Kapitel 1

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Kapitel 1

Die Fahrt zum Schloss der Kriegsmagier war sehr lang. Die ganze Nacht über waren sie gefahren, und als die Kutsche vor dem Eingangstor des Schlosses zum Stehen kam, wurde es bereits langsam hell und die Sonne schob sich bereits über den Bergkamm, in dem das Schloss lag.

Das gab der Umgebung einen goldenen Glanz und es sah eigentlich sehr hübsch aus. Zumindest wirkten die Gebäude gut gepflegt.

Nanami hatte sich widererwartend gut mit Eric unterhalten. Er war nicht so kalt und abweisend, wie es sein Sohn war. Zudem schien er sie nicht ganz so nutzlos zu finden, wie es Victor tat. Gleichzeitig war aber dennoch deutlich, dass auch er Frauen nicht viel zutraute. Das hatte das kurze Gespräch darüber gezeigt, was sie zuhause alles taten. Man hatte Eric angesehen, wie verblüfft er gewesen war, als sie gemeint hatte, dass Nanami sogar im Krieg dabei gewesen war.

Hoffentlich verstand sie sich mit Eric wenigstens besser. Er war wohl nicht unbedingt so wortkarg wie sein Sohn.

Als der Kutscher ihnen die Tür öffnete, stieg Victor einfach aus, ohne Nanami einen Blick zuzuwerfen. Auch ihren Koffer ließ er stehen.

Im Gegensatz zu seinem Vater, der ihr die Hand reichte, damit sie die Stufen nicht herunterfiel. „Ein Diener wird deine Sachen auf dein Zimmer bringen", sagte er und nickte dem Kutscher zu.

Nanami nickte ebenfalls. „Was wird von mir erwartet?", fragte sie leise. „Ich weiß, dass eure ... Regeln sich sehr von unseren unterscheiden", flüsterte sie und fühlte sich zunehmend unwohler.

„Das Übliche", erwiderte König Eric nur, ging aber nicht weiter darauf ein. Wahrscheinlich, weil sie sowieso bald wissen würde, was von ihr erwartet wurde.

Er führte sie die Treppen nach oben und übergab sie einer Dienerin. „Lilly wird deine Kammerzofe. Sie wird dich zu deinem Zimmer führen. Da der Tag erst angefangen hat, darfst du dich erst einmal erholen. Ich sehe dich beim Abendessen", sagte Eric und nickte der Schwarzhaarigen Frau mit den blauen Augen zu. Sie war nicht so jung wie Nanami, aber vielleicht so alt wie Lucy. Die weiße Haube, die nur einen Teil ihrer Haare verdeckte, war sehr hübsch, zeigte aber deutlich, was Lilly war.

Zögerlich schenkte Nanami ihr in Lächeln. Sie mochte die kurz angebundene Art des Königs nicht und wusste nicht, ob sie hier überhaupt etwas zu sagen haben würde. Doch darum würde sie sich später kümmern. Vielleicht konnte Lilly ihr helfen, um die Dinge besser zu verstehen. Wenn nicht, würde sie vielleicht zu einem anderen gehen müssen. Auch wenn sie das nicht zwingend wollte.

Ihre roséfarbenen Augen blickten sich um und sie bemerkte bereits jetzt die hellen Flecken in der Umgebung.

König Eric ließ die beiden Frauen stehen. Sobald er außer Sicht war, wandte sich Lilly an Nanami. „Kommt bitte mit. Ich führe Euch in Euer Zimmer", sagte sie mit einem Lächeln und wandte sich in die Richtung, in die sie gehen mussten. Das Treiben um sie herum schien sie gar nicht zu stören.

Nanami war es ebenfalls gewohnt und hoffte sehr, dass es sich nicht zu sehr von dem Leben unterschied, das sie kannte.

Vielleicht war das Leben an den beiden Höfen nicht so unterschiedlich. Im Gegensatz zu den Städten und Dörfern. Dort herrschten große Gegensätze.

Trotzdem schien es den Leuten gutzugehen. Auch den Frauen, die Nanami sah. Lilly führte sie durch die langen Flure, die zu Nanamis Erstaunen ziemlich freundlich wirkten.

Sie folgte Lilly durch die Gänge des Schlosses, das sich gar nicht so stark von dem unterschied, was sie kannte. Es war vielleicht in manchem Punkten etwas düsterer und männlicher, aber ansonsten sehr ähnlich.

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