Kapitel 28.8

1.2K 89 9
                                    

Kapitel 28.8

Dabei legte sie sich noch immer die Worte zurecht, auch wenn es ihr schwerfiel. Sie würde die Sache etwas anders angehen, als sie es ursprünglich geplant hatte.

Er öffnete ihr die Tür zu ihrem Schlafzimmer und lehnte sich dann an die Wand. Mit verschränkten Armen sah er sie auffordernd an. "Was gibt es?"

Sie trat ein und wandte sich dann unruhig zu ihm. "Mir ist auf der Reise etwas aufgefallen, von dem ich glaube, dass Ihr es vielleicht wissen solltet", sagte sie mit leiser Stimme und wandte sich dann ab, um an das Fenster zu gehen. "Seitdem ich so krank war, warte ich darauf, dass meine Gabe wieder zurückkehrt. So, wie sie eigentlich sein sollte. Kurz bevor wir auf die Reise aufgebrochen sind, war sie dabei gewesen, sich zu erholen und sie hätte eigentlich schon während der Reise wieder völlig normal funktionieren sollen. Das tut sie aber nicht", gestand Nanami, blickte ihn dabei aber nicht an.

"Was für eine Gabe?", fragte er sachlich nach und ließ sich nicht anmerken, was er dachte. "Dass du mich nervst?" Scheinbar wollte er die Situation ein wenig entschärfen

Nanami lächelte schief. Sein Versuch sie aufzumuntern war sehr lieb, brachte nur leider nichts. "Nein, nicht diese Gabe", sagte sie ausweichend. "Ich sehe normalerweise die Dinge anders. Die Verletzungen und die Menschen", sagte sie, um das Ganze zu umschreiben.

"Nanami, rede nicht um den heißen Brei herum, sondern sprich Klartext", forderte er auf.

Das hatte sie befürchtet. Wenn sie es ihm direkt erzählte, dann würde er es nicht verstehen. Sie seufzte. "Ich höre normalerweise Stimmen sehr weit. Weis deshalb, was um mich herum geschieht", sagte sie und wollte nicht sagen, dass die Stimmen von Geistern kamen. Es war jedoch auch nicht gelogen. "Aber da ich sie nicht höre, bin ich sehr unruhig, weil ich nicht unterscheiden kann, welche Geräusche gefährlich sind."

"Was für Geräusche nimmst du wahr? Nur menschliche? Oder auch von Tieren?", fragte er und wirkte nachdenklich, während er sich über seinen Stoppelbart fuhr.

"Menschliche", sagte Nanami. "Du kannst es dir in etwa so vorstellen: Sobald um mich herum etwas geschieht, dass nicht normal ist und mir gefährlich werden könnte, werde ich eigentlich gewarnt. Entweder, weil man mir die Worte, die gesprochen wurde, direkt mitteilt oder weil man mich anderweitig warnt."

"Verstehe", sagte Victor und er legte den Kopf schief. "Daher deine Unruhe?"

"Ja", stimmte sie zu. "Aber ich habe auch Angst, dass irgendwas anderes mit mir nicht stimmt. Es könnte seelische Ursachen haben, wie der Stress der Reise, aber genau so gut körperliche", versuchte sie, irgendwie begreiflich zu machen. Sie hatte das Gefühl für ihren eigenen Körper fast komplett verloren. Es war ihr kaum möglich zu sagen, ob damit alles in Ordnung war oder nicht.

"Und wie war das mit deiner Gabe davor?", hakte er nach.

Nanami wandte sich ihm überrascht zu. "Davor? Wovor?", fragte sie, weil sie nicht genau wusste, was er meinte.

"Vor deiner Krankheit", konkretisierte er. "Hast du dich wohler gefühlt und dich deshalb vor mich geworden, als ich angegriffen worden bin?"

"Ich habe mich wohler gefühlt, ja", stimmte sie zu. "Sicherer und kräftiger. Aber das hatte nichts damit zu tun, dass ich mich vor Euch geworfen habe. Das würde ich auch jetzt noch tun."

"Dummes Mädchen", meinte er kopfschüttelnd und seufzte. "Was willst du mir damit genau sagen? Also dass du deine Gabe immer noch nicht zurück hast?"

Nanami nickte. "Meine Gabe ist irgendwie da und irgendwie auch nicht", sagte sie. "Ich spüre, dass sie beginnt sich zu regenerieren, doch sie bleibt irgendwann einfach hängen. Ich höre die Stimmen nur ganz leise oder gar nicht."

MagierkriegeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt