Kapitel 30

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Kapitel 30

Mit gemischten Gefühlen erkannte Victor das Gebiet, das er eigentlich hatte vermeiden wollen. Die Grenze zu den Heilmagiern rückte immer näher und seit geraumer Zeit waren sie immer wieder Kriegern begegnet. Viele, die verletzt waren, aber auch diejenigen, die halfen.

Victor hatte entschieden, die gesamte Reise erst einmal ruhen zu lassen, da es Nanami immer schlechter ging. Nichts aus Kazes Kräutersammlung hatte ihr geholfen, weshalb er den letzten, wohl unvermeidbaren Weg ging: Sie zu den Heilmagiern bringen und hoffen, dass sie ihr helfen konnten.

Die Kutsche schaukelte unbequem, während Victor Nanami auf dem Schoß festhielt und sie weiterbrachte.

Die junge Frau schlief. Ihr Atem ging schwer und sie war sehr warm. Es war von einem Tag auf den anderen so schlimm geworden, dass sie nicht einmal mehr erwachte.

Anfangs hatte er gehofft, dass es nur ein kurzer Schwächeanfall wäre und sie wieder zu sich kam, doch dem war leider nicht so.

Es herrschte gerade eine Art Waffenruhe, damit beide Seiten ihre Verwundeten versorgen konnten. Das würde ihnen hoffentlich zu gute kommen. Zudem hoffte Victor, dass sie nicht angriffen, sobald sie Nanami erkannten.

Sobald die Grenze sichtbar wurde, bat Victor den Kutscher, stehen zu bleiben. Es war besser, wenn er allein mit Nanami gehen würde. Vielleicht gab es höhere Chancen, dass sie halfen, als wenn noch zusätzlich Wachen mit dabei waren.

Er stieg mit Nanami im Arm aus und nickte den Leuten mit der Bitte, hier auf sie zu warten, zu.

Das schien sie für einen Moment zu verwirren, doch sie nickten und hörten auf ihn. Etwas anderes hatte er auch nicht erwartet.

Langsam setzte er sich mit Nanami in Bewegung und konnte schon von weiten die Frauen ausmachen, die auf Pferden die Grenzen abritten. Sie kontrollierten die Grenzen zu jeder Zeit, damit sich niemand einschleichen konnte.

Es war ein vertrautes Bild, das Wut in ihm auslöste. Die Erinnerungen vor langer Zeit suchten ihn heim und er knirschte mit den Zähnen, je näher er den Frauen kam. Es gab nur diese eine Chance, die er nutzen würde. Ob ihm geholfen wurde, glaubte er nicht, aber er wollte es Nanami zuliebe tun.

Sein Körper weigerte sich mit jedem Schritt, weiterzugehen, doch er schluckte und ging weiter voran. Frauen im Krieg ... wie lächerlich das war. Sie sollten seiner Meinung nach zuhause bleiben.

Victor blieb stehen, als eine Frau den Bogen spannte und direkt auf ihn zielte. "Stehen bleiben", befahl sie harsch. "Was willst du hier?", fragte sie. Dass sie nach dem Grund verlangte, warum er hier war, war ihm klar. Er betrat immerhin ihr Territorium. Es war ein Wunder, dass sie noch nicht geschossen hatte.

„Ich komme wegen Nanami", sagte Victor kühl und beherrscht. In seinen Fingern juckte es, die Frau mit seinen Fähigkeiten niederzustrecken, doch es war nicht das, warum er jetzt hier war. „Eure Prinzessin kämpft um ihr Leben und ich brauche eure Hilfe, damit sie überlebt."

Die Frau wirkte skeptisch und blieb wo sie war. Dafür kam eine andere näher. Sie stieg sogar von ihrem Pferd, um die Situation näher zu betrachten. Schließlich murmelte sie etwas, was Victor nicht verstehen konnte und lief zurück zu ihre Pferd, wo sie schnell und elegant aufstieg. Dann sprach sie kurz mit der anderen Frau.

Die Frau mit den Bogen senkte diesen und steckte ihn weg. Nun stieg auch sie ab und kam auf die Beiden zu, während die andere weg ritt. "Folgt mir", sagte sie lediglich kühl.

Fast schon wie ein Lamm folgte Victor ihr und verwünschte sich in Gedanken. Er fühlte sich hier genauso unwohl wie Nanami sich wohl bei den Kriegsmagiern gefühlt hatte. Jeder Schritt kostete ihn Überwindung und Stärke, sich zurückzuhalten, denn endlich war er hier, wo er eigentlich sein und morden wollte. Jetzt könnte er seine Rache ganz einfach ausleben und doch war die bewusstlose Prinzessin der Grund, warum er es nicht tat.

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