir sehr leid. Ich wünschte, ich könnte etwas für dich tun. Vielleicht ist der Trank dann das Beste, um dir ein bisschen Ruhe zu verschaffen", stimmte er zu.

„Ja, ich denke auch", seufzte sie und fuhr sich durch die Haare. Da diese offen waren, war es in Ordnung und sie zerstörte die Frisur nicht. „Es könnte durchaus sein, das ich in der Nacht nicht dazu komme." Sollte Victor entscheiden, dass sie ihn noch einmal in der Nacht in den Schlaf streicheln sollte. Was sie ohne zu murren tun würde.

„Wirklich?", fragte Eric stirnrunzelnd. „Was tust du denn in der Nacht?"

„Ich war bei Victor und habe dafür gesorgt, dass er schlafen kann", sagte sie, ging aber nicht näher darauf ein.

Der König schien auch nicht mehr wissen zu wollen, denn er winkte ab. „Das erklärt vieles. Übernimm dich nur bitte nicht. Dein Schlaf ist auch sehr wichtig", meinte er lächelnd und wirkte zufrieden.

„Ich finde schon Zeit, um zu schlafen", versicherte Nanami. Ihr wäre es lieber, wenn Victor etwas weniger machen würde.

„Gut. Kaze sollte im Heilerflügel sein. So viel ich weiß, wird er dort auf Victor warten, bis er mit dem Training fertig ist", erklärte der König, belegte sich erneut ein Brötchen und kaute genüsslich darauf herum.

Nanami aß das Ei, das sie mit ein bisschen Marmelade bestrich. „Dann würde ich mich gleich zu ihm begeben", meinte Nanami, nachdem sie dieses gegessen hatte. Trotzdem wartete sie noch auf seine Entlassung.

„Mach das. Und richte ihm bitte aus, er soll spätnachmittags zu mir kommen", sagte Eric noch.

„Seid Ihr krank?", fragte Nanami besorgt, weil sie sich Sorgen um den König machte. Er wirkte sehr müde.

„Einfach müde. Er untersucht mich wöchentlich", winkte Eric ab. „Einfach, um es protokolliert zu haben."

„Verstehe." Das beruhigte Nanami nur mäßig. „Ich werde es ihm ausrichten."

„Danke." Damit war sie entlassen.

Nanami erhob sich, knickte und verließ dann den Speisesaal, um wenig später an Kazes Tür zu klopfen und einzutreten.

„Guten Morgen", lächelte der Heiler, der scheinbar gerade Inventur machte. „Wie kann ich Euch helfen?"

„König Eric hat mich gebeten, dass Ihr heute Nachmittag zu ihm kommt. Er sagte Routineuntersuchung", sagte sie zuerst, um es nicht zu vergessen. „Ich wollte nach dem Rezept für den Schlaftrank fragen. Ich kann in letzter Zeit sehr schlecht einschlafen."

Bei beiden Dingen nickte Kaze und er zog ein Buch heran. „Seite zweihundertvier. Dort ist das Rezept aufgeschrieben."

„Danke schön", lächelte Nanami. „Eric meinte, dass Victor vielleicht nach dem Training vorbeikommt. Wie lange braucht er normalerweise? Er wollte heute mit mir in die Stadt, ich wollte vorher gern nochmal schlafen."

Kaze sah nach draußen. „Sein Training sollte kurz vor Mittag zu Ende sein. Wenn er pünktlich war und Nanto nicht wieder irgendetwas auszusetzen hat", erklärte er. „Ihr könnt gerne hier schlafen. Dann bekommt Ihr mit, wann Victor kommt."

Nanami zögerte, nickte dann jedoch. Das war sicherlich keine gute Idee. „Dann kann ich schon einmal üben", meinte sie und deutete auf das Buch. Ob er ihr das Rezept vielleicht beibringen würde?

Kaze nickte und stand auf, um die Kräuter zusammenzusuchen. Dabei erklärte er Nanami, welche benötigt wurden und die Menge. „Es ist wichtig, dass die Mengen eingehalten werden. Ansonsten kann es ganz schnell schiefgehen", sagte er und übergab ihr die Kräuter.

„Kann man es auch etwas leichter machen, damit man nicht zu lange schläft?", wollte sie wissen. „Oder kann ich es verdünnen? Nicht, dass ich mehrere Stunden komplett weg bin."

„Ihr müsst von dem Kiria-Kraut weniger nehmen. Das ist für langes schlafen gedacht", erklärte er und zeigte auf ein violettes Kraut. „Und von Murumuru-Kraut ebenfalls. Das ist für die Tiefe des Schlafes verantwortlich." Er zeigte ihr ein braunes, vertrocknet aussehendes Stöckchen. „Diese müsst Ihr mit dem Mörser verkleinern."

Nanami nickte und machte genau das. Dabei merkte sie, dass bereits der Geruch sie müde machte. Oder es war die Erschöpfung.

Mit Kazes Anweisung machte sie den Trank, wie sie ihn wohl auch wollte. „Dieser wird dafür sorgen, dass Ihr schlafen könnt, aber Ihr werdet leichter wach."

Nanami nickte. „Das ist gut", sagte sie und wollte schon jetzt einen Schluck nehmen. Immerhin wollte sie etwas schlafen bis Victor kam. Sie brauchte die Ruhe, sonst würde ihr Körper nachgeben.

„Legt Euch ins Bett. Ich bin hier, weil ich Inventur mache. Daher wird der Prinz hierher kommen", sagte Kaze sanft und zeigte auf das Bett, das für die Kranken bereit stand.

„Danke", sagte sie mit einem Lächeln und nahm einen Schluck, bevor sie sich in das Bett legte. Dort nahm sie noch einen Schluck, bevor sie die Tasse auf den kleinen Tisch stellte und sich zudeckte.

Die Ruhe hier tat gut. Nur das gelegentliche herumkramen oder Schreiben des Heilers war zu hören.

Dennoch schlief Nanami sehr schnell ein. Ihr Körper brauchte die Ruhe. Sie war so erschöpft, dass nicht einmal die Schemen da waren.

MagierkriegeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt