Kapitel 4.6

2.3K 159 13
                                    

Kapitel 4.6

Über die seltsame Heilung war der Prinz sichtbar überrascht und schien sich mit verengten Augen umzusehen. Er wusste wohl, dass er selbst nicht so heilen konnte und dass jemand am Werk gewesen war.

Dann wandte er sich wieder an den Jungen und wollte wissen, warum er dort hinuntergesprungen war. „Meine kleine Schwester wollte dem Ball hinterher und ist hineingefallen", sagte der Junge kleinlaut, war aber nicht mehr so blass wie noch vor einigen Minuten.

War sie noch dort unten? Wollte er sie retten?

„Sie ist noch dort?", fragte Victor und klang entsetzt.

Der kleine Junge nickte. „Aber sie hat sich nicht gerührt, als ich sie berührt habe", sagte er und begann erneut zu weinen.

Kurz drückte Victor ihn an sich, bevor er aufstand und den Jungen einem der Männer übergab. „Ich hole sie heraus", versprach er und sprang, ohne zu zögern in das tiefe Loch.

Nanami atmete tief durch und lief langsam auf die Gruppe zu. Das Mädchen war noch am Leben, aber nicht mehr lange, wenn niemand etwas unternahm. Ihre Verletzungen waren so schwer, dass sie es wohl nicht schaffte, wenn kein Heilmagier da war. Also würde sie ihre Hilfe anbieten oder es einfach machen. Diese Heilung würde sie aus der Ferne nicht schaffen.

Wortlos gingen die Menschen ihr aus dem Weg, starrten aber weiterhin auf das Loch, in dem Victor verschwunden war. Es schien, als würden sie Nanami nicht wirklich wahrnehmen.

Sie hörten die Stimme des Prinzen, der fluchte und plötzlich nach oben schoss. Er war, genau wie das Mädchen, völlig mit Schlamm bedeckt. Wie es aussah, war das Mädchen sogar unter dem Schlamm begraben gewesen.

Leblos hing es in seinen Armen, als er leichtfüßig auf dem festen Boden aufkam. Sofort kniete er sich hin und befreite das Kind mit Wasser von dem Schmutz, damit es atmen konnte.

Nanami erkannte, dass der Prinz hektisch und sehr besorgt war. Wohl, weil er wusste, dass die Lage ernst war. „Ich bringe sie ins Schloss", sagte er kurzerhand, da er selbst nicht so weit heilen konnte.

„Ich kann helfen", sagte sie und trat an Victor heran. Wenn sie das richtig sah, hatte das Mädchen nicht mehr genug Zeit, um den Weg ins Schloss zu überleben. Eigentlich war sie bereits an der Schwelle des Todes und sie musste schnell helfen. Würde er diskutieren, würde sie sich ihm widersetzen müssen.

Victor hob seinen Kopf und sah Nanami für einen Moment merkwürdig an. Es war nicht auszumachen, was er dachte. Ob er entsetzt, wütend oder ängstlich war.

„Dann beeil dich", befahl er mit rauer Stimme harsch, hielt das Kind aber weiterhin in den Armen. Ob es ihn an Katja erinnerte?

Obwohl es besser wäre, wenn sie am Boden lag, nahm Nanami das so hin. Sie hatten nicht viel Zeit. Ihre Hand überzog sich mit einem schimmernden Schleier aus Macht, bevor sie diese durch den Oberkörper des Mädchens gleiten ließ. Es war ein komplizierter Prozess, denn sie machte ihre Hand durchlässig, damit sie dem Patienten nicht schadete. Dann legte sie ihre Hand um das Herz des Mädchens und begann, es langsam zu massieren. Damit regte sie es an, wieder zu schlagen. Gleichzeitig ließ sie ein heilendes Netzt ihrer Macht über ihren Körper wandern. Sie heilte die Kopfwunde und richtete die gebrochenen Knochen, während ihr eigener Körper langsam noch mehr abnahm. Man kannte es durch die Kleidung lediglich an ihren Händen erkennen, die eher denen einer alten Frau ähnelten, als einer jungen Frau. Doch das war bei schwierigen Heilungen normal. Es gab sogar Heiler, die sich davon nie wieder erholten. Aber für so schwierig schätzte Nanami die Heilung nicht ein. Das Mädchen war ansonsten gesund.

Ihr japsender Atem war das erste Anzeichen, dass sie wieder zu sich kam. Dann schlug sie benommen die Augen auf. Das veranlasste Nanami dazu, ihre Hand wieder von ihrem Herz zu nehmen und zurückzuziehen.

MagierkriegeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt